Kino-Kolumne Top Five

Die spannendsten Nonnenfilme

Schwester Bridget (Geraldine McEwan) in Peter Mullans Film "Die unbarmherzigen Schwestern"
Das Genre des Nonnenfilms bietet neben den großen moralischen Fragen auch Spannung, Horror und verdeckte Erotik. © imago / United Archives
Von Hartwig Tegeler |
Der Selbstmord einer jungen Novizin in einem abgeschiedenen rumänischen Kloster: davon erzählt das düstere Horrormärchen "Die Nonne". Einst verboten, kommt der Thriller aus dem Jahr 1966 nun ins Kino. Hier sind unsere Top 5 der spannendsten Nonnenfilme.
Platz 5 – "Opfergang einer Nonne" von Philippe Agostini (1959)
Eine Variante des Genres: der Nonnenfilm als Heiligenbild. 1794, während der Französischen Revolution, werden die Karmeliter-Nonnen von Compiègne guillotiniert, weil sie ihre Ordensgelübde nicht brechen wollen. Die Welt bei Agostini ist einfach geteilt in Gut und Böse: Gut die Nonnen, die furchtlos für ihren Glauben in den Tod gehen. Böse die Jakobiner, die in Frankreich eine Schreckensherrschaft betreiben. Dass die Revolution von 1789 auch explodierte als Widerstand gegen die Privilegien und den Willkür des Klerus‘, wird ausgeblendet. Was für ein Wunder, denn sonst wäre es ja kein Heiligenbild.
Platz 4 – "Die unbarmherzigen Schwestern" von Peter Mullan (2003)
Diese Macht des Klerus‘ im katholischen Irland war bis tief ins zwanzigste Jahrhundert noch nicht gebrochen. 1960er Jahre. War ein Mädchen zu hübsch und nach Meinung der Eltern oder der Gemeinde damit anfällig für Sünde, wurde es unter die Aufsicht der Nonnen in den Magdalenen-Heimen gestellt. Gleiches drohte Mädchen, die vergewaltigt wurden und wagten, darüber zu sprechen. Gewalt, Erniedrigung, Ausbeutung erlebten die Mädchen. Margaret, eine der von den Nonnen gepeinigten Frauen, steht eines Tages allein vor einer offenen Klostertür. Ohne Probleme könnte sie ihr Gefängnis verlassen. Aber sie weiß nichts mit der drohenden Freiheit anzufangen. Und bleibt! Peter Mullan erzählt von der Macht einer totalitären Institution, die sich wie ein Krebsgeschwür in das Innere der Menschen hinein gräbt.
Die unbarmherzigen Schwestern von Peter Mullan
Zu hübsche Mädchen kamen in die Obhut der Magdalenen-Schwestern, um sie vor Sünde zu schützen.© Imago / United Archives
Platz 3 – "Die Nonne" von Jacques Rivette (1966)
1966 wurde Rivettes "Die Nonne" verboten. Vorwurf: Blasphemie! Verfilmung von Denis Diderots Klassiker, dieser kritischen Auseinandersetzung mit der Institution des Klosters. Suzanne, gezwungen Nonne zu werden, wird mit der Brutalität, dem Sadismus und der Scheinheiligkeit verordneter Religion malträtiert. Am Ende flieht Suzanne, wird Prostituierte und begeht Selbstmord. Aber da das Kino im Hässlichen immer auch der Welt die Schönheit miterzählt, bleibt tief in Erinnerung das Gesicht von Anna Karina als Suzanne, eingerahmt von der Haube und dem Schleier der Nonne. Reine Schönheit.
Platz 2 – "Geschichte einer Nonne" von Fred Zinnemann (1959)
Auch Fred Zinnemann wusste natürlich, was es – für die Leinwand – bedeutet, wenn er das Gesicht der Natascha Rostowa aus "Krieg und Frieden" oder das der Sabrina aus Billy Wilders Film, wenn er also das Gesicht von Audrey Hepburn mit Nonnenhaube und -schleier einrahmt. Kino-Magie. Wieder reine Schönheit. Auch davon lebt der Nonnenfilm, ebenso wie von seiner unterschwelligen Erotik. In "Die Nonne" geht die Belgierin Gabrielle, Arzttochter, Ende der 1920er Jahre freiwillig ins Kloster, verlässt es am Ende aber wieder. Ihren eigenen hohen moralischen Ansprüchen kann sie nicht gerecht werden und den strengen Regeln mag sie sich auch nicht unterwerfen. Audrey Hepburn, ohne die Nonnentracht, geht am Ende zurück in die Welt. Agata Trzebuchowska, die die Nonne Ida spielt, wird den entgegengesetzten Weg gehen.
Audrey Hepburn in "Geschichte einer Nonne" aka "The Nun's Story" von Fred Zinnemann.
Audrey Hepburn in "Geschichte einer Nonne" aka "The Nun's Story" von Fred Zinnemann.© Imago / United Archives
Platz 1 – "Ida" von Pawel Pawlikowski (2013)
Als die Novizin, noch heißt sie Anna, das Gelübde ablegen will, schickt sie die kluge Oberin – 1960er Jahre, Polen – in die Welt. Zu ihrer Tante, um zu erfahren, dass sie eigentlich Jüdin ist und Ida Lewenstein heißt. Idas Familie wurde im Holocaust von polnischen Nachbarn versteckt. Doch nur Ida hat in einem Waisenhaus überlebt. Sie und ihre Tante treffen auf den polnischen Bauern, der die Lewensteins versteckt hat, um sie dann umzubringen. Aus Geldgier oder aus Angst vor den Nazis, wer weiß das schon. Am Ende, als Ida, die junge Jüdin, die Welt und ihre eigene Geschichte im Holocaust erfahren hat, sinnlich und schmerzhaft am eigenen Leib mit den eigenen Empfindungen, legt sie nach der Nacht mit dem Jazzsaxophonisten am nächsten Morgen wieder ihre Tracht an. Hier ist das Abschlussbild eines voller Würde, wenn Ida den Weg zum Kloster zurückgeht, ganz überzeugt, nun das Gelübde anzulegen und Nonne zu werden.
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