Kinokolumne Top Five

Die besten Werke vom Toronto Film Festival

Regisseurin und Drehbuchautorin Dee Rees auf dem roten Teppich beim Toronto International Film Festival 2017, beo dem ihr Film "Mudbound" gezeigt wurde.
Regisseurin Dee Rees in Toronto: Blumiger Auftritt zum Film über das Leben im Schlamm © Imago / Christine Chew
Von Anna Wollner |
Die 74. Filmfestspiele von Venedig waren kaum vorbei, da begann das Toronto International Film Festival. Zu entdecken gab es Filme mit oscarverdächtigen Auftritten von Gary Oldman und Jake Gyllenhaal.

Platz 5: "Die dunkelste Stunde" von Joe Wright

In diesem Film bringt sich Gary Oldman auf Oscar-Kurs. Die britische Schauspiellegende verwandelt sich darin in Winston Churchill, und zwar so überzeugend, dass selbst seine Kollegen am Set ihn am ersten Tag nicht erkannt haben. Das Historiendrama erzählt etwas angestaubt und mit einer opulenten Ausstattung von den ersten drei Amtswochen des englischen Premiers, den Kämpfen gegen die eigenen Parteifreunde und das Durchsetzen seiner Kriegsstrategie. Filmisch ist es der Gegenentwurf zu Christopher Nolans "Dunkirk", da Joe Wright zeigt, was während der Schlacht von Dünkirchen auf der britischen Insel vor sich ging. Als Kammerspiel und großartiges Schauspielerduell: Gary Oldmann gegen sich selbst. Die Oscar-Nominierung dürfte ihm sicher sein.

Platz 4: "Stronger" von David Gordon Green

Für den Oscar empfohlen hat sich auch – wieder einmal – Jake Gyllenhaal. In "Stronger" spielt Gyllenhaal Jeff Baumann, einen jungen Amerikaner, der beim Boston Marathon 2013 an der Ziellinie auf seine Ex-Freundin wartet und bei der Explosion des Bombenattentats beide Beine verliert. Gyllenhaal zeigt das Leiden – körperlich und seelisch, die innere Zerrissenheit eines Mannes, der alles verloren hat und von einem Land zum Helden stilisiert wird, der er nie sein wollte. Baumann hat selbst am Drehbuch mitgearbeitet. Regisseur David Gordon Green labt sich aber nie am Leid seiner Hauptfigur, sondern erzählt authentisch, ambivalent und nie pathetisch. "Stronger" ist amerikanische Traumabewältigung, in der es um Hoffnung geht – genau das, was das Land gerade so dringend braucht.

Platz 3 – "The Battle of Sexes" von Jonathan Dayton und Valerie Faris

Der Film ist genau das, was der Titel verspricht: "Männliches Chauvinistenschwein gegen beinharte Feministin", heiß es einmal im Film. Der Kampf der Geschlechter, das Tennismatch von 1973, wird von den "Little Miss Sunshine" Regisseuren als flammendes Plädoyer für den Feminismus inszeniert. Emma Stone als Billy Jean King und Steve Carell als Bobby Riggs liefern sich im perfekten 70er-Jahre Setting ein ausgewogenes Match. Auf und neben dem Center Court. "The Battle of the Sexes" hat viel Bewunderung für Billy Jean. Und ich für den Film.

Platz 2: "Molly’s Game" von Aaron Sorkin

Ums Spielen geht es auch in dem Film auf Platz zwei, allerdings ums Kartenspielen. Aaron Sorkin, Drehbuchautor bei "Social Network" und "Steve Jobs" liefert mit diesem Film sein Regiedebüt ab. Und was für eins. Jessica Chastain spielt Molly Bloom, eine ehemalige Skifahrerin, die nach einer gravierenden Rückenverletzung ins Pokergeschäft einsteigt. Der Film lebt von den Voice-Over-Kommentaren und seiner Hauptdarstellerin. Auch wenn Sorkin manchmal mehr an ihrem Dekolletee als an ihrem Charakter interessiert zu sein scheint, liefert er mit "Mollys Game" einen der besten Pokerfilme der jüngeren Vergangenheit – ohne die Spannung aus dem Spiel zu ziehen, sondern allein aus dem Agieren und scharfen Beobachten seiner Heldin.

Platz 1: "Mudbound" von Dee Rees

Auf Platz eins liegt der wohl kleinste Film der Runde, "Mudbound", basierend auf dem gleichnamigen Roman von Hillary Jordan. Der Film Mudbound erzählt von zwei Farmerfamilien in den 1940er Jahren im Mississippi-Delta. Die eine Familie ist weiß, die andere ist schwarz. Rees erzählt die Geschichte – wie schon im Buch – aus sechs Perspektiven. Ein ungewöhnliches Kaleidoskop, das viel über die Stimmung und Spannung im Land erzählt, in einer Zeit, in der der arme weiße Mann Angst hat, seine wenigen Privilegien an die schwarzen Nachbarn zu verlieren. Ganz langsam mit einer furiosen Besetzung um Mary J. Blige, Carrey Mulligan und Jason Clarke, entfaltet der Film seine Geschichte über unterschwelligen und offenen Rassismus und ist dabei ein Lehrstück über das heutige Amerika. Start des Films ist übrigens der 17. November 2017. Auf Netflix.
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