„Unlearn CO2“
© Ullstein Verlag Unlearn CO2: Zeit für ein Klima ohne KriseUllstein Verlag, Berlin 2024
Lösungen für eine nachhaltigere Gesellschaft
06:42 Minuten
332 Seiten
22,99 Euro
Die Bewältigung der Klimakrise erscheint wie eine Mammutaufgabe. Wie Lösungen aussehen und dass sie auch Spaß machen können, zeigt ein Sammelband mit Beiträgen von 14 Autoren.
Die Fakten zur Klimakrise werden in diesem Band weitgehend vorausgesetzt, auch wenn der Beitrag des Klimawissenschaftlers Stefan Rahmstorf einen kurzen Überblick über sie bietet. Er beschäftigt sich vor allem mit unterschiedlichen Formen der Wissenschaftsleugnung. Und er belegt: Desinformation wie durch den Ölkonzern ExxonMobil war in der Vergangenheit oft erfolgreich und wirkt bis heute nach, was sich deutlich am Beispiel der „Hockeyschlägerkurve“ zeigt.
Wissenschaftsleugnung und die Rolle der Medien
Diese bildet die globale Temperatur im Verlauf des letzten Jahrtausends ab – und steigt am Ende so steil an, dass sie dort wie ein Hockeyschläger aussieht. Sie ist wissenschaftlich anerkannt, aber die durch Kampagnen geschürten Zweifel führen dazu, dass Medien sie immer wieder als falsch bezeichnen. Zudem machen Journalistinnen und Journalisten – wie die beiden Mitherausgeber Gupta und Kronenberg in ihrem Beitrag schreiben – auch andere handwerkliche Fehler: Medien zitieren häufig gleichberechtigt Leugner der menschengemachten Klimakrise neben wirklichen Fachwissenschaftlern, und so entsteht eine „false balance”, die vermittelt, dass Minderheiten- und Konsensmeinung gleichwertig seien.
Die dritte Herausgeberin, Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, widmet sich Alternativen zum dauernden Zwang des Wirtschaftswachstums. Statt nur darauf und somit auf einen immer größeren Ressourcenverbrauch zu setzen, plädiert sie für eine, wie sie es nennt, vorsorgeorientierte Postwachstumsökonomie, für die es aber klare politische Vorgaben wie ein Ende aller fossilen Subventionen oder ein Recht auf Reparatur geben muss.
Warum wir die Klimakrise so häufig verdrängen
Insgesamt bieten die 14 Autoren und Autorinnen, darunter auch der Mediziner Eckart von Hirschhausen, einen meist gut lesbaren Rundumschlag über ihre Wissensbereiche – und nicht grundlos steht der der Psychologin Katharina van Bronswijk an erster Stelle.
Sie begründet, warum wir die Klimakrise so häufig verdrängen: Ihre Anerkennung verlange von uns Veränderungen in unserer Lebensführung, ohne dass wir genau wüssten, was wir dafür bekämen. Wir geben etwas auf, ohne die Alternative zu sehen, was immer schmerzhaft sei.
Wie es dennoch gelingen könnte, machen etwa die Texte über Ernährung und Mode klar. Nur wenn wir uns überwiegend vegetarisch ernähren und auf „fast fashion“ verzichten, kann ein Wandel gelingen. Auf „fast fashion“ allein deshalb, weil Polyester die am meisten verarbeitete Textilfaser ist und zu erhöhten Treibhausgasemissionen und stärkerer Verschmutzung von Trinkwasser und Böden führt.
Ein klimagerechtes Rechtssystem
Doch Klimaschutz braucht vor allem gesellschaftliche Lösungen. Für Ernährung und Mode gilt, dass Steuersätze und überprüfbare Lieferketten helfen würden. Klimafragen sind somit auch Rechtsfragen: Schützt geltendes Recht bislang überwiegend bestehende Nutzungsinteressen, so setzt ein klimagerechtes Rechtssystem andere Prioritäten. Zum Beispiel rückt ökologische Verhältnismäßigkeit in den Fokus, was bedeutet, dass Natur- und Klimaschutz beispielsweise bei Baugenehmigungen immer Vorrang genießen würden.
Aufsätze wie über Mobilität oder ein sehr leicht verständlicher über das komplizierte Thema Energie und Do-it-yourself-Methoden bei der Stromerzeugung zeigen, dass ein Leben, das die planetaren und sozialen Krisen nicht verschärft, möglich ist – und dass es auch Spaß machen kann. Ein wichtiges Buch!