Kinderwelt des Jüdischen Museums Berlin

Die Herzen der Kinder erreichen

05:34 Minuten
Darstellung der Arche Noah im Kindermuseum "Anoha" des Jüdischen Museums Berlin.
Die großen Fragen, die alle angehen: Arche Noah im Kindermuseum "Anoha". © Jüdisches Museum Berlin / Yves Sucksdorff
Von Sebastian Engelbrecht |
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Das Kindermuseum des Jüdischen Museums Berlin öffnet am 27. Juni - wegen der Pandemie ein Jahr später als geplant. Über das gemeinsame Spielen und sinnliche Erfahrungen sollen Kinder dort etwas über "Gott und die Welt" lernen.
Wogende Wellen auf Leinwänden empfangen den Besucher in der Kinderwelt des Jüdischen Museums. Es regnet und rauscht – und schon fühlen sich die Gäste als Teil der Geschichte, der dieses Museum gewidmet ist: der Geschichte von der Arche Noah. So soll es zumindest sein, nach dem Willen von Ane Kleine-Engel, der Leiterin dieser Kinderwelt, die "Anoha" heißt. Ein Kunstname, eine Abkürzung. Das Anoha liegt auf der anderen Straßenseite – gegenüber vom Jüdischen Museum in Berlin-Kreuzberg.

In die Geschichte eintauchen

"Der Besuch im Anoha ist so, als würde ich ein Buch aufschlagen, daraus vorlesen, und die Elemente der Geschichte leben um mich herum plötzlich auf. Die Kinder tauchen ein in die Geschichte, sie sind mittendrin. Das geht schon gleich am Beginn los. Sie haben es vielleicht beim Reinkommen erlebt: Wenn man durch die Regentropfen kommt, in die Pfützen springen kann, und es macht 'platsch', und wir können hinterher nachschauen, ob die Füße noch trocken sind."
Wer die Fluten passiert hat, findet sich in einer hölzernen Arche wieder, einer auch für Erwachsene unüberschaubar großen Welt, 28 Meter Durchmesser, sieben Meter hoch, aus gelblichem Fichtenholz gebaut. Hier ist es trocken, und die Gucklöcher in der Decke, die der Architekt ließ, zeigen, dass das Museum Platz gefunden hat in der viereckigen Kreuzberger Blumengroßmarkthalle von 1963, einem Stahlbetonbau mit eindrücklichen Rundbögen im Dach.

Spezielle Führungen für das Zielpublikum

Ob das den Kindern auffällt? Sie scheinen eher ganz gefangen zu sein vom Geschehen in der ringförmigen Arche nach mesopotamischem Vorbild. Denn hier wimmelt es von Tieren, sogenannten "Upcycling"-Produkten. Ein Nilpferd steht da, dessen Bauch ein Wassertank bildet. Ein Eisbär, dem ein Schrubber als Unterkiefer dient. Das Kamel, dessen Schnauze aus Camel-Boots besteht. Julian und Padmé können sich dafür begeistern. Beide gehören zum Kinderbeirat des Museums und haben die Gestalter beraten.
Die Kinder werden von sogenannten "Kommunikatoren" durch das Museum geführt. Sie können Fragen stellen und sich so die Geschichte von der Arche Noah erschließen. Hetty Berg, Direktorin des Jüdischen Museums, wünscht sich, dass die Kinder hier nachdenklich werden: "Wir hoffen, dass die Kinder auf spielerische Art miteinander ins Gespräch kommen über die großen Fragen, die alle angehen. Dass sie so eigene Visionen für die Zukunft, eine bessere Welt, entwickeln - angelehnt an das jüdische Konzept 'Tikkun Olam', das dazu auffordert, die Welt durch eigenes Handeln ein Stück besser zu machen."

Die universelle Botschaft der hebräischen Bibel

Die Arche soll anregen - zum Nachdenken "über Gott und die Welt", über gesellschaftliche Vielfalt, über Natur- und Artenschutz. Davon ließ sich auch Anne Metzen leiten, die den Bau der upgecycelten Tiere humorvoll angeleitet hat:
"Was auch noch interessant ist: Dass das ja nicht nur Tiere sind, die jetzt existieren, sondern auch Tiere, die ausgestorben sind wie das Mammut und der Säbelzahntiger und auch Tiere, die bedroht sind. Das ist auch ein ganz wichtiger Aspekt gewesen."
Entstanden ist ein Ort, an dem die Kinder die universelle Botschaft der hebräischen Bibel erfahren können - und ihr moralisches Filtrat. Kulturstaatsministerin Monika Grütters steuerte zum Entstehen dieses einzigartigen Museums neun Millionen Euro bei. Sie sagt, sie wolle die Herzen der Kinder erreichen:

Bildung packt das Übel an der Wurzel

"Ich glaube, ganz wichtig ist vor allen Dingen die Prävention. Bildung ist dabei der Schlüssel. Und damit meine ich nicht nur Wissen, sondern vor allem Herzensbildung. Bildung packt das Übel an der Wurzel, und man kann damit, glaube ich, nicht früh genug anfangen. Nicht zuletzt für die historisch-politische Bildung der jungen Generation ist es besonders wichtig, so früh wie möglich damit anzufangen, dass wir sie erreichen - dafür Sorge tragen, dass die Saat antisemitischer Hetze in Deutschland nie wieder auf fruchtbaren Boden fällt."
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