Kein museales Judentum
Seit 1999 wird jährlich am ersten Sonntag im September der Europäische Tag der jüdischen Kultur begangen, mittlerweile in 28 Ländern. Die Malerin Yohana Hirschfeld vom jüdischen Kulturverein Kunsthaus Finkels in Hamburg hat unter anderem eine musikalische Lesung organisiert.
"Geschichten mit Flügel" nennen die Autorin Viola Roggenkamp und die Pianistin Elzbieta Sternlicht ihre musikalische Lesung. Sie erzählt eine Geschichte von Mutter und Tochter, die 1988 gemeinsam in Polen waren, unterwegs auf den Spuren der Vergangenheit der Mutter und des verstorbenen Vaters. Jetzt sind sie auf dem Rückweg und verfahren sich auf der Transitautobahn. Erinnerungen an die Schoah mischen sich mit der Angst vor den DDR-Grenzpolizisten. Viola Roggenkamp erzählt dies mit sehr viel Humor, auch wenn es für sie ein ernstes Thema ist:
"Was sich da innerlich alles aufbaut, an Panik, an Ängsten, das schildert diese Geschichte, und insofern ist es ein Gefühlsraum, in dem plötzlich die deutsche Geschichte in ihrem Zusammenhang aufersteht."
Die Lesung findet im Jüdischen Salon im Hamburger Grindelviertel statt. Sie ist Teil der Veranstaltungen zum Europäischen Tag der jüdischen Kultur. Für die in Hamburg geborene Roggenkamp ist dieser Rahmen etwas besonderes, vor allem an diesem Ort:
"Und dass ich jetzt etwas erzähle, zum Teil eben auch aus der Überlebensgeschichte meiner Eltern, und stehe hier, im jüdischen Salon des Café Leonar am Grindelhof, das ist schon doch ein kleines Wunder."
Die Veranstaltungen zum Europäischen Tag der jüdischen Kulturwerden seit 2009 in Hamburg vom Kunsthaus Finkels ausgerichtet. So heißt der jüdische Kulturverein, der sich vor zwei Jahren in der Stadt gegründet hat. Er möchte auf die Vielfalt zeitgenössischer jüdischer Kultur aufmerksam machen.
Yohana Hirschfeld: "Nicht dieses museale Judentum, das überall zu bewundern ist. Es gibt immer mehr jüdische Museen in den Städten. Was gut ist! Aber was es an lebendiger, neuer, frischer jüdischer Kultur gibt, das ist gar nicht so sehr im Bewusstsein der Öffentlichkeit."
Die Malerin Yohana Hirschfeld, Mitgründerin des Kunsthaus Finkels, sitzt im Café Leonar. Sie organisiert die Veranstaltungen ehrenamtlich. Dem Verein, sagt sie, ist es wichtig, zum Tag der jüdischen Kultur auch Menschen außerhalb der jüdischen Gemeinschaft zu erreichen:
"Es kommen viele Mitglieder der jüdischen Gemeinde. Aber auch viele nichtjüdische Interessierte an Kultur, also ich würde sagen es ist fast eine 50/50-Mischung. Kommt immer drauf an, welche Veranstaltung das ist."
So kamen letztes Jahr zu den Vorträgen zu Brauchtum und jüdischen Sitten vor allem Angehörige der Gemeinde. Das Publikum des Klezmer-Jazzkonzerts dieses Jahr dagegen war bunt gemischt, die Veranstaltung schnell ausverkauft – was allerdings zu der etwas angespannten Situation führte, dass 60 Menschen vor der gesicherten Talmud Thora Schule herumstanden und warteten. Aber nicht nur die zeitgenössische jüdische Kultur ist bei den Hamburger Veranstaltungen vertreten. Auch Altes wird bewahrt oder erst bekannt gemacht, wie das Werk des 1959 verstorbenen Komponisten Ernest Bloch. Dieses Jahr wäre Blochs 130. Geburtstag gewesen, zur Aufführung seines Werks hat das Kunsthaus Finkels ein Ernest-Bloch-Orchester gegründet. Musikalischer Leiter und Dirigent ist der in Minsk geborene Leon Gurvitch.
Yohana Hirschfeld: "Es gibt eine Ernest-Bloch-Gesellschaft in den USA, er ist also dort absolut bekannt als zeitgenössischer Musiker. Aber leider wird er in Europa nicht gespielt, oder sehr wenig. Er hat klassische jüdische Themen aus der Liturgie beispielsweise genommen und daraus Orchesterwerke gemacht."
Die Frage, was jüdische Kultur ist, kann die Malerin Hirschfeld leicht beantworten:
""Also ich kann für mich persönlich sagen, dass das vollkommen klar ist, aus meiner Kindheitsgeschichte und meiner ganzen Lebenserfahrung, dass ich aus der Jüdischkeit komme, aus der jüdischen Kultur und Tradition, und natürlich, wie für jeden anderen Maler oder Autor sind die eigenen biografischen Erfahrungen oder das eigene Umfeld Material für die Arbeit."
Über eine etwas weitere Verbreitung des Europäischen Tages der jüdischen Kultur in Deutschland würde Yohana Hirschfeld sich freuen. Im Moment schaut sie noch etwas neidisch auf andere Länder wie Italien, Spanien oder Großbritannien, wo dieser Tag einen ganz anderen Stellenwert hat:
"Ich habe mal versucht, einen Vortrag zu bekommen von einer Dame, die in London lebt. Und die hat mir schlicht geantwortet: Wissen Sie, ich gehe hier zum Europäischen Tag der jüdischen Kultur, weil die Veranstaltungen hier fantastisch sind. Ich kann nicht zu Ihnen kommen um einen Vortrag zu halten."
"Was sich da innerlich alles aufbaut, an Panik, an Ängsten, das schildert diese Geschichte, und insofern ist es ein Gefühlsraum, in dem plötzlich die deutsche Geschichte in ihrem Zusammenhang aufersteht."
Die Lesung findet im Jüdischen Salon im Hamburger Grindelviertel statt. Sie ist Teil der Veranstaltungen zum Europäischen Tag der jüdischen Kultur. Für die in Hamburg geborene Roggenkamp ist dieser Rahmen etwas besonderes, vor allem an diesem Ort:
"Und dass ich jetzt etwas erzähle, zum Teil eben auch aus der Überlebensgeschichte meiner Eltern, und stehe hier, im jüdischen Salon des Café Leonar am Grindelhof, das ist schon doch ein kleines Wunder."
Die Veranstaltungen zum Europäischen Tag der jüdischen Kulturwerden seit 2009 in Hamburg vom Kunsthaus Finkels ausgerichtet. So heißt der jüdische Kulturverein, der sich vor zwei Jahren in der Stadt gegründet hat. Er möchte auf die Vielfalt zeitgenössischer jüdischer Kultur aufmerksam machen.
Yohana Hirschfeld: "Nicht dieses museale Judentum, das überall zu bewundern ist. Es gibt immer mehr jüdische Museen in den Städten. Was gut ist! Aber was es an lebendiger, neuer, frischer jüdischer Kultur gibt, das ist gar nicht so sehr im Bewusstsein der Öffentlichkeit."
Die Malerin Yohana Hirschfeld, Mitgründerin des Kunsthaus Finkels, sitzt im Café Leonar. Sie organisiert die Veranstaltungen ehrenamtlich. Dem Verein, sagt sie, ist es wichtig, zum Tag der jüdischen Kultur auch Menschen außerhalb der jüdischen Gemeinschaft zu erreichen:
"Es kommen viele Mitglieder der jüdischen Gemeinde. Aber auch viele nichtjüdische Interessierte an Kultur, also ich würde sagen es ist fast eine 50/50-Mischung. Kommt immer drauf an, welche Veranstaltung das ist."
So kamen letztes Jahr zu den Vorträgen zu Brauchtum und jüdischen Sitten vor allem Angehörige der Gemeinde. Das Publikum des Klezmer-Jazzkonzerts dieses Jahr dagegen war bunt gemischt, die Veranstaltung schnell ausverkauft – was allerdings zu der etwas angespannten Situation führte, dass 60 Menschen vor der gesicherten Talmud Thora Schule herumstanden und warteten. Aber nicht nur die zeitgenössische jüdische Kultur ist bei den Hamburger Veranstaltungen vertreten. Auch Altes wird bewahrt oder erst bekannt gemacht, wie das Werk des 1959 verstorbenen Komponisten Ernest Bloch. Dieses Jahr wäre Blochs 130. Geburtstag gewesen, zur Aufführung seines Werks hat das Kunsthaus Finkels ein Ernest-Bloch-Orchester gegründet. Musikalischer Leiter und Dirigent ist der in Minsk geborene Leon Gurvitch.
Yohana Hirschfeld: "Es gibt eine Ernest-Bloch-Gesellschaft in den USA, er ist also dort absolut bekannt als zeitgenössischer Musiker. Aber leider wird er in Europa nicht gespielt, oder sehr wenig. Er hat klassische jüdische Themen aus der Liturgie beispielsweise genommen und daraus Orchesterwerke gemacht."
Die Frage, was jüdische Kultur ist, kann die Malerin Hirschfeld leicht beantworten:
""Also ich kann für mich persönlich sagen, dass das vollkommen klar ist, aus meiner Kindheitsgeschichte und meiner ganzen Lebenserfahrung, dass ich aus der Jüdischkeit komme, aus der jüdischen Kultur und Tradition, und natürlich, wie für jeden anderen Maler oder Autor sind die eigenen biografischen Erfahrungen oder das eigene Umfeld Material für die Arbeit."
Über eine etwas weitere Verbreitung des Europäischen Tages der jüdischen Kultur in Deutschland würde Yohana Hirschfeld sich freuen. Im Moment schaut sie noch etwas neidisch auf andere Länder wie Italien, Spanien oder Großbritannien, wo dieser Tag einen ganz anderen Stellenwert hat:
"Ich habe mal versucht, einen Vortrag zu bekommen von einer Dame, die in London lebt. Und die hat mir schlicht geantwortet: Wissen Sie, ich gehe hier zum Europäischen Tag der jüdischen Kultur, weil die Veranstaltungen hier fantastisch sind. Ich kann nicht zu Ihnen kommen um einen Vortrag zu halten."