Kein Platz für Uecker in Schwerin

Von Peter Marx · 25.07.2012
Der Landeshauptstadt Schwerin fehlt ein kulturelles Highlight, das national wie international für Aufsehen sorgt. Beispielsweise ein eigenes Museum für den bedeutendsten Künstler des Bundeslandes: Günther Uecker. Doch dieser Traum ist geplatzt.
Ausgangspunkt ist die Sammlung von Friedel Drautzburg. Der Berliner Kneipier bot 14 Uecker-Objekte zum Kauf an, zu einem Preis zwischen 1,2 Millionen und 1,5 Millionen Euro. Die Summe will Dirk Blübaum, Direktor des Staatlichen Museums Schwerin, nicht bestätigen. Nur soviel:

"Und es ist richtig, dass das bei dem Preis die Uecker-Werke normalerweise auf dem Markt erzielt ein für uns sehr günstiger Preis ist."

Blübaum und der damalige Kulturminister Harry Tesch (CDU) griffen sofort zu, nachdem Kulturstaatsminister Bernd Neumann, Sparkassenstiftung und Kulturstiftung der Länder bereit waren, über eine Million Euro dazuzugeben:

"Es ist eine sehr persönliche Sammlung. Es sind teilweise ungewöhnliche Werke dabei. Es sind die Nullnummern dabei. Und insofern eine sehr facettenreiche und sehr persönliche Darstellung seiner Kunst. Damit können wir gerade auch den klassischen Uecker aus den 60er- bis frühen 80er-Jahren zeigen."

Mit dem Sammler und den Zuwendungsgebern wurde vor knapp einem Jahr vereinbart, dass die 14 Objekte den Grundstock für ein eigenes Museum von Günther Uecker darstellen, der am Stadtrand von Schwerin geboren wurde und noch immer enge Beziehungen in die alte Heimat hat. Als Ausstellungsort war die ehemalige Reithalle des gerade leer geräumten Marstalles vorgesehen, ein historisches Gebäude im Stadtzentrum.

"Da hätten wir auf 700 Quadratmetern auch da nicht alles zeigen können. Wir hätten im Bestand schon sehr schön wechseln können. Und jetzt ist die politische Entscheidung gefallen oder im Bereich der Haushaltsentscheidung gefallen Ende letzten Jahres, dass halt der Marstall dann doch nicht saniert wird, beziehungsweise auch das staatliche Museum halt sparen muss , was die Betriebskosten angeht, das heißt wir die Bewachung nicht sicher stellen können und Ähnliches und damit die Realisierung des Marsstalles nicht mehr möglich ist."

"Die politische Entscheidung". Die Kritik des Direktors des Staatlichen Museums in Schwerin gilt dem neuen SPD-Kulturminister Mathias Brodkorb, der in seinen ersten Amtsmonaten selbst die eigenen Parteifreunde zur Verzweiflung bringt: Bordkorbs Zwischenbilanz: Das Bildungssystem des Landes steht kurz vor dem Kollaps, die Theater des Landes kurz vor der Insolvenz und nun auch noch der mögliche Verlust der Uecker-Sammlung. Doch Brodkorb ficht das nicht an. Er schiebt die Schuld auf seinen Vorgänger Tesch und auf Blübaum:

"Also, ich habe kein Geld für den Marstall gestrichen, weil es noch gar keines gab. Ich habe nach Amtsübernahme Haushaltsverhandlungen zu führen gehabt, ob auf der Grundlage der mir vorliegenden Akten, die ich nicht bearbeitet habe. Und in diesen Unterlagen fand sich weder eine deckungsfähige und belastbare Kalkulation über Baukosten noch eine entsprechende Konzeption über den Betrieb."

Was so nicht stimmt. Bereits Mitte des vergangenen Jahres hat der landeseigene Betrieb für Bau und Liegenschaften ein Umbaukonzept vorgelegt. Danach sollte der Marstall für rund 2,44 Millionen Euro saniert werden. In den Haushaltsplanungen im November letzten Jahres strich jedoch Minister Brodkorb alle Pläne zusammen, ohne Rücksprache mit Museumsleiter, Sammler und Geldgebern. Sie wurden erst diese Woche - neun Monate nach der Entscheidung - über die veränderten Bedingungen informiert, wie Bordkorb zugab:

"Ich selbst habe Herrn Naumann darum gebeten, dass wir demnächst einmal ein Gespräch führen können. Der Brief müsste auf dem Weg sein, ist vielleicht schon eingetroffen."

Eine Reaktion der Betroffenen fehlt noch. Doch der im Kulturgeschäft noch unerfahrene Minister glaubt, dass Geldgeber und Spender keinen Ärger machen werden:

"Ich kann mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, dass ein Zuwendungsgeber auch dann am Marstall festhalten würde, wenn man ihm eine bessere Option anbieten würde für die Präsentation der Kunstwerke, weil es geht ja nicht darum, irgendein Gebäude zu füllen, das ist ja nicht das Erstrangige, sondern es geht darum, herausragende Werke zeitgenössischer Kunst angemessen zu präsentieren.

Und ich denke auch, dass Herr Naumann und andere ihre Entscheidung abhängig machen in erster Linie von einem schlüssigen Gesamtkonzept und der Frage, ob diese Werke gut präsentiert werden und nicht von der Frage abhängig machen, ob irgendein historisches Gebäude jetzt wieder belebt wird."

Nur - dass sich in der Landeshauptstadt kein anderes Gebäude als der Marstall anbietet. So sollen nach den Plänen des Ministers die Uecker-Objekte erst einmal im benachbarten staatlichen Museum ausgestellt werden. Doch dort gibt es kaum Platz für zusätzliche Bilder, und Uecker passt auch nicht in das klassische Konzept dieses Hauses.

"Das heißt, wir werden Uecker zeigen, aber nicht so, wie es geplant war."

Zerknirscht sammelt jetzt der Museumsdirektor die Scherben zusammen, die sein Minister verursacht hat. Denn auch die Werksserie der "Geschundene Mensch" von Günther Uecker sollte als Leihgabe ins neue Museum kommen.

"Wir sind in Kontakt mit dem Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart. Da läuft zurzeit weltweit die Ausstellung der "Geschundene Mensch". Das ist der politische Uecker, der sich mit den Menschenrechten auseinandersetzt. Nicht mehr so sehr der Zero-Künstler. Und das war unser Ziel, dieses gegenüberzustellen. Das heißt den Klassischen Uecker und den politischen Künstler der 90er-Jahre. Und das sind weitere 14 großformatige Installationen."

Doch das hat sich erstmal erledigt.
Der Künstler Günther Uecker im Martin-Gropius-Bau
Der Künstler Günther Uecker im Martin-Gropius-Bau© AP
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