Kino-Kolumne Top Five

Der charmante Mr. Murray

Schauspieler Bill Murray
Schauspieler Bill Murray auf der Berlinale 2018. © picture alliance/dpa/Foto: Maurizio Gambarini
Von Anna Wollner |
Zu jeder Berlinale gehören natürlich auch die Interviews mit den Stars, die mal launisch, mal lustig und manchmal auch recht unerwartet sein können. Filmkritikerin Anna Wollner mit ihrer persönlichen Bestenliste von Steven Soderbergh über Sandra Hüller bis zu Bill Murray.

Platz 5: Steven Soderbergh und die Ruhe

Normalerweise sind Interviews auf der Berlinale zwischen zehn und 15 Minuten lang. Allerdings nicht bei Steven Soderbergh, denn der "Unsane"-Regisseur macht es nicht unter 45.
Soderberg: "How is it going. How are you…"
Auf die Minute pünktlich setzt er sich an den Tisch und legt los. Keine Antwort unter fünf Minuten, auf Redeschwall folgt Redeschwall. Dabei ist es am Set, so erzählt er es jedenfalls, immer total leise.
"Sie wären überrascht, wie wenig ich am Set rede. Ich versuche immer die Stimmung einzufangen. Und wenn man viel redet, hört man eben nicht zu."
Das meiste macht er mit sich selbst aus.
"Als Regisseur, Kameramann und Kameraassistent in Personalunion finden die meisten Gespräche eben bei mir im Kopf statt. Aber bekommen Sie jetzt keinen falschen Eindruck: Meine Sets sind keine Kirche in der niemand reden darf."
Steven Soderbergh im Interview ist wie ein Prediger im Gottesdienst. Amen.

Steven Soderbergh und Claire Foy
Regisseur Steven Soderbergh und Schauspielerin Claire Foy stellen auf der Berlinale den Film "Unsane" vor. © picture alliance/dpa/Foto: Hubert Boesl

Platz 4: Rupert Everett entdeckt Familiengeheimnisse

Über zehn Jahre hat Rupert Everett gebraucht um sein Regiedebüt "The Happy Prince" über die letzten Lebensmonate von Oscar Wilde auf die Beine zu stellen. Genug Zeit für Recherche und absurde Familiengeschichten auszugraben. Immer im Zusammenhang mit Wilde.
Everett: "Meine Tante war das schwarze Schaf der Familie, hat zu viel getrunken und niemand mochte sie. Es gab aber das Gerücht, dass sie Oscar Wilde gekannt haben soll. Ich fand das absurd und wollte es nicht glauben. Bis ich Oscar Wildes Enkel kennengelernt habe. Ich habe ihn bei unserem zweiten Treffen vorsichtig danach gefragt, ob der Name Peter Everett ihm was sage. Er wurde ganz blass und sagte: Peter Everett hat dafür gesorgt, dass ich meinen Vater ein letztes Mal lebend sah."
Seine Tante Peter war mit der Frau des Sohnes von Oscar Wilde befreundet, die wiederum für das Make-Up der Queen zuständig war. Jeden Sonntag trafen sich die beiden Damen zum Gläserrücken. Eine so absurde Geschichte, dass die Story für Everetts nächsten Film eigentlich schon gesetzt ist.

Regisseur Rupert Everett 
Regisseur Rupert Everett während der Pressekonferenz zu seinem Film "The Happy Prince".© picture alliance/dpa/Foto: Ekaterina Chesnokova

Platz 3: Daniel Brühl und der Tod

Sich selbst auf der Leinwand sterben sehen, ist für Schauspieler immer schwierig. In "7 Tage in Entebbe" wird Daniel Brühl als Terrorist Winfried Böse von einem israelischen Befreiungskommando erschossen. Nicht sein erster Leinwandtod. Denn den hat er einem anderen zu verdanken.
Brühl: "Tarantino. Und zwar zu Ennio Morricone. Was ich ja toll fand. Hab ich mich damals bei Quentin bedankt. Einen schöneren Tod werde ich nicht haben. Vielleicht wenn ich das im Griff haben sollte, und mal wirklich ins Grass beiße, werde ich vielleicht nochmal ein Ennio Morricone auflegen."
Hoffentlich lässt er sich damit noch ein bisschen Zeit.

Daniel Brühl in "7 Tage in Entebbe" 
Daniel Brühl, hier mit Schauspielerin Rosamund Pike, spielt in "7 Tage in Entebbe" den Terroristen Winfried Böse.© imago/ZUMA Press/FocusxFeatures

Platz 2: Peter Kurth und Sandra Hüller fahren Gabelstapler

Was für ein poetisches Gabelstaplerballett in "In den Gängen" von Franz Rogowski, Sandra Hüller und Peter Kurth – die alle drei den Führerschein für Flurfördergeräte machen mussten.
Hüller: "Es waren ja echte Waren, mit denen wir da jonglieren durften und das Geräusch von seiner Palette im dritten Stock, wenn da Flaschen drin sind, das ist sehr unangenehm, wenn das anfängt zu wackeln."
Die Herren allerdings nahmen es richtig ernst.
Kurt: "Der Wettbewerb fand statt. Vor allem wenn es dann noch Generationsübergreifend ist."
Und wer hat gewonnen?
Kurt: "Das muss man dann sehen. Ich glaube da haben wir beide eine unterschiedliche Meinung, der Franz und ich."

Sandra Hüller und Franz Rogowski in dem Film "In den Gängen", der auf der Berlinale im Wettbewerb läuft.
Sandra Hüller und Franz Rogowski in dem Film "In den Gängen", der auf der Berlinale im Wettbewerb läuft.© Sommerhaus Filmproduktion / Anke Neugebauer

Platz 1: Bill Murray und die Wasserflasche

War Steven Soderbergh pünktlich auf die Minute, kam Bill Murray 15 zu spät. Mit seiner Schlaghose, dem ausgewaschenen T-Shirt und der khakifarbenen Weste sah er aus, als käme er gerade von einem Angeltrip und ist dann auch noch überrascht, dass wir auf ihn gewartet haben.
Murray: "Wow. If one of you were late, I certainly wouldn’t pick you out. I would say, someone is kind of having a relaxed festival. I was in my room, trying to think about packing. Thank you very much. I am Bill. Hi."
Er sei schon am Packen gewesen erzählt er, habe die Zeit vergessen, reicht jedem Journalisten die Hand und stellt sich vor. Eine unachtsame Bewegung später wirft er eine Wasserflasche um.
"Now I kicked that bottle over."
Sie kullert unter den Tisch und Murray, mittlerweile mit klitschnasser Hose im Schritt, krabbelt hinterher.
"The entire bottle on my chair. Anybody got a towel?"
Ein Handtuch für Bill Murray? Das hatte ich dummerweise nicht dabei. Beim nächsten Mal dann!