Der charmante Mr. Murray
Zu jeder Berlinale gehören natürlich auch die Interviews mit den Stars, die mal launisch, mal lustig und manchmal auch recht unerwartet sein können. Filmkritikerin Anna Wollner mit ihrer persönlichen Bestenliste von Steven Soderbergh über Sandra Hüller bis zu Bill Murray.
Platz 5: Steven Soderbergh und die Ruhe
Normalerweise sind Interviews auf der Berlinale zwischen zehn und 15 Minuten lang. Allerdings nicht bei Steven Soderbergh, denn der "Unsane"-Regisseur macht es nicht unter 45.
Soderberg: "How is it going. How are you…"
Auf die Minute pünktlich setzt er sich an den Tisch und legt los. Keine Antwort unter fünf Minuten, auf Redeschwall folgt Redeschwall. Dabei ist es am Set, so erzählt er es jedenfalls, immer total leise.
"Sie wären überrascht, wie wenig ich am Set rede. Ich versuche immer die Stimmung einzufangen. Und wenn man viel redet, hört man eben nicht zu."
Das meiste macht er mit sich selbst aus.
"Als Regisseur, Kameramann und Kameraassistent in Personalunion finden die meisten Gespräche eben bei mir im Kopf statt. Aber bekommen Sie jetzt keinen falschen Eindruck: Meine Sets sind keine Kirche in der niemand reden darf."
Steven Soderbergh im Interview ist wie ein Prediger im Gottesdienst. Amen.
Platz 4: Rupert Everett entdeckt Familiengeheimnisse
Über zehn Jahre hat Rupert Everett gebraucht um sein Regiedebüt "The Happy Prince" über die letzten Lebensmonate von Oscar Wilde auf die Beine zu stellen. Genug Zeit für Recherche und absurde Familiengeschichten auszugraben. Immer im Zusammenhang mit Wilde.
Everett: "Meine Tante war das schwarze Schaf der Familie, hat zu viel getrunken und niemand mochte sie. Es gab aber das Gerücht, dass sie Oscar Wilde gekannt haben soll. Ich fand das absurd und wollte es nicht glauben. Bis ich Oscar Wildes Enkel kennengelernt habe. Ich habe ihn bei unserem zweiten Treffen vorsichtig danach gefragt, ob der Name Peter Everett ihm was sage. Er wurde ganz blass und sagte: Peter Everett hat dafür gesorgt, dass ich meinen Vater ein letztes Mal lebend sah."
Seine Tante Peter war mit der Frau des Sohnes von Oscar Wilde befreundet, die wiederum für das Make-Up der Queen zuständig war. Jeden Sonntag trafen sich die beiden Damen zum Gläserrücken. Eine so absurde Geschichte, dass die Story für Everetts nächsten Film eigentlich schon gesetzt ist.
Platz 3: Daniel Brühl und der Tod
Sich selbst auf der Leinwand sterben sehen, ist für Schauspieler immer schwierig. In "7 Tage in Entebbe" wird Daniel Brühl als Terrorist Winfried Böse von einem israelischen Befreiungskommando erschossen. Nicht sein erster Leinwandtod. Denn den hat er einem anderen zu verdanken.
Brühl: "Tarantino. Und zwar zu Ennio Morricone. Was ich ja toll fand. Hab ich mich damals bei Quentin bedankt. Einen schöneren Tod werde ich nicht haben. Vielleicht wenn ich das im Griff haben sollte, und mal wirklich ins Grass beiße, werde ich vielleicht nochmal ein Ennio Morricone auflegen."
Hoffentlich lässt er sich damit noch ein bisschen Zeit.
Platz 2: Peter Kurth und Sandra Hüller fahren Gabelstapler
Was für ein poetisches Gabelstaplerballett in "In den Gängen" von Franz Rogowski, Sandra Hüller und Peter Kurth – die alle drei den Führerschein für Flurfördergeräte machen mussten.
Hüller: "Es waren ja echte Waren, mit denen wir da jonglieren durften und das Geräusch von seiner Palette im dritten Stock, wenn da Flaschen drin sind, das ist sehr unangenehm, wenn das anfängt zu wackeln."
Die Herren allerdings nahmen es richtig ernst.
Kurt: "Der Wettbewerb fand statt. Vor allem wenn es dann noch Generationsübergreifend ist."
Und wer hat gewonnen?
Und wer hat gewonnen?
Kurt: "Das muss man dann sehen. Ich glaube da haben wir beide eine unterschiedliche Meinung, der Franz und ich."
Platz 1: Bill Murray und die Wasserflasche
War Steven Soderbergh pünktlich auf die Minute, kam Bill Murray 15 zu spät. Mit seiner Schlaghose, dem ausgewaschenen T-Shirt und der khakifarbenen Weste sah er aus, als käme er gerade von einem Angeltrip und ist dann auch noch überrascht, dass wir auf ihn gewartet haben.
Murray: "Wow. If one of you were late, I certainly wouldn’t pick you out. I would say, someone is kind of having a relaxed festival. I was in my room, trying to think about packing. Thank you very much. I am Bill. Hi."
Er sei schon am Packen gewesen erzählt er, habe die Zeit vergessen, reicht jedem Journalisten die Hand und stellt sich vor. Eine unachtsame Bewegung später wirft er eine Wasserflasche um.
"Now I kicked that bottle over."
Sie kullert unter den Tisch und Murray, mittlerweile mit klitschnasser Hose im Schritt, krabbelt hinterher.
"The entire bottle on my chair. Anybody got a towel?"
Ein Handtuch für Bill Murray? Das hatte ich dummerweise nicht dabei. Beim nächsten Mal dann!