Kinderbuch "Das Museum der Tiere"

Unbekannte Talente der Amsel

Ein Amselhahn sitzt auf einem Zaun
In diesem Buch erfahren die Kinder u.a., dass die Amsel im Flug schläft. © picture alliance / Hinrich Bäsemann
Von Eva Hepper |
In prächtigen Bildern und klugen Texten erzählen Katie Scott und Jenny Broom die Geschichte der Evolution der Arten. Dabei lehrt "Das Museum der Tiere" Überraschendes über Exoten wie Riesenkänguru und Clownsfisch sowie die heimische Amsel.
Im Großformat auf einer Seite im Kreis arrangiert, erinnern die merkwürdigen Gebilde mit ihren eigenartigen Auswüchsen an moderne Vasen oder exotische Trinkgefäße. Zum Beispiel das lilafarbene Etwas mit den vielen zylinderförmigen, nach oben offenen Röhren. Oder das braune, dickbauchige Ding, das sich gegen Ende wie eine Flasche verjüngt. Oder die runde Hohlform mit ihrer knautschigen Außenhaut. Originelles Design! Doch was ist das?
Die Überschrift hat es längst verraten. Die in den herrlichsten Farben und mit großer Freude am Detail gezeichneten Gebilde sind Schwämme. Und weil sie bereits vor über 665 Millionen Jahren existierten, haben sie ihren Auftritt gleich auf den ersten Seiten dieses so schönen wie ungewöhnlichen Bilder- und Lesebuchs.
Das "Museum der Tiere" erzählt die Geschichte des Lebens und der Evolution der Arten für Kinder ab acht Jahren. In sechs Kapiteln, die hier konsequenterweise Säle heißen, werden nach der Reihenfolge ihrer Entstehung Wirbellose, Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere porträtiert. Wie im echten Naturkundemuseum sind die "Ausstellungsstücke" (insgesamt 200 Tiere) mal einzeln, mal in Gruppen, mal seziert wie in einer Vitrine, mal innerhalb ihres Lebensraums wie in einem Diorama zu sehen; begleitet von Erläuterungen zu Evolution, Anatomie und Verhalten.
Anmutung alter Atlanten
Das Buch wirkt wie aus einer anderen Zeit, denn die Illustratorin Katie Scott lässt sich inspirieren von den Zeichnungen berühmter Forscher wie Maria Sybilla Merian, Ernst Haeckel oder Alexander von Humboldt. So widmet Scott den Tiergruppen und ihren Unterarten Einzel- und Doppelseiten und zeigt viele in Großaufnahme. Wenn sie Insekten, Nesseltiere oder Amphibien vorstellt, erscheinen Fühler und Tentakeln wie unter der Lupe. Und auch die Vögel und Säugetiere sind bis in die Schnabelspitze oder aufs Barthaar genau gepinselt.
Da die Seiten zudem leicht vergilbt erscheinen und Scott auf pastellene Töne und einfarbige Hintergründe setzt, wird die Anmutung an alte Atlanten noch verstärkt. Doch hat die Illustratorin durchaus ihren eigenen Strich, und insbesondere die Darstellungen der Tiere innerhalb ihres Lebensraums versprühen Zauber und Poesie.
Darauf setzt auch Jenny Broom in ihren Begleittexten. Sie bietet mehr als reine Information zu Evolution und Verhalten und erzählt mit Leidenschaft und Liebe. Dabei weiß sie nicht nur von Exoten zu schwärmen wie dem roten Riesenkänguru, das sich zur Kühlung die Handgelenke leckt, oder dem Clownsfisch, der sein Geschlecht wechseln kann. Fasziniert ist sie auch von einheimischen Tieren wie etwa Amseln, die im Flug schlafen können, weil sie abwechselnd eine Hirnhälfte ruhen lassen.
So gelingt diesem Buch ein seltenes Kunststück: Mit seinen prächtigen Bildern und klugen Texten weiß es ebenso zu begeistern wie zu belehren. Und vielleicht sogar zu sensibilisieren. Denn die meisten Lebensräume der hier gezeigten Lebewesen sind bedroht!

Katie Scott/Jenny Broom: Das Museum der Tiere: Eintritt frei!
Übersetzt von Ute Löwenberg, ab 8 Jahren
Prestel Verlag, München 2014
112 Seiten, 24,99 Euro

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