Viel Kritik am Gesetzentwurf
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Die Union und SPD möchten Kinderrechte nun im Grundgesetz verankern. Grünen, Linken und Kinderschutzverbänden geht der Gesetzesentwurf nicht weit genug. "Enttäuschend schwach", bilanziert auch der Rechts- und Erziehungswissenschaftler Ludwig Salgo.
Nach jahrelangen Verhandlungen haben Union und SPD sich geeinigt: Kinderrechte sollen im Grundgesetz verankert werden. Dazu wollen sie Artikel 6 ergänzen, der bislang die Elternrechte beschreibt und die Familie schützt.
Er soll nun folgendermaßen lauten: "Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt."
Um das Wort "angemessen" ist lange gestritten worden. Die SPD hätte lieber geschrieben: "Das Wohl des Kindes ist vorrangig zu berücksichtigen." Grünen und Linken geht der Vorschlag nicht weit genug. Sie haben bereits angekündigt, gegen den Gesetzentwurf zu stimmen. Auch die Kinderschutzverbände sind enttäuscht. Der Text bleibe hinter der UN-Kinderrechtskonvention zurück, die Deutschland bereits in den 90er-Jahren ratifiziert habe.
Kinder bei Entscheidungen beteiligen
"Was uns vorgelegt wurde, ist enttäuschend schwach", sagt auch Ludwig Salgo. Er lehrt an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main Rechts- und Erziehungswissenschaften. Anstelle einer "angemessenen" hätte er sich eine "vorrangige" Berücksichtigung des Kindeswohls im Gesetzestext gewünscht.
Trotzdem hofft er, dass die explizite Verankerung der Kinderrechte zu einem Umdenken in den Behörden, in der Justiz und in den Jugendämtern führe. Diese würden sich nämlich nach wie vor schwertun, Kinder bei Entscheidungen zu beteiligen, auch wenn dies gesetzliche eigentlich längst vorgesehen sei.
Komme das Recht der Kinder auf Beteiligung auch in der Verfassung zum Ausdruck, werde das nun auch der eine oder andere Richter oder Behördenmitarbeiter ernst nehmen.
(Heike Bredol / lkn)