Kino

Top 5 der Mainstream-Charts

Die Schauspieler Jamie Dornan und Dakota Johnson in einer Szene des Films "Fifty Shades of Grey"
Die Schauspieler Jamie Dornan und Dakota Johnson in einer Szene des Films "Fifty Shades of Grey" © dpa / picture alliance / Universal Pictures
Von Patrick Wellinski |
Strunzdämlich, bieder oder einfach nur widerlich: Patrick Wellinski findet wenig gute Worte für die fünf Kinofilme, die sich in dieser Woche in den Mainstream-Charts finden, darunter auch immer noch der Blockbuster "Fifty Shades of Grey".
Die Regeln dieser Kolumne sind ja gnadenlos. Man könnte sagen
Angela Merkel: "Alternativlos"
Zum Glück widersetzt sich die Filmgeschichte genüsslich jeder redaktionellen Vorgabe und bietet zu jedem Mainstreamhit eine - häufig viel bessere - Alternative. So auch für:
Platz 5: "Chappie"
Die strunzdämliche Geschichte des titelgebenden Roboters, der in einem Johannesburg der Zukunft den Aufstand der Polizei-Roboter stoppen soll - ist ein digital hochgejazztes Mash-Up aller bekannten Roboter-Filme. Chappie weckt vor allem den Wunsch, nach einer gewissen DVD zu greifen:
James Camerons "Robocop 2 - Tag der Abrechnung" ist nämlich voller Hass gegen jeden Anflug der unnötigen Sentimentalisierung von Helden. Etwas, von dem Chappie leider viel zu voll ist.
Ton Robocop: "Hasta La Vista, Baby"
Genau. In gewisser Hinsicht gilt das auch für
Platz 4: "Focus"
Oder - wie er auch genannt wird - der Film über die Brusthaare von Will Smith. Denn darum geht es in diesem Hochglanz-Hochstapler Film in dem Smith einen Trickbetrüger spielt, den die Liebe zu einer blonden Kollegin ein wenig aus der Fassung bringt:
Es gibt hier nicht Schönes, Entspanntes oder Verspieltes. Eine verpasste Chance schade, die Weltsicht des Taschendiebs hat immer das Potenzial für ein Meisterwerk:
Bressons "Pickpocket" zeigt wie Michel, ein Taschendieb, seine Opfer beklaut. Doch das Diebesgut hortet er Zuhause. Anders als Will Smith in Focus. Denn Bresson weiß, dass die Kunst des Taschendiebs eben auch die Kunst des Kinos spiegelt. Auch Focus hätte ein Film über Obsessionen und Materialismus werden können. Doch - mit Bresson im Hinterkopf - erkennen wir, dass Focus selbst ein Taschendiebfilm ist. Er will nur an Ihr Geld.
Und da ist er nicht allein
Platz 3: "Traumfrauen"
Selten war eine deutsche Mainstreamkomödie so bieder wie "Traumfrauen". Gegen das sinnlose Sex-Geplapper von Elias M'Barek, Hannah Herzsprung und Co. wirkt jede "Sex and the City“-Episode wie eine hochkomplexe genderkritische Geschlechterstudie. Doch am meisten stört mich der Titel. Leni, Vivienne und Hannah – mit ihren seltsam wertkonservativen Familienvorstellungen sind doch keine Traumfrauen! Da war das Kino vor 60 Jahren schon weiter:
Jane Russell und Marilyn Monroe in "Blondinen bevorzugt" von Howard Hawks, der durchaus einige kleine Ähnlichkeiten mit "Traumfrauen“ aufweist. Doch Russell und Monroe wirken so unglaublich emanzipiert. Wie sie die Männer an der Nase herumführen und dabei nie stillos oder vulgär wirken und ganz nebenbei die gesamte amerikanische Olympiamannschaft verrückt machen. Traumfrauen eben.
Womit wir auch schon in Amerika wären und unserem
Platz 2: "American Sniper" von Clint Eastwood
Ein widerlicher Film. Eine Coming-Out-Party für Patrioten. Umso schlimmer, dass dieser Film vom meist so hintergründig kritischen Eastwood kommt, der hier den schlimmsten konservativen Traum auslebt. Der Traum von einem Amerika und seinen gerechten Kriegen, seinen Helden, die doch nur Tötungsmaschinen waren und einem Volk, das sich nach den Lügen eigenes George Bush zurück zu sehnen scheint. Ideen, die die phänomenale Kathryn Bigelow in "The Hurt Locker" bereits vor fünf Jahren vertrieben hatte:
Platz 1: "50 Shades of Grey"
Mister Grey ist reich und gut aussehend und schlägt gerne Frauen. Die tiefenpsychologischen Ursachen für den übertriebenen Erfolg des Buches und nun anscheinend des Films wird sicherlich noch einige Soziologiestudenten beschäftigen. Und auch für uns bleibt der Film an dieser Stelle in den nächsten Wochen sicherlich:
Angela Merkel: "Alternativlos"
Aber vielleicht findet ja der eine oder andere noch Michael Winterbottoms Film "9 Songs" im DVD-Regal. Die Geschichte einer Beziehung, die sich nur im Sex erfüllt und dann wieder auseinanderfällt. Ein Konzert der Körper. Echter Sex übrigens. Und nicht dieses Tele-Tubby-Popo-Klatschen eines Mister Grey.
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