Keine Debatte, nirgends
Wie entstehen Kulturen? Wie wirken sie? Wie inspirieren sie sich gegenseitig? Solchen Fragen soll das Humboldtforum in Berlin einmal nachgehen. Eine Diskussion mit Museumsleuten zu diesem Thema blieb nun allerdings reichlich konzeptlos.
Wie entstehen Kulturen? Wie wirken sie? Wie inspirieren sie sich gegenseitig, wie bedingen sie einander? Wie haben europäische Kulturen im Zuge der Globalisierung den Lebensalltag Lateinamerikas, Afrikas, Asiens verändert? Oder umgekehrt lateinamerikanische, afrikanische, asiatische Kulturen die Lebenszusammenhänge in Europa?
Solchen Fragen soll das Humboldtforum einmal nachgehen; schon jetzt stellt Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, mit international renommierten Museumsleuten gemeinsame Überlegungen an, wie die reichen Bestände nicht nur der ethnologischen Berliner Museen im Humboldtforum präsentiert und in Beziehung gesetzt werden können zu den Weltthemen unserer Zeit: wie also das Humboldtforum tatsächlich ein Zentrum der Weltkulturen werden kann.
"Wir diskutieren mit diesen Kollegen unsere Vorstellungen, wie wir die Bestände des Museums dort präsentieren wollen, mit welchen Themen – und ich glaube, das ist ganz wichtig, dass wir uns öffnen: dass wir diese Kompetenz, die es weltweit gibt... und da ist ganz wichtig, dass wir wirklich in die Kontinente hineingehen. Ich möcht hier nicht am Schluss dann mit weißen Europäern und Nordamerikanern sitzen, sondern es muss ein Projekt sein, das in Lateinamerika, in Afrika, in Südostasien auch wahrgenommen wird. Und da gibt es wirklich hervorragende Leute, und das sollen wir schon wissen und die Meinung dieser Leute, die dort tolle Arbeit machen, die wollen wir auch hören, uns die wollen wir auch berücksichtigen."
Nur vor diesem Hintergrund ist der Abend "Afrika als Labor der Globalisierung" als ein Schritt auf dem Weg zum Humboldtforum zu verstehen, solche Themen sollen später, so heißt es, "im Zentrum des Programmauftrags der zukünftigen Agora des Humboldtforums" stehen. Das Thema des Abends kündigte Hermann Parzinger so an:
"Was passiert heute eigentlich in Afrika? Warum ist Afrika und das, was dort geschieht... warum kann das für uns wichtig sein? Wir haben vielleicht... vor allem diejenigen, die wenig über Afrika wissen und immer nur Meldungen aus der Presse entnehmen, die in der Regel immer negativ konnotiert sind, vielleicht die Meinung, das wäre ein Kontinent, der von völlig marginaler Bedeutung ist; es mag vielleicht andere geben, die eine andere Sicht auf Afrika haben, indem sie sagen, na ja, so schlimm ist das nicht, hier ist ja ein Riesenpotential, es geht voran... Es kann vielleicht auch sein, dass es hier eine ganz andere, eine dritte Position, eine Sichtweise gibt: das Potential Afrikas als Labor der Globalisierung. Aufgrund der besonderen Situation in Afrika müssen hier neue Lösungen für Fragen entwickelt werden, die keinesfalls nur von lokaler, auf Afrika bezogener Bedeutung sind, sondern sich auch global anwenden lassen."
Sinnreich hat sich die Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum die gerade stattfindenden "Dahlem Konferenzen" zunutze gemacht, das ist: eine Workshop-Reihe der Freien Universität Berlin. Seit 1974 schon treffen sich in Berlin-Dahlem hochrangige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, um Wissen auszutauschen, um auf Ideen zu kommen. "Afrika als Labor der Globalisierung" – zum 3. Forum der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum hatte man Teilnehmer der "Dahlemer Konferenzen" eingeladen, Universitätsprofessoren aus Nigeria, Kanada und den USA – um die Frage zu diskutieren – ja, welche eigentlich?
"Afrika als Labor der Globalisierung" – wer experimentiert da? Und womit? Alle möglichen Aspekte wurden angesprochen: Afrika als Versuchskaninchen westlicher Aidsforschung, die mit ethisch fragwürdigen Methoden in afrikanischen Ländern Studien erarbeitet und durchtestet. Oder Afrika als ideenreicher und poetischer Musikexporteur, der umgekehrt auch amerikanische Einflüsse wie Rap und Hip Hop aufnimmt und verarbeitet. Oder die Einflussnahme des Westens bei der ägyptischen Revolution, ausführlich dargestellt unter verfassungsrechtlichen Aspekten.
Dagegen: ein Land wie Kenia, das eine Expertenkommission einsetzte, um eine Verfassung ausarbeiten zu lassen, die afrikanische Gegebenheiten berücksichtigt. Dann wieder: afrikanische Besonderheiten, etwa dass ein Schauspieler, der im Film den Propheten Mohammed spielt, in einem anderen Film besser keinen Bösewicht verkörpern sollte, in islamisch geprägten Ländern könnte das womöglich nicht gut ankommen. Das ist alles interessant, ohne Zweifel, aber als Podiumsdiskussion doch konzeptlos, uferlos hin- und hermäandernd. Auf den Dahlemer Konferenzern, wo alle wissen, worum es geht, mag das funktionieren. Doch in der Öffentlichkeit, auch wenn sie gutwillig ist und sich interessiert zeigt, geht das nicht. Wie hatte Hermann Parzinger eingangs gesagt?
"Das ist auch das, was wir im Humboldtforum in der Agora... was wir dort erreichen wollen: dass wir einerseits den Blick auf Entwicklungen in der Welt öffnen, nicht nur die historischen über die kulturgeschichtlichen Entwicklungen, über die Entwicklung der Kunst in anderen Welten, sondern auch über die Aktualität: was gegenwärtig dort geschieht, was die Probleme dort sind. Unser Blick auf andere Teile der Welt soll geschärft werden, aber: es soll auch klar werden, warum es wichtig ist, sich mit anderen Teilen der Welt auseinanderzusetzen. Insofern hat diese Podiumsdiskussion heute eine, glaube ich, ganz wichtige Aktualität für einen entscheidenden Bestandteil im Humboldtforum, der diesen Aspekt der Debatte hier aufgreift und Ihnen nahebringen soll."
Genau das aber geschah nicht. Keine Debatte, nirgends - und sie konnte auch nicht entstehen. Die Absicht ist löblich, aber etwas mehr Augenmerk aufs Didaktische - was soll diskutiert werden? Und wie? Und zu welchen Gedanken könnte das im Auditorium führen – von Erkenntnis zu schweigen. Derlei wäre noch löblicher gewesen.
Solchen Fragen soll das Humboldtforum einmal nachgehen; schon jetzt stellt Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, mit international renommierten Museumsleuten gemeinsame Überlegungen an, wie die reichen Bestände nicht nur der ethnologischen Berliner Museen im Humboldtforum präsentiert und in Beziehung gesetzt werden können zu den Weltthemen unserer Zeit: wie also das Humboldtforum tatsächlich ein Zentrum der Weltkulturen werden kann.
"Wir diskutieren mit diesen Kollegen unsere Vorstellungen, wie wir die Bestände des Museums dort präsentieren wollen, mit welchen Themen – und ich glaube, das ist ganz wichtig, dass wir uns öffnen: dass wir diese Kompetenz, die es weltweit gibt... und da ist ganz wichtig, dass wir wirklich in die Kontinente hineingehen. Ich möcht hier nicht am Schluss dann mit weißen Europäern und Nordamerikanern sitzen, sondern es muss ein Projekt sein, das in Lateinamerika, in Afrika, in Südostasien auch wahrgenommen wird. Und da gibt es wirklich hervorragende Leute, und das sollen wir schon wissen und die Meinung dieser Leute, die dort tolle Arbeit machen, die wollen wir auch hören, uns die wollen wir auch berücksichtigen."
Nur vor diesem Hintergrund ist der Abend "Afrika als Labor der Globalisierung" als ein Schritt auf dem Weg zum Humboldtforum zu verstehen, solche Themen sollen später, so heißt es, "im Zentrum des Programmauftrags der zukünftigen Agora des Humboldtforums" stehen. Das Thema des Abends kündigte Hermann Parzinger so an:
"Was passiert heute eigentlich in Afrika? Warum ist Afrika und das, was dort geschieht... warum kann das für uns wichtig sein? Wir haben vielleicht... vor allem diejenigen, die wenig über Afrika wissen und immer nur Meldungen aus der Presse entnehmen, die in der Regel immer negativ konnotiert sind, vielleicht die Meinung, das wäre ein Kontinent, der von völlig marginaler Bedeutung ist; es mag vielleicht andere geben, die eine andere Sicht auf Afrika haben, indem sie sagen, na ja, so schlimm ist das nicht, hier ist ja ein Riesenpotential, es geht voran... Es kann vielleicht auch sein, dass es hier eine ganz andere, eine dritte Position, eine Sichtweise gibt: das Potential Afrikas als Labor der Globalisierung. Aufgrund der besonderen Situation in Afrika müssen hier neue Lösungen für Fragen entwickelt werden, die keinesfalls nur von lokaler, auf Afrika bezogener Bedeutung sind, sondern sich auch global anwenden lassen."
Sinnreich hat sich die Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum die gerade stattfindenden "Dahlem Konferenzen" zunutze gemacht, das ist: eine Workshop-Reihe der Freien Universität Berlin. Seit 1974 schon treffen sich in Berlin-Dahlem hochrangige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, um Wissen auszutauschen, um auf Ideen zu kommen. "Afrika als Labor der Globalisierung" – zum 3. Forum der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum hatte man Teilnehmer der "Dahlemer Konferenzen" eingeladen, Universitätsprofessoren aus Nigeria, Kanada und den USA – um die Frage zu diskutieren – ja, welche eigentlich?
"Afrika als Labor der Globalisierung" – wer experimentiert da? Und womit? Alle möglichen Aspekte wurden angesprochen: Afrika als Versuchskaninchen westlicher Aidsforschung, die mit ethisch fragwürdigen Methoden in afrikanischen Ländern Studien erarbeitet und durchtestet. Oder Afrika als ideenreicher und poetischer Musikexporteur, der umgekehrt auch amerikanische Einflüsse wie Rap und Hip Hop aufnimmt und verarbeitet. Oder die Einflussnahme des Westens bei der ägyptischen Revolution, ausführlich dargestellt unter verfassungsrechtlichen Aspekten.
Dagegen: ein Land wie Kenia, das eine Expertenkommission einsetzte, um eine Verfassung ausarbeiten zu lassen, die afrikanische Gegebenheiten berücksichtigt. Dann wieder: afrikanische Besonderheiten, etwa dass ein Schauspieler, der im Film den Propheten Mohammed spielt, in einem anderen Film besser keinen Bösewicht verkörpern sollte, in islamisch geprägten Ländern könnte das womöglich nicht gut ankommen. Das ist alles interessant, ohne Zweifel, aber als Podiumsdiskussion doch konzeptlos, uferlos hin- und hermäandernd. Auf den Dahlemer Konferenzern, wo alle wissen, worum es geht, mag das funktionieren. Doch in der Öffentlichkeit, auch wenn sie gutwillig ist und sich interessiert zeigt, geht das nicht. Wie hatte Hermann Parzinger eingangs gesagt?
"Das ist auch das, was wir im Humboldtforum in der Agora... was wir dort erreichen wollen: dass wir einerseits den Blick auf Entwicklungen in der Welt öffnen, nicht nur die historischen über die kulturgeschichtlichen Entwicklungen, über die Entwicklung der Kunst in anderen Welten, sondern auch über die Aktualität: was gegenwärtig dort geschieht, was die Probleme dort sind. Unser Blick auf andere Teile der Welt soll geschärft werden, aber: es soll auch klar werden, warum es wichtig ist, sich mit anderen Teilen der Welt auseinanderzusetzen. Insofern hat diese Podiumsdiskussion heute eine, glaube ich, ganz wichtige Aktualität für einen entscheidenden Bestandteil im Humboldtforum, der diesen Aspekt der Debatte hier aufgreift und Ihnen nahebringen soll."
Genau das aber geschah nicht. Keine Debatte, nirgends - und sie konnte auch nicht entstehen. Die Absicht ist löblich, aber etwas mehr Augenmerk aufs Didaktische - was soll diskutiert werden? Und wie? Und zu welchen Gedanken könnte das im Auditorium führen – von Erkenntnis zu schweigen. Derlei wäre noch löblicher gewesen.