Taschengeld taugt nicht zur Erziehung
07:04 Minuten
Taschengeld zahlen Eltern gerne auch mal für gute Schulnoten oder ziehen es bei Verfehlungen ein. Anstatt die Münzen und Scheine als Belohnung oder Strafe einzusetzen, kann Taschengeld viel sinnvoller genutzt werden.
Otto: "1,96 Euro, naja, ich habe mein Geld vorhin schon ausgegeben."
Juli: "Also ich habe circa 19 Euro."
Kleine Beträge, aber sie läppern sich zusammen. Nach einer Jugendstudie haben Kinder und Jugendliche in Deutschland rund drei Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung. Wichtigste Einnahmequelle dabei: Das Taschengeld. Etwa eine Milliarde. Es ist eine Selbstverständlichkeit. Meine Kinder kriegen es natürlich auch.
"Ich bin Juli und bin 14 Jahre alt."
"Ich bin Otto und bin 11 Jahre alt."
Taschengeld gibt den Kindern und Jugendlichen ein Gefühl der Unabhängigkeit.
Juli: "Wir können selber darüber bestimmen, was wir jetzt kaufen wollen, wir müssen nicht unsere Eltern fragen, oder so."
Otto: "Weil, wenn wir jedes Mal fragen würden, dann würden sie irgendwann auch mal keine Lust haben, uns was zu kaufen."
Das entlastet uns Eltern natürlich, aber wir bekommen vor allem das Gefühl, etwas dafür zu tun, dass unsere Kinder auf die harte Realität des Marktes vorbereitet werden. Statistiken zeigen, dass anfangs der größte Teil des Taschengeldes für Süßigkeiten ausgegeben wird, aber die Kinder lernen dazu. Da freut sich der Erziehungsberechtigte.
Juli: "Ich weiß noch, dass Otto und ich uns früher noch viel mehr Süßigkeiten gekauft haben."
Otto: "Nicht sofort Sachen zu kaufen, die gleich wieder kaputt gehen, sondern richtige Sachen kaufen."
Juli: "Oder, wenn man was wirklich möchte, dass man darauf spart."
Juli: "Also ich habe circa 19 Euro."
Kleine Beträge, aber sie läppern sich zusammen. Nach einer Jugendstudie haben Kinder und Jugendliche in Deutschland rund drei Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung. Wichtigste Einnahmequelle dabei: Das Taschengeld. Etwa eine Milliarde. Es ist eine Selbstverständlichkeit. Meine Kinder kriegen es natürlich auch.
"Ich bin Juli und bin 14 Jahre alt."
"Ich bin Otto und bin 11 Jahre alt."
Taschengeld gibt den Kindern und Jugendlichen ein Gefühl der Unabhängigkeit.
Juli: "Wir können selber darüber bestimmen, was wir jetzt kaufen wollen, wir müssen nicht unsere Eltern fragen, oder so."
Otto: "Weil, wenn wir jedes Mal fragen würden, dann würden sie irgendwann auch mal keine Lust haben, uns was zu kaufen."
Das entlastet uns Eltern natürlich, aber wir bekommen vor allem das Gefühl, etwas dafür zu tun, dass unsere Kinder auf die harte Realität des Marktes vorbereitet werden. Statistiken zeigen, dass anfangs der größte Teil des Taschengeldes für Süßigkeiten ausgegeben wird, aber die Kinder lernen dazu. Da freut sich der Erziehungsberechtigte.
Juli: "Ich weiß noch, dass Otto und ich uns früher noch viel mehr Süßigkeiten gekauft haben."
Otto: "Nicht sofort Sachen zu kaufen, die gleich wieder kaputt gehen, sondern richtige Sachen kaufen."
Juli: "Oder, wenn man was wirklich möchte, dass man darauf spart."
Der Umgang mit Geld trainiert fürs Leben
Gelderziehung, nennen das die Pädagogen. Da lässt sich mit kleinem Geld schonmal durchspielen, wie das den Rest des Lebens so läuft. Haushalten und planen – die Diskussion über die Höhe des Taschengeldes trainiert für Gehaltsverhandlungen. So lernen die Heranwachsenden, über ihre finanziellen Mittel nachzudenken und zu kommunizieren, sagt Ursula Winklhofer vom Deutschen Jugendinstitut in München.
"Grundsätzlich mit dem Thema Geld, Geld ausgeben, Geld sparen, einfach im Gespräch zu sein miteinander. Das ist schon mal ein ganz entscheidender Punkt, zu lernen, ich kann das alles ein bisschen bewusst überlegen und steuern. Ich kann schon bewusst mit Geld umgehen – das ist der erste Schritt."
Damit der Umgang mit Geld möglichst stressfrei erlernt wird, rät die Pädagogin davon ab, das Taschengeld selbst als Erziehungsmittel einzusetzen: Kürzen als Strafe, Erhöhen als Belohnung, oder sonst Bedingungen an die Auszahlung zu knüpfen. Vielleicht ein unterschwelliger Nebeneffekt: Bei den Kleinen verwurzelt sich das Vertrauen darauf, dass man in einem stabilen und sicheren System wirtschaftet, dass es ein sicheres Einkommen gibt.
"Kann man so sehen. Ja, das ist richtig."
"Grundsätzlich mit dem Thema Geld, Geld ausgeben, Geld sparen, einfach im Gespräch zu sein miteinander. Das ist schon mal ein ganz entscheidender Punkt, zu lernen, ich kann das alles ein bisschen bewusst überlegen und steuern. Ich kann schon bewusst mit Geld umgehen – das ist der erste Schritt."
Damit der Umgang mit Geld möglichst stressfrei erlernt wird, rät die Pädagogin davon ab, das Taschengeld selbst als Erziehungsmittel einzusetzen: Kürzen als Strafe, Erhöhen als Belohnung, oder sonst Bedingungen an die Auszahlung zu knüpfen. Vielleicht ein unterschwelliger Nebeneffekt: Bei den Kleinen verwurzelt sich das Vertrauen darauf, dass man in einem stabilen und sicheren System wirtschaftet, dass es ein sicheres Einkommen gibt.
"Kann man so sehen. Ja, das ist richtig."
Die Idee ist schon 100 Jahre alt
Die Idee mit der Gelderziehung durch Taschengeld ist Anfang des letzten Jahrhunderts in den USA aufgekommen. Die einflussreiche New Yorker Erziehungsberaterin Sidonie Gruenberg riet schon 1912 dazu, Kindern so früh wie möglich eigenes Geld zu geben, damit sie lernen, eigene Entscheidungen damit zu treffen.
"Historisch gesehen, muss man auch sehen, dass es lange Zeit Kinderarbeit gab, die dann auch im 19. Jahrhundert zunehmend verboten wurde, bis hinein in das 20. Jahrhundert hinein, wodurch dann die Kinder aus den unteren Schichten dann völlig mittellos waren, sozusagen. Bei den Kindern der gehobenen Schichten war es lange Zeit nicht üblich, ihnen Geld zur eigenen Verfügung zu stellen."
In den 60er-Jahren haben sich dann auch Pädagogen in Deutschland intensiver mit den Möglichkeiten des Taschengeldes beschäftigt, beschreibt Winklhofer. In den Empfehlungen der kommunalen Jugendämter sieht man, dass die Kinder damals vor allem lernen sollten, sich zu kontrollieren. Heute steht eher das Verwirklichen von Wünschen im Vordergrund.
"Vielleicht ist noch zu ergänzen, dass die Debatte zur Gelderziehung so in den Jahren ab 2000 auch nochmal sich intensiviert hat, auch weil man festgestellt hat, dass gerade junge Leute, also junge Erwachsene, relativ gesehen häufiger Gefahr laufen, zu viele Schulden aufzuhäufen und sich auch direkt zu überschulden."
"Historisch gesehen, muss man auch sehen, dass es lange Zeit Kinderarbeit gab, die dann auch im 19. Jahrhundert zunehmend verboten wurde, bis hinein in das 20. Jahrhundert hinein, wodurch dann die Kinder aus den unteren Schichten dann völlig mittellos waren, sozusagen. Bei den Kindern der gehobenen Schichten war es lange Zeit nicht üblich, ihnen Geld zur eigenen Verfügung zu stellen."
In den 60er-Jahren haben sich dann auch Pädagogen in Deutschland intensiver mit den Möglichkeiten des Taschengeldes beschäftigt, beschreibt Winklhofer. In den Empfehlungen der kommunalen Jugendämter sieht man, dass die Kinder damals vor allem lernen sollten, sich zu kontrollieren. Heute steht eher das Verwirklichen von Wünschen im Vordergrund.
"Vielleicht ist noch zu ergänzen, dass die Debatte zur Gelderziehung so in den Jahren ab 2000 auch nochmal sich intensiviert hat, auch weil man festgestellt hat, dass gerade junge Leute, also junge Erwachsene, relativ gesehen häufiger Gefahr laufen, zu viele Schulden aufzuhäufen und sich auch direkt zu überschulden."
Vom Taschengeld zur Kreditkarte
Nach sechs Jahrzehnten Taschengeld im Dienst der Erziehung ist das natürlich keine so gute Bilanz, dass sich die Bürger immer stärker verschulden. Aber vielleicht wäre das ohne Taschengeld noch viel schlimmer. Da fehlt Forschung. Es klingt ja ganz plausibel, dass man den Umgang mit Geld am besten in der Praxis lernt. In der Gegenwart heißt das, dass die Kinder vielleicht auch lernen sollten, wie das läuft, wenn Bezahlen immer virtueller wird. Das Handy als Geldbörse, die Kinderkreditkarte.
Otto: "Ich finde es cool, weil man hat nicht das ganze Geld in irgendeiner Büchse oder so, im Geldbeutel im Zimmer liegen, sondern hat einfach eine Karte, die kann man einfach ins Portemonnaie stecken, dann hat man nicht so einen großen Batzen Geld."
Juli: "Ich finde, man kann auch einfach mit Bargeld bezahlen, das finde ich irgendwie schöner."
Otto: "Ich finde es cool, weil man hat nicht das ganze Geld in irgendeiner Büchse oder so, im Geldbeutel im Zimmer liegen, sondern hat einfach eine Karte, die kann man einfach ins Portemonnaie stecken, dann hat man nicht so einen großen Batzen Geld."
Juli: "Ich finde, man kann auch einfach mit Bargeld bezahlen, das finde ich irgendwie schöner."
Die Gefahren des virtuellen Zahlens
Julis Vorliebe für Münzen und Scheine wird von Marc Urlen geteilt. Der Kommunikationswissenschaftler arbeitet auch am Deutschen Jugendinstitut. Er beobachtet vor allem im Bereich von Apps und Onlinespielen, wie den Heranwachsenden die Kontrolle über das virtuelle Geld verloren geht.
"Ich weiß nicht, ob dann die Transferleistung erfolgen kann, dass ich sagen kann, Moment mal, was hätte ich mir eigentlich dafür kaufen können. Das ist, glaube ich, doch besser, wenn ich das mal materiell in der Hand habe, das Geld, wenn ich tatsächlich die Münzen habe und die ausgebe."
Bei Grundschülern rät Urlen von elektronischem Taschengeld klar ab, Jugendliche könne man da schon eher behutsam heranführen. Ob sie das zu besseren Haushältern macht, bleibt fraglich. Die Finanzwelt ist komplex.
"Ich könnte natürlich auch ketzerisch die Frage stellen: Ist das denn bei Erwachsenen so viel anders, sind die alle so wahnsinnig kompetent, denn mit Geld zu bezahlen ist auch eine Form von Kommunikation, da brauche ich auch diese kommunikative Kompetenz, das alles zu verstehen und ist nicht unsere Welt inzwischen so abstrakt, das wir oft auch als Erwachsene gar nicht mehr begreifen können, was das für Prozesse sind, wohin da manchmal unser Geld wandert."
"Ich weiß nicht, ob dann die Transferleistung erfolgen kann, dass ich sagen kann, Moment mal, was hätte ich mir eigentlich dafür kaufen können. Das ist, glaube ich, doch besser, wenn ich das mal materiell in der Hand habe, das Geld, wenn ich tatsächlich die Münzen habe und die ausgebe."
Bei Grundschülern rät Urlen von elektronischem Taschengeld klar ab, Jugendliche könne man da schon eher behutsam heranführen. Ob sie das zu besseren Haushältern macht, bleibt fraglich. Die Finanzwelt ist komplex.
"Ich könnte natürlich auch ketzerisch die Frage stellen: Ist das denn bei Erwachsenen so viel anders, sind die alle so wahnsinnig kompetent, denn mit Geld zu bezahlen ist auch eine Form von Kommunikation, da brauche ich auch diese kommunikative Kompetenz, das alles zu verstehen und ist nicht unsere Welt inzwischen so abstrakt, das wir oft auch als Erwachsene gar nicht mehr begreifen können, was das für Prozesse sind, wohin da manchmal unser Geld wandert."