"Das wird niemals klappen!"
Mit Plakaten, auf dem die Schauspieler wie Pornodarsteller aussehen, wird Lars von Triers Sexsucht-Film "Nymphomaniac“ angepriesen. Verantwortlich für die Kampagne ist die Produzentin Louise Vesth, die während der Berlinale bereitwillig darüber informierte.
Es schneeregnet in einen engen Hinterhof, auf eine am Boden liegende, blutende Frau, dazu dröhnt Rammstein. Ein älterer Herr findet die Frau und nimmt sie mit zu sich. Auf eine Tasse Tee. Und: auf eine Lebensbeichte. So beginnt Lars von Triers neuer Film. Die Frau, gespielt von Charlotte Gainsbourg, schildert ihr Leben als
"Nymphomaniac“
, als Sexsüchtige. In so einem Film gibt es – klar – Sex. Seiner Produzentin Louise Vesth hat der Regisseur dieses Projekt in einer frühen Planungsphase folgendermaßen umrissen:
"Lars sagte zu mir: Ich mache als nächstes einen Porno. Und zwar einen sehr sehr langen. Und ich hab gesagt: Okay, damit lässt sich arbeiten."
Louise Vesth trägt enge schwarze Jeans, eine graue Strickjacke, keinen Schmuck. Die 40-jährige Dänin hat Wirtschaftswissenschaften studiert, bevor sie ins Filmgeschäft gegangen ist. Seit "Melancholia" arbeitet sie als Produzentin für Lars von Trier – und überlässt auch die Vermarktung ungern anderen. Der Regisseur, der Frauen in seinen Filmen leiden und büßen lässt, hat eine kühl-kalkulierende Geschäftsfrau für den Verkauf seiner Arbeit angeheuert. "Okay, ich bin ein Nazi“ - mit diesem Satz hat von Trier 2011 in Cannes provoziert. Danach war klar, dass er noch viel mehr als zuvor mit dem Attribut "Skandal“-Regisseur versehen würde. Vesth wollte das unbedingt in ihre Kampagne zum neuen Film einbeziehen:
"Wir waren in einer Situation, in der wir viel aggressiver auf die Marke Lars von Trier eingehen konnten."
Marketing-Strategie für ein Sexthema
Der Regisseur als Marke. Dieser Vorsatz wurde ironisch umgesetzt. Wie, das zeigt ein Plakat zum Film: Wir sehen die Hauptdarsteller von "Nymphomaniac" als Akteure eines Pornodrehs. Ein Assistent hält Kleenex-Tücher bereit. Lars von Trier steht am Rand und knipst ein Bild mit dem Handy. Sein Mund ist zugeklebt – als Verweis auf die Provokation in Cannes. Louise Vesth hat zu Beginn ihrer Karriere Familien- und Kinderfilme produziert. Für "Nymphomaniac" musste eine andere Marketing-Strategie her – eine, die aufs Thema Sex abhebt.
Der Regisseur als Marke. Dieser Vorsatz wurde ironisch umgesetzt. Wie, das zeigt ein Plakat zum Film: Wir sehen die Hauptdarsteller von "Nymphomaniac" als Akteure eines Pornodrehs. Ein Assistent hält Kleenex-Tücher bereit. Lars von Trier steht am Rand und knipst ein Bild mit dem Handy. Sein Mund ist zugeklebt – als Verweis auf die Provokation in Cannes. Louise Vesth hat zu Beginn ihrer Karriere Familien- und Kinderfilme produziert. Für "Nymphomaniac" musste eine andere Marketing-Strategie her – eine, die aufs Thema Sex abhebt.
"Ich kenne mich mit Pornos nicht so gut aus. Aber was ich weiß, ist, dass sie sich gut kommunizieren lassen. Jeder weiß, worum es geht."
Der Stil der Kampagne sollte provokativ sein, auch humorvoll und ebenso schlicht wie ikonisch. Das O in Nymph()maniac wurde mit den Zeichen Klammer auf, Klammer zu ersetzt. Worin viele im ersten Moment was anderes zu erkennen glauben, als nur Satzzeichen. Und dann, so Vesth, hatte ein Kollege die zündende Idee. Er schlug ihr folgendes vor:
"Ich will jeden Filmcharakter beim Orgasmus – wie auf dem Höhepunkt - fotografieren. Als ich das zum ersten Mal gehört hab, hab ich gesagt: Weißt du was? Das ist eine großartige Idee! Und weißt Du noch was? Das wird niemals klappen!"
Gratiswerbung für den Film
Kein Agent und kaum ein Schauspieler wäre ohne Weiteres zu solchen "orgasm shots“ zu bewegen, so die Befürchtung. Aber dann ließen sie sich doch davon überzeugen. Eine clevere Kampagne: der Sex steht Charlotte Gainsbourg, Willem Dafoe, Stellan Skarsgard ins Gesicht geschrieben – ohne dass auch nur eine Brustwarze zu sehen wäre. In Kopenhagen wurden diese Poster überlebensgroß an Plakatwände geklebt – auf der Kreuzung davor gab es laut Vesth massenhaft Unfälle. Die Berichterstattung darüber wirkte als Gratiswerbung für den Film.
Übrigens werden sämtliche Darsteller in "orgasm-shots“ gezeigt – ganz egal, ob sie in ihrer Rolle Sex haben oder nicht. Geschenkt, meint Louise Vesth, Hauptsache Aufmerksamkeit. Allerdings gibt sie zu, dass nicht alle Schauspieler voller Überzeugung mitgemacht haben:
"Man sieht sofort, wer direkt zugesagt hat und auch, wer nicht so mutig war."
Uma Thurman zählt wohl zur zweiten Kategorie. Das Plakat zeigt sie mit anmutig zerwuscheltem Haar, geschlossenen Augen und sanftem Gesichtsausdruck, so als würde sie für Shampoo oder Lidschatten werben. Oder, in Vesths Worten:
"It’s a beauty shot, right."
Dazu kam virales Marketing. Vorab-Clips wurden peu à peu über einen langen Zeitraum lanciert. Auf Youtube wurden diese Videos jeweils nach wenigen Stunden gelöscht - wegen der Sexszenen. Über diese Zensur berichteten Blogs und Zeitungen - und wieder stiegen die Zugriffe auf die Website zum Film. Knapp 80.000 Likes hat die Facebook-Seite aktuell. Die Fans adaptierten die Marketingsprache, bauten "orgasm shots“ von Muppets-Charakteren nach und stellten sie ins Netz. "Miss Piggy“ auf dem Höhepunkt – die Vorab-Vermarktung von "Nymphomaniac" ist schon mal ganz gut geglückt.