Kinokolumne Top 5

Die besten Filme mit Klavier

05:18 Minuten
Eine Frau steht an einem Strand, neben ihr liegt ein Mädchen auf einem Piano.
Mutter und Tochter in einem fremden Land: Doch das Piano gibt im gleichnamigen Film Halt. © Picture Alliance/dpa/United Archives/IFTN
Von Hartwig Tegeler |
Audio herunterladen
Das Klavier ist im Kino nicht nur für die Begleitmusik zuständig. Im Film kann es mehr sein: Medium, Rettungsanker oder Kontrapunkt zur Nazi-Ideologie. Denn das Piano spricht schließlich die Sprache der Liebe.
Das Drama einer Mutter, die nie gut genug war, um eine brillante Pianistin zu werden, wie sie glaubt, und das eines Sohnes, der in ihre Fußstapfen zu treten hatte: In Jan-Ole Gersters neuem Film "Lara" treten Corinna Harfouch und Tom Schilling, die die Hauptrollen spielen, in eine Reihe von Klavierspielern im Film, die durchaus eine ambivalentes Verhältnis zu ihrem Instrument und ihrer Profession haben.
Platz 5: "Die fabelhaften Baker Boys" von Steve Kloves (1989)
Ein Kreis um das Klavier herum. Der "Ballhaus-Kreis". Die Frage, die sich dem Kameramann Michael Ballhaus stellte: Wie können Kinobilder die Attraktion – emotional, erotisch, sexuell - spürbar machen, die zwischen dem Pianisten und der Sängerin entflammt ist. Dazu bedurfte es der wunderschönen Michelle Pfeiffer auf dem Klavier: räkelnd und singend. Langsam scheint die Kamera die Frau im roten Kleid wie in einer Liebkosung zu streicheln, und fängt an, den Flügel zu umrunden, an dessen Tasten Jeff Bridges sitzt und spielt. Die Kamerabewegung, die Musik, der Blick der Frau und des Mannes geraten zur Einheit. Das Ganze wird zu einer vollkommenen erotischen Verschmelzung. Und das Klavier zu ihrem Medium.
Platz 4: "Ray" von Taylor Hackford (2004)
"Ray" erzählt von der Erblindung des Siebenjährigen, von seinen Anfängen als blinder Bandpianist, von den großen Nummer-Eins-Hit-Erfolgen tief hinab in die Hölle der Heroinabhängigkeit bis zum Entzug und dem mühevollem Clean-Werden. Und immer auch vom Kampf um den eigenen authentischen Ausdruck als Musiker. Keine Kopie von den anderen Großen des Rhythm’n‘Blues werden, das ist die verzweifelte Aufgabe. Das Klavier ist für diesen Pianisten, der zum "Hohepriester des Soul" wurde, die Rettung vor der Hölle der Blindheit. Aber die Dämonen der Sucht, der Vergangenheit, die kann auch das wunderbare Spiel an den Tasten nur für kurze Zeit verjagen.
Platz 3: "Shine – Der Weg ins Licht" von Scott Hicks (1996)
Sehr ambivalent ist das Verhältnis des australischen Pianisten David Helfgott, genial gespielt von Geoffrey Rush, zu seinem Instrument. Denn das Wunderkind leidet unter seinem Vater, der ihn terrorisiert mit seinen traumatischen Erinnerungen an den Verlust seiner Familie im Holocaust. Die Musik als Qual, das Klavier als Terrorinstrument. Es wird Jahre – auch lange Zeit in der Psychiatrie - brauchen, bis dieser geniale Pianist zu sich und seinem Instrument zurück finden wird und den Vater, der real oder imaginiert beim Spiel immer hinter ihm stand, wegzuschicken. Eine quälende Form der Lebenstherapie.
Platz 2: "Der Pianist" von Roman Polanski (2002)
Der jüdische Musiker kann den Deportationen in die Konzentrationslager entkommen. In einer Wohnung in Warschau wird er von polnischen Widerstandskämpfern versteckt. Dann setzt sich Wladyslaw Szpilman an das Klavier in der Wohnung, die Musik erklingt im Film, aber die Hände des Pianisten spielen Zentimeter über den Tasten. "Seien Sie so leise wie möglich", hatte der, der ihn versteckte, gemahnt. Das Klavier, die Musik von Chopin, die Kultur ist der am extremsten vorstellbare Kontrapunkt zur mörderischen Vernichtungsideologie und -praxis der Nazis. Und geistiger Rettungspunkt für diesen Pianisten.
Platz 1: "Das Piano" von Jane Campion (1993)
Neuseeland. Mitte des 19. Jahrhunderts. Ada, die stumme Engländerin, und ihre Tochter kommen am Strand an. Mit dem Piano. Das Meer - gigantische Wellen -, davor am Strand das Piano. Natur und Kultur. Das unbeherrschbare Wilde und das Musikinstrument, in der die Leidenschaften der Menschen ihren kultivierten Ausdruck finden, ohne dass die in ihrer ausbrechenden Wildheit je besiegbar wären. Ada – Holly Hunter – ist zur Heirat her gekommen. Doch statt ihres Mannes – Sam Neill – wird sie bald Baines lieben – Harvey Keitel. Und mit dem Piano, seinen Tönen, mit den Melodien, die Ada spielt, mit den Tasten, den schwarzen und den weißen, findet die stumme Frau einen Weg, um mit dem Geliebten, aber auch mit ihrem tiefsten Innern zu kommunizieren. Das Klavier als Medium für eine universelle Sprache: die der Musik und der Liebe.
Mehr zum Thema