Nikolaus Nützel: Mein Opa, sein Holzbein und der Große Krieg. Was der Erste Weltkrieg mit uns zu tun hat
Ars Edition, München 2013
144 Seiten, 14,99 Euro, ab 12 Jahren
Zeitreise mit dem eigenen Großvater
Nikolaus Nützel hat das Riesenthema "Erster Weltkrieg" kenntnisreich und anschaulich bebildert aufgearbeitet. Er nimmt die jungen Leser mit auf eine persönliche Zeitreise und macht den Bezug zur Gegenwart deutlich.
Sachbücher - gerade für Kinder und Jugendliche - erfordern ein konzentriertes "Studium" auf Seiten des Autors. Gilt es doch ein schwieriges Thema "einfach" zu erzählen. Bei "Mein Opa, sein Holzbein und der große Krieg" ist das großartig gelungen: Denn dieses Buch ist spannend geschrieben und lehrreich zugleich. Das liegt vor allem daran, dass Nikolaus Nützel das Riesenthema "Erster Weltkrieg" sehr persönlich aufarbeitet.
Der Titel deutet schon an: Ausgehend von den eigenen Kindheitserinnerung an seinen Großvater, der im Ersten Weltkrieg ein Bein verlor, nimmt der Autor seine jungen Leserinnen und Leser mit in die "Echtzeit" dieser Großelterngeneration und ihrer Geschichte.
Die Wurzeln der heutigen Neonaziszene im Kaiserreich
Dadurch wird schnell klar, "Was der Erste Weltkrieg mit uns zu tun hat" - wie es auch im Untertitel heißt - und wie nah er noch immer ist; ob Soldatenfriedhöfe oder Denkmäler, Fotos oder Straßennamen, Bilder oder Romane - der Erste Weltkrieg kann einem tagtäglich begegnen.
Nützel erzählt sehr engagiert von seinen Recherchen, Entdeckungen und Begegnungen, immer wieder stellt er Zusammenhänge zwischen damals und heute her, so verfolgt er die Wurzeln der heutigen Neonaziszene bis ins national denkende Kaiserreich zurück. Oder er erklärt, warum der Genozid an den Armeniern, bis heute einen Eintritt der Türken in die EU erschwert.
Nikolaus Nützel will informieren, neugierig machen und sensibilisieren für historische Prozesse. Das tut er, indem er unterhaltsam und abwechslungsreich erzählt, mal witzig, dann fast wütend und auch drastisch - dabei immer überzeugend. Er besitzt das Talent, Wichtiges in Bilder zu fassen, die man nicht vergisst: An der Front in Frankreich und Belgien zum Beispiel wurden 40.000 Kilometer lange Gräben gegraben, in denen die Soldaten jahrelang festlagen. 40.000 Kilometer - wie soll man sich die vorstellen? Nützel sagt es uns: Das ist einmal um den ganzen Erdball herum.
Guter Einblick in politische Zusammenhänge
Geordnet ist diese Masse an Ereignissen, Zahlen und Fakten nicht chronologisch, sondern nach Themen. Einzelne Kapitel widmen sich unter anderem den Kriegsvorbereitungen, dem Kolonialismus, dem Seekrieg oder dem Krieg als Geschäft. Dadurch wird man nicht mit Details überfrachtet, sondern erhält einen guten Einblick in bestimmte politische Zusammenhänge. Und gerade das macht dieses Buch über den ersten weltweiten Krieg und seine Greul so eindrücklich und interessant!
Dazu ist es hervorragend illustriert: Dokumente, Fotos, Tabellen, Landkarten und Kunstwerke fangen den Blick ein. Auch das Layout ist abwechslungsreich und lebendig. All das beweist, Geschichte muss nicht spröde oder trocken daherkommen. Man darf auch "nur" mal blättern - und erfährt auf jeder Seite neue Anregungen und Informationen. Auch als Erwachsener! Ganz wichtig ist die Schlussfolgerung, die der Pazifist Nützel aus all dem Grauen zieht: Das moderne Europa ist und bleibt Garant für Frieden und Stabilität.