Die besten Filme über Hollywood
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Wenn Hollywood Filme über Hollywood gemacht hat, war die Traumfabrik meist eine Alptraumfabrik. So ist es auch in der neuen Netflix-Serie "Hollywood". Hartwig Tegeler über Filme, die die Branchen-Mechanismen beschreiben. Ironisch, satirisch oder dramatisch.
Platz 5: "Barton Fink" von Joel & Ethan Coen (1991)
Am Anfang braucht's das Buch und den Autor. "Der Autor ist König bei Capitol Pictures", verspricht drohend der Studioboss 1941 dem erfolgreichen Dramatiker vom Broadway, nun Angestellter in der Traumfabrik, um hinzuzufügen: "Ende der Woche habe ich von Ihnen was auf dem Tisch." Nur: Barton Fink, der Autor, mit einem durchgängig existentialistischen Staunen über die Welt, dargestellt von John Turturro, hat ein Problem: Er hat eine Schreibblockade.
So sitzt er in diesem gespenstigen Hotel in Hollywood, an dem Kafka und Kubrick ihre Freude gehabt hätten, und je länger er auf die Tasten der Schreibmaschine tippt, entwickelt sich ein Drehbuch über die Höllengründe dieser Filmwelt, mit sadistischen Produzenten, Serienmördern, betrügenden Ehefrauen, ewig langen Hotelfluren und Tapeten, die sich von der Wand lösen, dass man wahnsinnig werden kann. Bis Barton mit dem Kopf im Karton am Strand sitzt und die schöne Frau vorbeikommt. Der semantische Sprung von Traumfabrik zu Albtraumfabrik erfährt hier seine monströse Visualisierung.
Platz 4: "Inside Hollywood" von Barry Levinson (2008)
Steht das Drehbuch, braucht's den Regisseur. Über das Ende seines genialen Films, auf der Shortlist für Cannes, mit dem getöteten Hund – Hund töten geht gar nicht, kostet Millionen – meint die Produzentin: Umschneiden! Der Künstler ist entsetzt. Es zeugt von einer genussvollen Boshaftigkeit, wenn Regisseur Barry Levinson diesen fiktiven Regisseur zum trotzigen Kind regredieren lässt, das wutschnaubend auf den Tisch haut und die Schale mit den bunten Schokolinsen durch die Gegend pfeffert. Sex & Drugs & Macht, manchmal allerdings eine, die man nur glaubt zu haben: Solche eine schmerzhafte Wahrheit erzählt "Inside Hollywood".
Platz 3: "Maps to the Stars" von David Cronenberg (2014)
Steht das Drehbuch, hat's den Regisseur, braucht's die Schauspieler beziehungsweise Stars. Auch der Blick David Cronenbergs auf die Filmindustrie und ihre Mechanismen ist düster und unheilvoll. Zumal, wenn sich die Abgründe "Tinseltowns" verweben mit denen der Familien. Eine Schwester, die versucht, sich und ihren Bruder zu verbrennen; eine Schauspielerin, die an ihrer Missbrauchs-Vergangenheit laboriert; ein erfolgreicher Kinderstar, der seinen Co-Star zu erwürgen sucht. Und natürlich Sex und die Drogen und die Heuchelei. Man darf "Maps to the Stars" gern als freie Verfilmung von Kenneth Angers Skandalchronik "Hollywood Babylon" betrachten.
Platz 2: "Once Upon a Time in Hollywood" von Quentin Tarantino (2019)
In Tarantinos "Inglourious Basterds" werden Hitler und seine Handlanger in einem Pariser Kino abgefackelt, in "Django Unchained" befreien sich die Sklaven selbst. Nachdem Tarantino also die Juden und Afroamerikaner gerettet hat, tut er selbiges in dem mäandernden, anekdotischen Fluss der Bilder seines Hollywood-Films auch mit den Frauen.
Denn Sharon Tate, die von der Manson Familie ermordet wurde, überlebt in "Once Upon a Time in Hollywood" die Nacht vom 9. August 1969. Im Umschreiben der Zeitgeschichte fantasiert Tarantino den alten Traum Hollywoods von den Bildern à la "bigger than life" – größer und mächtiger als die schnöde Realität. Größenwahn war immer notwendiger Teil der Filmindustrie.
Platz 1: "Wag The Dog" von Barry Levinson (1997)
Elf Tage vor der Wahl hat der US-Präsident einen Missbrauchsvorwurf am Hals. Sein Berater – Robert De Niro –, der die Dinge wieder in Ordnung bringt, inszeniert eine aberwitzige Ablenkungskampagne mit einem Krieg gegen Albanien, einem geheimen Bomber, den es gar nicht gibt und einem tränenreichen Flüchtlingselend. Und sein Mann für die richtigen, als falschen, also gefakten Bilder zur richtigen Zeit ist der Hollywood-Produzent – Dustin Hoffman –, der ihm den Krieg perfekt inszeniert.
In Zeiten, in denen die reale Politik in Washington der Dramaturgie eines Hollywood-Drehbuchs zu folgen scheint, könnte der Kommentar des Produzenten weniger größenwahnsinnig denn realistisch klingen. Er ruft: "Wie meint er das, die Krise sei beigelegt? – Er hat gerade den Krieg beendet. Er hat den Krieg beendet? Er kann den Krieg gar nicht beenden. Er ist doch nicht der Produzent." Diese Satire über das Kino, Hollywood und die Realität reizt heute angesichts ihres Prophetischen wohl weniger zum Lachen denn 1997.