Kino

Aus Feindschaft wird Freundschaft

Von Camilla Hildebrandt |
Ein Zufall macht aus dem palästinensischen Flüchtlingsjungen Fahed und dem israelischen Kampfpiloten Yoni Weggefährten. Auch in seinem neuen Film geht Eran Riklis auf einfühlsame Weise mit dem Konflikt zwischen Israelis und Arabern um.
- Hey, was machst du hier?
- Lasst ihn in Ruhe!
- Was hast denn du hier zu melden?
- Geh in dein dreckiges Lager zurück, verpiss dich!
- Er hat euch nichts getan!

Beirut 1982. Fahed, zwölf Jahre, lebt zusammen mit seinem Vater und Großvater in einem Camp für palästinensische Flüchtlinge. In der libanesischen Hauptstadt tobt der Bürgerkrieg. Die PLO bombardiert Israel, die israelische Armee rüstet zum Gegenangriff. Für Fahed ist das Alltag. Er verkauft Kaugummis und Zigaretten, schwänzt die Schule und legt sich mit den einheimischen Jugendbanden an.

- Haut ab nach Hause, ihr verdammten Palästinenser, ihr habt hier nichts verloren!

Erst als Faheds Vater bei einem Bombenangriff ums Leben kommt, begreift er, dass die Realität kein Spiel ist. Seine tiefe Verzweiflung und den daraus entstehenden Hass konzentriert er allein auf Yoni, einen Gefangenen der PLO. Als Pilot der israelischen Luftwaffe ist er Faheds Beschimpfungen ausgeliefert.

- Sie werden mich finden, und dann werden sie alles hier platt machen.
- Das ist schon geschehen!
- Zieh ihm die Kapuze über!
- Aber dann kriegt er doch keine Luft!
- Ist doch scheißegal, er ist unser Feind, willst du ihm etwa helfen?
- Ist ja gut, Fahed, reg dich nicht so auf!

Im Film geht es um die Zeit des Libanon-Kriegs, erklärt der Amerikaner Stephen Dorff. Er spielt den Piloten Yoni:

"Aber, auch als ich mich zu den Dreharbeiten mit der Luftwaffe getroffen habe, ging immer wieder der Alarm an. Piloten waren in der Luft, es gab Probleme am Gaza-Streifen, man hörte Raketen. Das hat mir wirklich die Augen geöffnet dort gewesen zu sein, denn die Leute leben in einem ständigen Angstzustand."

Fahed erinnert sich immer wieder an die Geschichten, die ihm über das ehemalige Heimatdorf der Familie erzählt wurden, ein Ort, der heute zu Israel gehört. Und Fahed beschließt: Er muss dieses Dorf finden, um endlich den Olivenbaum einzupflanzen, den sein Vater immer liebevoll gehegt hat. Der einzige, der ihm bei diesem Plan helfen kann, ist der israelische Gefangene. Mit vorgehalter Pistole zwingt er Yoni zu einer wahnwitzigen Reise, bei der sich beide näherkommen. Regisseur Eran Riklis:

"Der Film ist pure Fiktion, aber inspiriert durch Leute, die ich kenne, durch Ereignisse, die stattgefunden haben. Es geht um Emotionen, um eine sehr dunkle Zeit in der Geschichte der Israelis und Araber. Es geht um Religion, Politik, um das Land, das sind so viele Aspekte, die mich als Israeli sofort angesprochen haben. Aber mit 'ich' meine ich auch Brasilianer oder Engländer, die genau das Gleiche fühlen können, denn man kennt diese Geschichte."

"Zaytoun" ist das arabische Wort für Olive, der Ölzweig ein Zeichen des Friedens. So scheint auch der Film gemeint zu sein. Er ist nicht politisch, betont Regisseur Eran Riklis. Es gibt keine Einteilung in Gut und Böse, sondern "Zaytoun" konzentriert sich auf eine fast unmögliche Freundschaft zwischen einem palästinensischen Jungen mit einem Olivenbaum im Rucksack und einem israelischen Kampfpiloten, eine Freundschaft, die schnell an ihre Grenzen gelangt und droht wieder in erbitterte Feindschaft zurückzufallen.

- Stop, Fahed, Stop, nicht bewegen! Weisst du, wo wir hier sind? Das ist ein Minenfeld, bei der kleinsten Berührung gehen die Dinger hoch. Was habe ich eben gesagt?
- Ist mir egal, ich will zu meinem Baum! –
- Hey, es ist nur ein Baum
- Nein, ich will zu meinen Baum!

Natürlich ist das ein sehr explosives Thema, außerdem erzählt von einem palästinensischen Autor, einem israelischen Regisseur und einem englischen Producer. Aber für mich waren immer schon diese Worte wichtig: Ehrlichkeit, Respekt und das sehr alte Wort Liebe. Das sind meine Leitlinien. Und das vierte Wort wäre noch: die Wahrheit erzählen!

- Der Baum gehört meinem Vater, er ist von unserem Land, und bevor er wieder in unsere Heimat zurückkonnte, um ihn einzupflanzen, ist er gestorben, durch eine Bombe.

Fahed und Yoni gelingt es – wenn auch mit großer Anstrengung – die persönlichen Grenzen zu überwinden. Ein beeindruckender Film, den man sich dringend im Original anschauen sollte, denn die verschiedenen Sprachen machen auch die kulturellen Unterschiede noch einmal deutlich. Und ein Regisseur, der schon mit "Lemon Tree" und der "Syrischen Braut" bewiesen hat, dass Sensibilität eine sehr wichtige Eigenschaft ist.

Zaytoun: Israel 2012; Regie: Eran Riklis; Mit Stephen Dorff, Abdallah El Akal; 110 Minuten; ab 12 Jahren
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