Top Five der Arthouse-Filme
Ein wunderbar leises Melodram um eine irische Einwanderin ist "Brooklyn" von Regisseur John Crowley geworden. Wie alle Filme unserer Bestsellerliste basiert auch der Film auf einer Roman-Vorlage.
"Unsere Bibliothek ist unsere Kirche und das hier sind die Sakramente. Originalausgaben der bedeutendsten Druckwerke aller Zeiten: Beowulf, Hamlet, die Gutenbergbibel."
Da hätten wir schon das erste Stichwort dieser Kolumne. Aber einmal müssen wir schummeln, und zwar auf
Platz fünf
"Das ist mein Vater. Das ist Gott. Schon vor der Erschaffung der Welt hat mein Vater sich gelangweilt. Und so schuf er Brüssel."
Jaco van Dormels: "Das brandneue Testament"
Basiert natürlich nicht auf der Bibel. Aber die Heilige Schrift ist die Grundlage für diese bitterböse Satire über Gott und seine Tochter, die durch eine Waschmaschine aus der Wohnung flieht, sich selbst sechs Apostel anlacht und dank der Inspiration von Jesus quasi die Fortsetzung der Bibel schreibt.
"Du schreibst ein brandneues Testament. Ein brandneues Testament, in dem die Apostel über sich selbst sprechen."
Und die Reaktion Gottes? Wie die von jedem Künstler, der recycelt wird: Er ist stinksauer.
"Du kommst mit nach Hause und startest den Computer neu. Du machst mir keine Angst."
Platz vier
hat eine sehr prominente Romanvorlage
"Die dunkle Seite des Mondes"
von Martin Suter. Und genauso heißt auch der Film
von Stephan Rick
über einen Staranwalt, einen schlechten Drogentrip
"Die Dinger sehen schrumpelig aus und schmecken Scheiße. Aber die Wirkung ist magnifique."
und eben die dunkle Seite seiner Persönlichkeit.
"Ich hab meine Hemmschwelle verloren. Ich mach Dinge, ohne zu zögern, ohne Nachzudenken. Dinge, die ich vorher nie getan hätte. Das ist doch nichts Schlechtes. Ich versuch dir zu erklären, dass es mir Scheiße geht."
Der Film ist Teil der "neurologischen Trilogie", eine Kriminalreihe über Persönlichkeitsveränderungen mit gesellschaftskritischem Ansatz. Ganz schön viel für nur drei Bücher. Und eben auch für diesen Film.
Platz drei
hat gleich zwei große Autoren vorzuweisen. Da ist einmal die Auswanderersaga
"Brooklyn"
von Colm Toibin.
"Heimweh ist genau wie eine Krankheit. Man fühlt sich hundeelend und irgendwann geht sie zu jemand anders."
Und dann ist da dieses wunderbar leise Melodram
"Brooklyn – Eine Liebe zwischen zwei Welten" von John Crowley
nach einem Drehbuch von Nick Hornby. Schon mit seinen letzten beiden Drehbüchern hat der britische Kultautor ein Gespür für die Sehnsüchte junger Frauen bewiesen. Nach "An Education" und "Wild – Der große Trip" legt er diesmal der irischen Einwanderin Eilis ganz wunderbare Worte in den Mund.
"Wir brauchen irische Mädchen in Brooklyn. Ich wünschte nur, dass ich nicht mehr ein irisches Mädchen in Irland sein will."
Dabei sind es nicht nur die Dialoge, sondern auch der Blick von Hauptdarstellerin Saoirse Ronan, in dem tausend Gefühle zusammenkommen. Zu einer Zeit, in der Brooklyn noch der Arbeiterklasse und nicht den Hipstern gehörte.
"Ihr habt auch in Brooklyn Strände. Ja, aber die sind ziemlich überfüllt. Ein paar Spaziergänger werden nachher noch auftauchen. Ja, aber das ist dennoch nicht dasselbe. Sicher nicht."
Auf
Platz zwei
geht es auch um die Liebe – um die Liebe zwischen zwei Menschen, die wie füreinander geschaffen sind.
"Wir tranken Kaffee zusammen. Und dann hat er mich geküsst. Es war ganz seltsam. Es war als küsste ich mich selbst."
"The Danish Girl" von Tom Hooper
erzählt die Geschichte von Einar Wegener beziehungsweise Lili Elbe, der ersten Transgender-Frau, die sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterzog.
"Darf ich vorstellen: Das ist Lili. Stimmt genau."
Schon in den Neunzigern stieß der Romanautor David Ebershoff auf die Tagebücher von Lili Elbe und nahm sie als Grundlage für seinen Roman "Das dänische Mädchen". Dabei geht es nicht nur darum, wie es ist, im falschen Körper zu stecken, sondern auch um die bedingungslose Liebe zwischen zwei Menschen.
"Ich will mit meinem Mann sprechen. Ich will ihn einfach in den Arm nehmen. Ich brauche ihn. Kannst du ihn nicht einfach holen. Kannst du es nicht wenigstens versuchen. Nein, tut mir leid."
Ob
Platz eins
wirklich einen Roman als Vorlage hat oder eher der Phantasie eines drehbuchschreibenden Kalenderspruchautors entspringt, lassen wir einfach mal offen
"Es heißt dieser Weg ist ein Weg der Erleuchtung. Aber eine Garantie gibt es nicht."
"Ich bin dann mal weg" von Julia von Heinz
basiert natürlich auf den Jakobsweg-Memoiren von Hape Kerkeling. Monatelang stand das Buch 2006 auf Platz eins der Sachbuch-Bestsellerliste, der Jakobsweg wurde mit einer deutschen Touristenwelle überrollt. Der "Kerkeling-Effekt" heißt dieser Boom mittlerweile.
"Hier suchen also jedes Jahr zahllose Menschen nach Antworten. Ich persönlich suche noch nach der passenden Frage."
Ob auch der Film monatelang auf Platz Eins der Arthouse-Charts stehen wird? Das weiß vermutlich nur der liebe Gott. Und den hatten wir ja, falls Sie sich erinnern, am Anfang schon.