Kinderpornografie-Verdacht

Droht der Odenwaldschule die Schließung?

Wohnhäuser der Odenwaldschule in Heppenheim, Hessen, aufgenommen am 24.4.2014
Wohnhäuser der Odenwaldschule im hessischen Heppenheim © picture-alliance / dpa / Uwe Anspach
Von Ludger Fittkau |
Schulamt und Politiker werfen der Odenwaldschule vor, nicht offen mit dem Fall eines Kinderpornografie-Verdachts gegen einen Lehrer umgegangen zu sein. Opfervertreter fordern die sofortige Schließung der Schule.
Am Osterwochenende war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Darmstadt einige Tage zuvor die Wohnung eines 32 Jahre alten Lehrers der Odenwaldschule durchsucht hatte – wegen Verdachts auf Besitz verbotenen kinderpornografischen Materials. Die Hinweise darauf sollen aus Australien gekommen sein. Der Lehrer, der erst seit 2011 an der Odenwaldschule beschäftigt war, soll auf einer einschlägigen Kundenliste gestanden haben. Die Ermittlungen dauern an.
Der verdächtige Pädagoge wurde von der Odenwaldschule umgehend vom Dienst suspendiert. Das sei keine Vorverurteilung, sondern nötig gewesen, um Schüler und Schule zu schützen, hatte die Schule Ostern mitgeteilt.
Opfervertreter verlangen Schließung
An der Odenwaldschule waren vor Jahrzehnten mindestens 132 Schüler von Lehrern sexuell missbraucht worden. Der Skandal kam erst viele Jahre später an die Öffentlichkeit. Das Internat versprach Veränderungen, um Übergriffe künftig zu verhindern. Unmittelbar nach bekanntwerden der aktuellen Ermittlungen gegen den Lehrer forderten Opfervertreter nun die Schließung der Schule.
Inzwischen wurde bekannt, dass es bereits 2013 erste Hinweise von Schülern auf das Verhalten des Lehrers gegeben hatte. Dem sei die Schule auch nachgegangen, so Schulleiter Siegfried Däschler-Seiler gegenüber dem Hessischen Rundfunk:
"Das war so, dass die sich ungewöhnlich angeschaut gefühlt haben oder so. Das war sehr schwer genau zu bestimmen. Wir haben aber versucht, darauf sehr aufmerksam zu reagieren und deshalb haben wir das sehr aufmerksam beobachtet. Und haben den Kollegen dann auch in eine Fortbildung geschickt, die er gemacht hat und machen musste zu Fragen von Grenzverletzungen."
Vorwurf der mangelnden Transparenz
Die Odenwaldschule hätte das staatliche Schulamt über den Vorgang informieren müssen, sagt die Schulamts-Leiterin Frida Bordon. Der Schulleiter sei gegenüber der Aufsichtsbehörde berichtspflichtig.
Ähnlich sieht das der Grünen-Politiker Matthias Schimpf. Er ist stellvertretender Landrat des südhessischen Kreises Bergstraße, in dem die Odenwaldschule liegt:
"Die Odenwaldschule hat aus ihrer Geschichte heraus die Verpflichtung zur Transparenz. Das war auch ein gegebenes Versprechen der Öffentlichkeit gegenüber. Dieses Gebot der Transparenz und dieses Versprechen hält die Odenwaldschule nicht ein. Und man kann nur sagen, bei einem solchen Verhalten, bei einem solchen Gebaren taumelt die Odenwaldschule dem Abgrund entgegen."
Der Landkreis schickt schon seit Längerem mehr keine Internatsschüler im Rahmen der Jugendhilfe an die Odenwaldschule. Aktuell kommen von den 195 Schülern der Odenwaldschule noch 44 von Jugendämtern in der ganzen Republik. 4000 Euro zahlen die Ämter im Durchschnitt für die Unterbringung monatlich.
Schulleiter Däschler-Seiler wehrt sich
Die Odenwaldschule wehrt sich gegen den Vorwurf, im aktuellen Fall nicht sorgfältig und transparent genug gehandelt zu haben. Schulleiter Siegfried Däschler-Seiler:
"Es war am Ende so, dass ein Unbehagen da war, wir das aufgegriffen haben, aber keine nachhaltigen Erkenntnisse herausgekommen sind. Und deshalb ist auch nichts erfolgt."
Auch die Staatsanwaltschaft Darmstadt hat bisher noch keinen Beleg für strafbare Handlungen des suspendierten Lehrers finden können. Die Ermittlungen werden allerdings wohl noch mindestens sechs Monate andauern, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Ab Mai wollen unabhängige Wissenschaftler untersuchen, wie es zur Häufung der Missbrauchs-Fälle an der reformpädagogischen Odenwaldschule kommen konnte. 2015 sollen Ergebnisse vorliegen.
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