Kinokolumne Top Five

Die besten Neuanfänge im Film

05:42 Minuten
Tom Cruise sitzt mit den Händen vor dem Mund auf einem Sofa, Renée Zellweger beugt sich von hinten über ihn.
Jerry Maguire (Tom Cruise) fängt noch mal von vorne an, Dorothy (Renée Zellweger) hilft ihm dabei. © imago images / United Archives
Von Hartwig Tegeler |
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Neues Jahr, neues Glück: Was im Leben nicht ganz leicht ist, verläuft auch auf der Leinwand nicht immer gradlinig. Ob als 70-jähriger Praktikant, gescheiterter Sportmanager oder doppelte Auswanderin: Aller Anfang ist schwer.

Platz 5 - "Man lernt nie aus" von Nancy Meyers (2015)

Ben, Witwer, 70 Jahre alt, ist seinen Ruhestand leid. Altwerden ist eben nichts für Feiglinge. So bewirbt sich der verwitwete Rentner bei einem E-Commerce-Modeunternehmen für einen unbezahlten Job, in dem die jugendlichen Chefs Ben einige Geduld abfordern: „Sie haben's drauf, Ben! Gratuliere! Sie sind Praktikant!“

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Ben – Robert de Niro - wagt seinen Neustart als Praktikant und wickelt wie nebenbei mit seiner Bodenständigkeit und Empathie alle Digital Natives um die Finger. Dem erliegt vor allem: Jules, die CEO (Anne Hathaway), die ihrerseits mit ihrem Ehegatten am Ende auch einen Neuanfang wagt. Unterm Strich sticht Lebensweisheit schlussendlich jede neoliberale Selbstoptimierung aus. Ein Märchen? Na ja … Kommt mal ins Alter, liebe junge Menschen.

Platz 4 - "Jerry Maguire: Spiel des Lebens" von Cameron Crowe (1996)

Der Sportmanager in der Identitätskrise: „Was war aus mir geworden? Noch so ein Aasgeier im Anzug?“ Eine rhetorische Frage, keine Frage! Das genau ist aus Jerry Maguire (Tom Cruise) geworden. Er schreibt ein Pamphlet gegen Unehrlichkeit in der Branche, fliegt deswegen aus seiner Agentur und muss ums Überleben kämpfen. Und während er eine neue Karriereleiter authentisch, ehrlich hinaufklettert, geht seine Ehe zu Bruch. Jerry rappelt sich auf, bis er bereit ist zum letzten großen Satz und zum klassischen filmischen Neuanfang, gerichtet an seine Gattin: „Du vervollständigst mich.“ Kitschig! Ja, sicher. Und noch eine Schippe Kitsch drauf: In „Jerry Maguire“ ist Rickie Lee Jones zu hören mit ihrem Song „Horses“ und den Zeilen: „Wir werden auf den Pferden reiten, ja / Hoch in den Himmel, kleiner Liebling / Und wenn du fällst, hebe ich dich auf, heb dich auf.“

Platz 3 - "The Descendants" von Alexander Payne (2011)

Aufheben lassen! Oder – Variante – selber aufstehen! Die Frau des Anwalts hatte einen Unfall, liegt im Koma. Matts Probleme – George Clooney spielt ihn – als alleinerziehender Vater sind fast zu vernachlässigen angesichts dessen, was seine 17-jährige Tochter ihm um die Ohren haut: Sie hat nämlich die Mutter beim Fremdgehen gesehen.

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Damit Matt nach diesem Desaster ein Neuanfang gelingen kann, muss er in die Abgründe seiner Familie blicken. Soll heißen: Per aspera ad astra, durch die Schwierigkeit zu den Sternen. Die Schwierigkeit liegt für diesen Mann in der Versöhnung, die es eben nicht für lau gibt. Am Ende darf diese dann sein, auch so: Vater und Töchter sitzen auf dem Sofa, schauen „Die Reise der Pinguine“, und zugedeckt haben sie sich mit der Decke vom Sterbebett der Ehefrau und Mutter.

Platz 2 - "Brooklyn - Eine Liebe zwischen zwei Welten" von John Crowley (2015)

Aufbruch in die Neue Welt. 1951. Eilis emigriert aus Irland in die USA. Gelungener Neuanfang, gleich am Anfang? Ja, vielleicht. Neuanfang und Kontrapunkt: Heimweh! Zwei Antipoden.

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Eilis geht zurück nach Irland, um dann doch wieder in die USA zurückzukehren. Die Veränderung, die dem Neuanfang innewohnt, hat ihren Preis, kann Schmerz bedeuten. Davon muss die Aufbruchs-Geschichte natürlich auch erzählen, wenn sie ernst genommen werden soll.

Platz 1 - "Oben" von Pete Docter (2009)

Miese Laune im Alter hat ihre Genesis im lebenslangen Verpassen von Chancen, Ideen und Träumen. Die Folge: physisches wie psychisches Festsitzen. Der alte Carl sitzt fest, in den Erinnerungen seines Lebens mit Ellie, wo das gesparte Geld für den Traum - das Haus an den Paradise Falls in Südamerika - immer wieder für Anderes draufgeht. Carl und Ellie werden alt. Ellie stirbt. Carl soll ins Heim.

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Und dann flieht der alte Mann, und zwar mit seinem Haus, das er mit Tausenden von Luftballons zum Fliegen bringt. Die Richtung ist klar: Paradise Falls, Südamerika. Da wird nach vielen Abenteuern das Haus dann landen. Märchen ja, aber wie groß ein Neuanfang ist oder wie klein, das entscheiden die, die ihn unternehmen. In jedem Fall hilft das gegen Griesgrämigkeit im Alter.

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