Top 5 des Arthouse-Kinos
Autos spielen in fast allen Filmen der Arthouse-Charts in dieser Woche ein wichtige Rolle. So auch in Sebastian Schippers "Victoria", der mittlerweile auf Platz 3 liegt.
Wenn die Arthousecharts in dieser Woche eines sind, dann motorisiert. Auf Platz 5 sitzt ein Hochstapler - auf den ersten Blick: Taxi Teheran.
"Was bin ich ihnen schuldig? Nichts, keine Ursache. Du scheiße. Alter, dann sind sie wirklich kein echter Taxifahrer. Das haben sie ja nun echt ein paar Mal bewiesen."
Ein Regisseur mit Berufsverbot, der sich in ein Taxi setzt und durch seine Heimatstadt Teheran fährt. Im Font des Autos eine Kamera, Menschen steigen ein und wieder aus, lassen sich von ihm sicher durch den Verkehr bringen. Er selbst wird erkannt, bleibt nicht nur Fahrer, sondern wird zum Verbündeten und Berater.
"Herr Panahi, um ehrlich zu sein, ich bin etwas überfordert. Ich weiß gar nicht für was ich mich entscheiden soll. Herr Panahi. Die meisten Klassiker kenn ich mittlerweile auswendig, aber welche von den neuen Filmen sind denn wirklich lohnenswert? Sagen Sie mal? Jeder Film lohnt sich erstmal gesehen zu werden. Alles andere kommt natürlich auf den Geschmack an..."
Geschmack kann sich mit der Zeit auch verändern, eine Tatsache, die Wendy auf Platz 4 in Learning to Drive erlebt.
Fahrstunden fürs Leben ist der Untertitel. Nach 21 Jahren Ehe ist sie von ihrem Mann verlassen worden. Aber mann- und führerscheinlos – da will sie zumindest eine Sache ändern.
"Wer ist das? Dawan Sintur, Sie haben jetzt eine Fahrstunde. Ich hab es total vergessen."
Ben Kingsley mit Turban und Akzent gibt als indischer Taxifahrer Patricia Clarkson Fahrstunden.
"Zuerst bitte anschnallen. Die erste Stufe aktiviert die Stromversorgung im Wagen. Die zweite. Motorengeräusch. Als nächstes beachten Sie drei Spiegel. Die Rückspiegel links und rechts. Ich muss das wirklich nicht lernen."
Erinnern Sie sich noch an En-Ra-Ha und Sally Hawkins in Happy Go Lucky? So nervtötend wie damals ist die Protagonistin hier zum Glück nicht. Dafür aber kommt - Sie ahnen es – die völkerverständigende "Aus dem Leben Lernen"-Keule.
"Ich habe nie gelernt zu kochen, weil ich dachte, meine Mutter würde mich ewig bekochen. Doch auf einmal lag die halbe Welt zwischen uns und jetzt koch ich mein eigenes Essen. Und die Pointe? Keine Pointe."
Platz 3 hat da fast schon eine tragische Pointe. Der deutsche Überfilm des Jahres: Victoria von Sebastian Schipper
Wird nicht unser Oscarkandidat für 2016. Wegen der englischen Dialoge wurde er von der Jury noch nicht einmal diskutiert.
"I don't speak German. What are you doing now? I am leaving. Irgendwann gehört der Club uns. Whats your Name? Victoria. Mine is Sonne. Nice to meet you. Thats Boxer. Thats Blinker. You are Berlin-Guys. I show you our World."
Statt ins New Yorker Yellow Cab steigen Victoria und Sonne am Ende in ein deutsches Taxi, Farbe Hell-Elfenbein. Hätte die Academy vielleicht auch überfordert.
Platz 2: Broadway Therapy von Peter Bogdanovich
Eine Screwballkomödie im Geiste von Ernst Lubitsch und Woody Allen, bei der jede Pointe sitzt. Ein Film über die absurden Irrungen und Wirrungen des Großstadtlebens in New York. Natürlich landen zwei der Figuren irgendwann in einem Taxi und machen das, was die weiße New Yorker Oberschicht wohl am besten kann: Sie reden belanglos von sich selbst
"Ich hab die falschen Bagels gekriegt. Ich wollte welche mit Mohn... Du hast heute echt eine lausige Laune. Ich wollte mit Haferflocken."
Während auf der Rückbank nun also heftig diskutiert wird, macht der Taxifahrer das einzig logische.
"Wo ist denn der Fahrer? Ist das der? Ja, das ist er. Wo will er hin? Jetzt steigt er in das Taxi da ein. Das ist das erste was ich je gesehen habe. Haben wir was Falsches gesagt? Ja wahrscheinlich."
Die Ignoranz der Fahrgäste ist symptomatisch für einen wunderbar belanglosen wie herrlichen Film.
Platz 1: Der Sommer mit Mama von Anna Muylaert
Ist – so leid es uns tut – der einzige Film ohne Taxi. Das PS-stärkste Gefährt ist ein Staubsauger, denn die Hauptfigur Val arbeitet schon seit Jahren bei einer wohlhabenden Familie in Sao Paolo als Haushälterin. Eines Tages kommt ihre Tochter zu Besuch, sie haben sich seit über zehn Jahren nicht gesehen, das Mädchen hat sie damals als sie in die Stadt kam bei einer Freundin zurückgelassen. Vom Flughafen holt sie sie mit dem Bus ab.
"Und wie lange dauert es noch, bis wir da sind? Zehn Minuten. Sie sind schon total aufgeregt, weil sie Dich endlich kennenlernen. Wer sie? Frau Barbara, Dr. Carlos, Fabio, eben alle. Wir verabreden das mal irgendwann und gehen dann da vorbei. Nein, ist nicht mehr weit. Ich wohne doch dort."
Sommer mit Mama erzählt warmherzig vom gesellschaftlichen Wandel in Brasilien. Denn wer braucht schon ein Taxi, wenn er auch das erste Mal in seinem Leben in einem Pool stehen kann.
"Rate mal wo ich gerade bin. Hörst du das? Ich bin im Pool. Wasserplatschen. Ja, Lacher."