Kino-Kolumne Top Five

Clint Eastwoods Rächer

Anthony Sadler in "The 15:17 to Paris" (2018)
Wahre Eastwood-Helden: Anthony Sadler in "The 15:17 to Paris" (2018) © imdb
Von Hartwig Tegeler |
Die drei US-Amerikaner, die im August 2015 den Terroristen im Thalys-Zug nach Paris überwältigten, fügen sich wunderbar in das Helden-Schema von Clint Eastwood. Deshalb hat er auch einen Film über sie gedreht. Wer waren die anderen Eastwood-Rächer?
Sie waren die "Helden des Thalys", die drei US-Amerikaner, die den mutmaßlichen Terroristen im Thalys-Zug 9364 von Amsterdam nach Paris im August 2015 überwältigten. Und damit waren sie natürlich Männer, die sich auch in das Kino-Helden-Schema von Clint Eastwood wunderbar einfügten. Dessen neuer Film heißt "The 15:17 to Paris" ("Der 15:17er nach Paris"), in dem Eastwood die Geschichte erzählt und die drei realen Retter sich selbst spielen lässt.
Was natürlich gut in eine Zeit passt, in der ein US-Präsident Tweets absetzt, die klingen, als möchte es einer der Welt wie ein Eastwood-Held besorgen.
Platz 5: Der Texaner (1975)
Rache ist natürlich im Western generell der beste Grund, ballernd durchs Land zu reiten, um am Ende dem Mörder von Frau und Kind den Säbel in den Leib zu rammen. Auf dem Weg nach Texas reiht der Ex-Farmer Josey Welles eine illustre Schar von Gefährten um sich, die er rettet durch alle Gefahren hindurch. Ein Held mit multikultureller Ersatzfamilie. So viel Gefühl darf sein. Am Ende, wenn die Leichen nicht mehr zu zählen sind, ist der Held offensichtlich müde, wenn er sagt, dass der Krieg – hier der US-amerikanische Bürgerkrieg - "uns alle einen Teil unseres Lebens gekostet hat". Muss der Mann durch. Und auf zum nächsten Krieg, in dem sich der Mann dann doch wieder beweisen kann, muss und darf.
Platz 4: Dirty Harry kommt zurück (1983)
Auch jenseits der texanischen Weiten, in San Francisco, gibt es viel zu säubern im Großstadtdschungel für die 45er Magnum. Teil vier der fünfteiligen Reihe über den Cop, in der Clint Eastwood den nicht nur spielte, sondern auch auf dem Regiestuhl saß. Recht und Gesetz? Pah! Am Ende zählt für den All American Hero in der Ausführung des durchgeknallten Cop mit der Mega-Wumme nur das Ergebnis. Egal, wie hoch der Leichenberg ist. Wegräumen. Säubern.
Platz 3: Gran Torino (2008)
Im Showdown bekommt der griesgrämige Misanthrop, Koreakriegsveteran und Rassist, der nach dem Tod seiner Frau nur noch den alten Ford "Gran Torino" liebt, nachdem er den asiatischen Jungen von nebenan gegen die asiatische Gang von gegenüber gerettet hat, also: Walt Kowalski bekommt am Ende einen Heiligenschein, wenn er sich opfert, indem er eine imaginäre Knarre zieht, woraufhin die Gangmitglieder ihn erstens durchlöchern, aber zweitens dafür in den Knast gehen und so der Frieden in der Community endlich Einzug halten kann. Dieser Held, der irgendwie auch eine Variante von "Dirty Harry" ist, allerdings mit leerem Magazin, hat am Ende gar Jesus-Qualitäten. Junge! Junge!
Platz 2: Sully (2016)
"A true story". Echt passiert! Besseres kann dem Eastwoodschen Kino-Heldenlied nicht geschehen. Dem Flugkapitän "Sully" Sullenberger gelingt die Notlandung auf dem New Yorker Hudson-River. Der Film "Sully" lebt quasi in seinem Unterstrom von Nine-Eleven-Bildern. Diese Assoziationskette bedient Clint Eastwood mit Sullys Albträumen, in denen das Flugzeug in einen Wolkenkratzer des Big Apple kracht. Wenn Tom Hanks als Flugkapitän mit hartem Schnitt dann aus dem Alb erwacht, wird klar, was an dieser realen Person, hier fiktionalisierten Figur interessiert, ebenso wie an dem Scharfschützen in "American Sniper" oder den drei US-Jungs im französischen Hochgeschwindigkeitszug im aktuellen The-15:17-to-Paris-Film: Alle sind mutige Männer, Vorbilder, und sie haben zu sein: ein Labsal für die traumatisierten, amerikanische Seelen. Zu allen Zeiten der Job des American Hero. Selbstredend ohne Rücksicht auf Verluste.
Platz 1: Absolute Power (1997)
Wenn danach offensichtlich so großer Bedarf besteht, wenn sich der Held gar gegen das heruntergekommene Establishment in Washington wehren muss, da gibt es dann kein Verzeihen und Vergeben. Gerade, wenn er die Familie schützen muss. Also rammt Clint Eastwood als Meisterdieb in Absolute Power dem üblen Secret-Service-Agenten, der seinerseits seine Tochter im Auftrag des Präsidenten liquidieren wollte, die Nadel mit dem tödlichen Gift in die Halsschlagader. Gnade? Keine Chance. In "Absolute Power" erzählt Clint Eastwood, was er immer am liebsten erzählte: Der individuelle Held rettet das Land, die Gemeinschaft die Familie. Im Kino. Aber auch in der Realität? Gegen den Albtraum einer solchen Vorstellung helfen auch all die Geigen im Abspann nichts.