Kinder als Selbstmordattentäter

Zu Gewalt und Tod erzogen

Ein Sarg wird während der Beerdigungsprozession für ein Opfer des Anschlages auf eine Hochzeitsfeier im türkischen Gaziantep durch die Menge getragen.
Beerdigungsprozession für ein Opfer des Anschlages im türkischen Gaziantep © AFP / Ilyas Akengin
Asiem El Difraoui im Gespräch mit André Hatting |
In der türkischen Stadt Gaziantep hat eine Bombe über 50 Besucher einer kurdischen Hochzeitsfeier in den Tod gerissen. Der Selbstmordattentäter soll zwischen 12 und 14 Jahre alt gewesen sei. Der Politologe Asiem El Difraoui sagt: "Kinder, die so etwas Schreckliches machen, verunsichern natürlich noch mehr."
Der Anschlag in Gaziantep nahe der syrischen Grenze war der bisher schlimmste in der Türkei in diesem Jahr: Über 50 Tote, darunter mindestens 22 Kinder, fast 70 Verletzte. Die Regierung hat die Terrormiliz Islamischer Staat für die Tat verantwortlich gemacht – laut Präsident Recep Tayyip Erdogan war der Selbstmordattentäter 12 bis 14 Jahre alt.
Ist Erdogans Behauptung plausibel? Ja, sagt der Politologe und Dschihadismus-Experte Asiem El Difraoui. Der IS habe schon öfter Kinder für grausame Morde eingesetzt.
Das Kalkül dahinter: Kinder sind weniger auffällig, sie werden weniger durchsucht, ihnen wird weniger Misstrauen entgegen gebracht.

Kinder, die töten, verunsichern noch mehr

Doch neben diesen taktischen Gründen hat ihr Einsatz auch eine ideologische und psychologische Komponente: "Kinder, die so etwas Schreckliches machen, verunsichern natürlich noch mehr", sagte El Difraoui. Zudem gehe es dem IS auch immer darum zu zeigen, dass neue Generationen des Terrors heranwüchsen.
Dass die Instrumentalisierung der Kinder dem Islam widerspricht, stört die Islamisten laut El Difraoui wenig: In deren Ideologie werde schlicht behauptet, dass der Dschihad alle Mittel heiligt.

In den Schulbüchern ist das "K" eine Kalaschnikow

Die jungen Attentäter kommen entweder aus fanatisierten Familien oder werden in den vom IS besetzten Gebieten indoktriniert. Die Kinder würden in den dortigen Schulen zum Dschihadismus erzogen, sagte El Difraoui – mit eigenen Schulbüchern, in denen der Buchstabe "K" mit einer Kalaschnikow illustriert wird.
Selbst wenn der IS aus den von der Terrormiliz besetzten Gebieten vertrieben werden könne, werde es "gigantische Probleme" bereiten, diese Kinder wieder zurückzuholen, so El Difraoui.
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