Die Peitsche: Ein schmerzhaftes Spielzeug
Kommende Woche kommt "Fifty Shades of Grey", der dritte Streich, in die Kinos. Und rückt einmal mehr ein unverzichtbares Fetisch der Filmgeschichte in den Mittelpunkt: die Peitsche - menschenverachtend, brutal, aber auch hilfreich. Indiana Jones ohne seine Helferin in der Not? Unvorstellbar!
Platz 5: "Indiana Jones - Teil 1 bis 4 von Stephen Spielberg (1981-2009)
Bei der Peitsche sollte man nicht vergessen, dass sie beim Einsatz von Geschicklichkeit gar zu einem universellen Werkzeug werden kann. Die Kulturgeschichte der Peitsche als Werkzeug. Ich zähle auf: Indie kann sich mit seiner Bullenpeitsche über Abgründe schwingen, wenn er sie um einen höher liegenden Baum wirft. Kann bösen Buben glühende Mörderwerkzeuge aus der Hand schlagen, kann andere Gauner auf Distanz halten. Wahlweise die Peitsche als Steighilfe an dorischen Säulen nutzen. Oder sich hinter einem Laster hinterher schleifen lassen. Und um einen Ventilator gewickelt, hat sich auch schon manch böser Gegenspieler mit diesem ledernen wie knallenden Ding selbst gerichtet.
Platz 4: "Belle de Jour - Schöne des Tages" von Louis Buñuel (1967)
Für Séverine - Catherine Deneuve - werden die Peitschen der Kutscher am Anfang zum Fetisch ihrer sado-masochistischen Tagträume. Nach der Auspeitschung - erste Szene - beginnt Buñuels böse Analyse der Pathologie der bürgerlichen Gesellschaft, ihrer Formen von Ehe, Lust, Obsession. Träume - Wunsch- oder Albträume - und Realität vermischen sich unentwirrbar in dieser Erzählung. Die Peitschen am Anfang sind Türöffner für Abgründe. Der Evangelische Filmbeobachter schrieb 1967 zu Buñuels grandiosem Film: "Nur für Erwachsene möglich!" Mit Ausrufezeichen. Na denn!
Platz 3: "Die Passion Christi" von Mel Gibson (2004)
Eine Viertelstunde dauert die Geißelung von Jesus in diesem religiösem Gewaltporno. Nach den Gerten nutzen die Soldaten eine Art neunschwänzige Katze. Die Peitsche als Folterinstrument. Mel Gibson bestand nach der Kritik an diesem Film darauf, Jesu´ Leiden authentisch dargestellt zu haben. Kritiker beharrten darauf, dass der später gefallene Superstar Gibson vor allem die eigene Gewaltbesessenheit authentisch pflegte.
Platz 2: "Ein Fremder ohne Namen" von Clint Eastwood (1973)
Durch die flirrende Hitze kommt der Fremde auf seinem Schimmel in die Stadt galoppiert. Wie aus dem Nichts. In der Stadt rächt der Namenlose - namenlos bis zur letzten Szene - seinen Bruder. Das mit dem Bruder gibt es nicht in der Originalfassung. Die ist viel mysteriöser; Clint Eastwood scheint als dunkler Racheengel, der den eigenen Tod rächt. Der Marshall der Stadt, den die feigen Bewohner der Stadt angestellt hatten, wurde von drei Revolverhelden mit Bullenpeitschen zu Tode geprügelt. Der westernübliche Schuss erscheint gegenüber diesem Ende noch archaischer und sadistischer. Eastwood dehnt die Zeit, in der die Peitschenschläge auf den Sterbenden niederprasseln. Und sein Ruf hinüber zu den anderen Stadtbewohnern, die seiner Auslöschung beiwohnen, wirkt umso verzweifelter. Ihr Feiglinge! Aber um das aus der Welt zu schaffen, dafür ist ja im Western - mit Peitsche und Colt, dem vergeblichen "peacemaker" - die Rache gemacht.
Platz 1: "Django Unchained" von Quentin Tarantino (2012)
In Tarantinos Western und Film über die Sklavenhaltergesellschaft sehen wir "nur" - in Anführungsstrichen - die Narben, die die Peitsche der Herren bei den ihnen Ausgelieferten, erzeugt haben. Wir sehen den Rücken von Hildi, Djangos Frau. Die Plantagenbesitzer betrachten ihre "Nigger", so ihre Terminologie, so ihre Sicht auf diese Menschen, als Tiere, die sie als solche behandeln durften oder behandelten. Tiere wurden und werden mit Peitschen domestiziert und bestraft, verprügelt, geschunden. So auch die Schwarzen. Wie bei Indiana Jones ist die Peitsche in DJANGO UNCHAINED ein Werkzeug. Allerdings eines der Unterdrückung. Eines des Rassismus.