Die fünf besten Filme aus Wien
Wien feiert die Filmfestspiele, die Viennale. Filmemacher aus der ganzen Welt treffen sich in der Stadt an der Donau. Dabei spielte Wien selbst in vielen Film die Hauptrolle. Unser Filmkritiker präsentiert die fünf besten Filme, die in Wien gedreht wurden.
Platz 5 - DER DRITTE MANN von Carol Reed (1949)
Wien, kurz nach dem Krieg. Beginn des Kalten Krieges. "Wir müssen tiefer schaufeln als ein Grab ist." Sagt ein Offizier, der die mörderischen Schiebergeschäfte aufklären will. Was für ein Satz: "Tief schaufeln!" Die Abgründe einer Stadt ergründen , oder - um noch mehr Psychologie zu betreiben - die Schatten zeigen. Wiens dunkle Seiten. Film Noir. In Schwarzweiß. Schwärzer geht's nicht. Ein wunderbares Film-Bild, wenn die tödliche Jagd auf den verbrecherischen Schwarzmarkthändler unter der Oberfläche, im Labyrinth der Kanalisation, stattfindet. "Was ist das? Wo sind wir?", fragt der naive Amerikaner. Antwort: "Die Kloaken von Wien. Fließt alles in die Blaue Donau. Duftet herrlich, was!" Da, in den Sphären des Unbewussten der Stadt sind sie immer noch da, verdichtet: die Nachwirkungen des Krieges. Und werden sichtbar in der Gegenwart des vermeintlichen Friedens, der eben schon Beginn des Kalten Krieges ist.
Platz 4 - EINE DUNKLE BEGIERDE von David Cronenberg (2011)
Wo anders, wenn nicht in Wien, der Geburtsstadt der Psychoanalyse, gilt es, unter das Kopfsteinpflaster zu schauen. Auch bei David Cronenberg ist Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts nur auf den ersten Blick voller heller Farben. Hinter dieser Maske wabert viel Dunkles, auch bei den beiden Heroen der Psychoanalyse - C. G. Jung und Sigmund Freud. Sie begeben sich auf den unerforschten Kontinent der Seele, sie wollen das psychische Leid der Menschen erforschen und heilen, aber selbst sind sie getrieben von Macht, Ehrgeiz und Missgunst. Und über allem die Frage, ob der Sex tatsächlich Auslöser aller Störungen ist.
Platz 3 - DER REIGEN von Max Ophüls (1950)
Bei Max Ophüls ist der Sex graue Normalität, der die Menschen in seiner Banalität antreibt - die Dirne, den Soldaten, das Stubenmädchen, den jungen Herrn, die Ehefrau und so weiter. Zehn sexuelle Begegnungen in Wien beobachtet der Conferencier Adolf Wohlbrück wie ein Therapeut. Doch dieser Reigen ist fast verhüllt von einem Schleier von Melancholie. Die Lust bringt eben nicht Glück, sondern nur das Gefühl eines faden Danachs. Es stimmt nicht, wenn der Conferencier am Ende auf der Donaubrücke meint, dass der Reigen zu Ende sei. Nein, immer weiter dreht sich der Kreis aus Lust und Begehren.
Platz 2 - BEFORE SUNRISE von Richard Linklater (1995)
Die liebe, nette, ganz unsexuelle Variante leben Julie Delpy und Ethan Hawke: Zufallsbegegnung im Zug, Zwischenhalt in Wien, Flanieren durch die Stadt. Nicht "bigger than life" scheint hier das Kino. Es reißt keine Abgründe auf unter dem Pflaster der Donaumetropole. Ein wenig emotionales Abenteuer mögen der Amerikaner und die Französin aber schon, wenn sie sich beim Abschied auf dem Wiener Westbahnhof verabreden - in einem halben Jahr. Daraus wird dann bei Richard Linklater 2004 BEFORE SUNRISE, aber das wird nicht ein halbes Jahr, sondern neun Jahre dauern.
Platz 1 - KOMM, SÜSSER TOD von Wolfgang Murnberger (2000)
Die Melancholie von Max Ophüls aus dem REIGEN, die schwarzen Abgründe des DRITTEN MANN(es), eine Menge DUNKLE BEGIERDE und Sex mit einer explosiven Dosis an Wiener Schmäh verdichten sich nachgerade im Ex-Bullen Brenner alias Josef Hader: "Sie sind intelligent, verschlossen, überaus arrogant und ganz und gar nicht teamfähig. Ich mag das, wirklich!" Mein Brenner Chef und wir mit ihm. Mord und Totschlag im Biotop der Wiener Rettungsorganisationen und das ganze unterlegt mit diesem wunderbaren Lied "Komm, süßer Tod". "Du schaust mir zu, wie ich eine Erdbeerbohle nach der anderen trinke und pfeifst jedes Mal dazu: 'Komm, süßer Tod!'. - Entschuldigung. - Glaubst du, ich lasse mir das gefallen!" Schnauft Angelika Brenner an, um dann sofort mit ihm ins Gebüsch zu gehen. An der Donau. Wenn ich recht sah. Das Lied "Komm, süßer Tod" stammt übrigens nicht von Mozart, sondern von Bach. Anders hätte's noch mehr gepasst, weil ersterer zwar nicht dort geboren wurde, aber er starb immerhin in Wien. Na klar ist das Leben absurd!