Kaum Grund zur Freude

Von Peter Lange, Chefredakteur Deutschlandradio Kultur |
Vergessen wir am besten erst einmal die ganze politische Folklore, mit der die Spitzen der deutschen Parteien dieses Wahlergebnis eingeordnet haben. Dass Union und FDP darin ein Signal für die Bundestagswahl sehen, geschenkt. Und dass die SPD glauben machen will, dass es bei der Bundestagswahl ganz, ganz anders kommt, weil wohl die heute fehlende Hälfte des Wahlvolks anscheinend alles Sozis sind, vergessen Sie’s.
Tatsache ist, dass die Sozialdemokraten vor fünf Jahren, zum Höhepunkt der Schröder-weg-Stimmung, einen schweren Denkzettel bekamen. Diesmal gab es keine vergleichbare Denkzettelstimmung. Und trotzdem kriegen die Sozialdemokraten nicht mal ein allerkleinstes Plus hin, nicht einmal auf das bescheidene aktuelle bundespolitische Niveau irgendwo rund um 25 Prozent. Die Abmilderung der Agendapolitik, der Wechsel in der Parteiführung Beck zurück zu Müntefering, die Inauguration des Kanzlerkandidaten Steinmeier – nicht der geringste Effekt. Und weit und breit keine Rampensau wie Schröder in Sicht, die wie beim letzten Mal das Ding in der Endphase noch mal rausreißen könnte. Nein, um die SPD kann einem himmelangst werden.

Steht die Union besser da? Sie hat auch deutlich verloren und ist auf das Niveau zurückgefallen, das ihr im bundespolitischen Umfeld im Moment auch zubemessen wird. Aber sie steht eben deutlich vor der SPD, was kein Grund zum Übermut sein sollte. CDU und CSU haben ihre Leute etwas besser mobilisiert als der Regierungspartner, aber ob das auch bei der Bundestagswahl funktioniert, wer will das heute schon sagen. Wo doch die Union in der Wirtschaftskrise ähnlich desorientiert daherkommt, wie seinerzeit die SPD in der Agendapolitik.

Dass die kleinen Parteien ihr Niveau halten oder sogar ausbauen können – auch das ist größtenteils Ausdruck des Unvermögens der Großen, ihre Anhänger zu mobilisieren. Die FDP profitiert von der Schwäche der Union, Grüne und Linkspartei von der Malaise der SPD. Eigene Stärke sieht anders aus. Und mit Blick auf die Bundestagswahl sind die Messen noch längst nicht gelesen.

Was nahezu allen Parteien – ein wenig ausgenommen vielleicht die Linkspartei - anzukreiden ist: Sie haben selbst den Europawahlkampf nicht richtig ernst genommen. Die Inhaltsleere von SPD, Union, FDP und Grünen ist für die Wählerinnen und Wähler im Grunde eine Zumutung. In Arbeitszeugnissen findet sich ab und zu die Formulierung: Er oder sie hat sich bemüht. Soll heißen: Ist eher schwach und schafft die Arbeit nicht. Den Wahlkämpfern in Deutschland und in vielen Ländern der EU mag man nicht einmal attestieren, dass sie sich bemüht haben.