Viel allein mit Ängsten und Schuldgefühlen
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43 Kinder werden in Deutschland täglich missbraucht - und das sind nur die statistisch erfassten Fälle. Man müsse diesen Kindern vor allem zuhören, sagt die Sozialarbeiterin Sabine Bresche, und sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung stärken.
Große Missbrauchsfälle wie aktuell der Fall in Münster, die durch die Nachrichten gehen, erschüttern. Und das seien nicht unbedingt Einzelfälle, meinen Experten, die durch den coronabedingten Lockdown obendrein mit einem Anstieg von häuslicher Gewalt rechnen.
Missbrauch von Kindern fange immer dann an, wenn "Kinder zu Handlungen gezwungen werden und dahingehend manipuliert werden", sagt Sabine Bresche. Sie ist Sozialarbeiterin beim Deutschen Kinderschutzbund und dort zuständig für den Bereich Sexueller Missbrauch, Kindeswohl und Häusliche Gewalt.
Strategie von Tätern verstehen
Sie sagt, um zu verstehen, warum viele Fälle von sexuellem Missbrauch unentdeckt blieben, müsse man sich anschauen, was charakteristisch dafür sei.
"Das passiert ja nicht auf einmal, sondern es gibt Täter:innen-Strategien, die man sich genau angucken muss und auf deren Grundlage geguckt wurde, wie muss Präventionsarbeit funktionieren. Und da ist ein wichtiger Punkt, dass es um Geheimhaltung geht", erklärt Bresche.
Das Kind würde unter Druck gesetzt, nichts zu erzählen, ihm werde sogar das Gefühl gegeben, es fände das doch auch "schön". "Das heißt, das Kind ist ganz viel allein mit seinen Gefühlen, Ängsten und Schuldgefühlen", so die Sozialarbeiterin.
Kindern Zuhören
Deswegen sei es wichtig, Kinder in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu stärken, ihnen beizubringen, dass sie Rechte haben, dass sie "Nein" sagen dürfen – und auch was "gute" und was "schlechte" Geheimnisse seien.
"Das sind ganz wichtige Punkte, wo wir Kinder drin unterstützen müssen. Wenn ein Kind sich selber nicht traut, obwohl es sich komisch anfühlt, 'Nein' zu sagen, zu sagen 'Ich will das nicht', dann wird es ganz schwierig für das Kind, möglichen Missbrauchsstrukturen aus dem Weg zu gehen", sagt Bresche.
"Es gibt nicht einfach dieses eine eindeutige Zeichen, was zum Beispiel auf sexuellen Missbrauch hinweist, wir müssen einfach mit dem Kind sprechen. Da sind wir alle als Erwachsene gefordert", so die Sozialarbeiterin.
Wenn man als Erwachsener den Verdacht habe, dass ein Kind missbraucht werden könne oder Opfer von häuslicher Gewalt werde, solle man sich am besten an Beratungsstellen wenden, rät Sabine Bresche. Das geht auch anonym.
(nho)