Überlastete Kinderkliniken

Personal am Limit

07:48 Minuten
Eine Intensivpflegerin versorgt auf der Kinder-Intensivstation des Olgahospitals des Klinkums Stuttgart ein am Respiratorischen Synzytial-Virus (RS-Virus oder RSV) erkranktes Kind, das beatmet wird.
In den Kinderkliniken ist der Andrang groß: Viele Kleinkinder leiden unter schweren Atemwegsinfekten und müssen stationär mit Sauerstoff behandelt werden. © picture alliance / dpa / Marijan Murat
Burkhard Rodeck im Gespräch mit Dieter Kassel  · 01.12.2022
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Die Kinderkliniken sind in diesem Winter überlastet. Das liegt auch am Fallpauschalensystem, sagt der Kinderarzt Burkhard Rodeck. Dadurch seien viele Kinderkliniken unterfinanziert und die Zahl der Betten drastisch reduziert worden.
Die Lage in vielen Kinderkliniken und Kinderarztpraxen ist in diesem Herbst sehr angespannt. Erkrankungen der Atemwegsinfekte bei Kindern durch das respiratorische Synzytial-Virus (RSV) haben in diesem Winter deutlich zugenommen.
Durch die Isolation während der Pandemie seien viele Kleinkinder bisher mit diesen Keimen nicht in Berührung gekommen und erkrankten jetzt verstärkt, sagt der Osnabrücker Kinderarzt Burkhard Rodeck. Sie müssten deshalb ambulant oder bei Atemnot mit Sauerstoff stationär versorgt werden.

Überlastete Kinderstationen

Wegen der Überlastung der Kliniken müssten Eltern sich derzeit darauf einstellen, dass die Zimmer überbelegt sind, Wartezeit anfällt und auch eine heimatnahe Versorgung oft nicht möglich ist. Trotzdem gebe es derzeit eine bewundernswerte Solidarität des Personals mit den kleinen Patienten.
"Die arbeiten alle am Limit, das ist vollkommen richtig, aber sie tun es eigentlich gerne und sie tun es mit dem vollen Bewusstsein, diesen Kindern müssen wir helfen."

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Rodeck erinnert daran, dass der Deutsche Ethikrat erst kürzlich bestätigt habe, dass die Interessen der Kinder in der Gesellschaft nicht die Rolle spielten, die sie eigentlich spielen sollten.
Seit den 1990er-Jahren gebe es einen dramatischen Abbau von Kinderkrankenbetten, sagt der Arzt. Das führe dazu, dass sie nicht ausreichten, wenn die Patientenzahlen steigen.

Sparen am falschen Platz

"Das liegt natürlich am Fallpauschalensystem", so Rodeck. Es belohne nur den behandelten Fall. "Wenn die Feuerwehr für jeden Einsatz bezahlt werden würde, wäre sie schnell am Ende." Der Staat müsse eigentlich eine Daseinsvorsorge garantieren, unabhängig davon, ob sie in Anspruch genommen werde oder nicht.
Stattdessen seien die Kinderkliniken nicht angemessen finanziert worden, mir der Folge, dass ein dramatischer Abbau der Betten hingenommen worden sei. Es sei immer schon auf Kante gearbeitet worden und jetzt sehe man die Folgen.
Gerade bei Kindern muss man eigentlich "Zeit und Zuwendung" investieren, sagt der Kinderarzt. "Zeit und Zuwendung ist etwas, was in dieser Industrie-Produktionslogik natürlich das ist, was am ehesten weggespart wird."
Weil während der Pandemie die Kliniken leerer waren, seien Arztstellen abgebaut worden, die jetzt fehlten. "Das mal eben schnell zu ändern, ist natürlich ein großes Problem."
Schon 2014 habe es eine öffentliche Kampagne der Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gegeben "Rettet die Kinderstation". Das Thema sei also lange bekannt. Es werde zwar jetzt in der Politik gesehen, aber über die Finanzierung gestritten.
(gem)
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