Popcorn mit Mund-Nasen-Schutz
05:17 Minuten
Gute Nachrichten für Cineasten: Am 2. Juli dürfen die Kinos wieder öffnen. Doch die Regeln dafür sind in jedem Bundesland anders. Der Kinobranche gehen sie teils zu weit. Die Botschaft von Gesundheitsexperten wie Karl Lauterbach ist: Geht ruhig ins Kino.
"Ich bin ein alter Kinogänger, auch wenn das in den letzten Jahren in unterschiedlichen Funktionen etwas schwieriger war. Aber ich freue mich durchaus darauf, auch wieder ins Kino zu gehen."
Das sagte der Bundespräsident kürzlich in Berlin. Ab dem 2. Juli dürfen die Filmtheater in ganz Deutschland wieder öffnen, dagegen hat auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nichts einzuwenden. Auch er sagt von sich: "Ich bin ein leidenschaftlicher Kinogänger."
Und er würde auch nicht vom Kinobesuch abraten:
"Wenn das Kino tatsächlich die Sicherheitsabstände einhält und der Einlass so gewährleistet ist, dass man nicht drängelt und die Hygienebedingungen gut sind, dann würde ich das im Prinzip tun. Es gibt keinen Grund, bei bestehenden Abstandsregelungen und bei entsprechender Vorsicht das Kino jetzt noch zu meiden."
Keine einheitlichen Regeln
Aber deutschlandweit gibt es keine einheitlichen Hygiene-Regeln für die Kinos. In Nordrhein-Westfalen etwa entfällt die Abstandsregelung zwischen den Kinositzen, wenn die Zuschauer ihre Kontaktdaten hinterlassen. Lauterbach hält nichts davon:
"Zunächst einmal lassen sich die Kontaktdaten der Besucher nicht überprüfen in jedem Fall. Und zum Zweiten ist es so: Damit verhindere ich die Ausbreitung nicht, sondern ich laufe ihr nur hinterher. Das heißt, wenn es dann zu Fällen gekommen ist, bevor ich die Menschen kontaktiert habe, die in der Nähe gesessen haben, können sie es schon wieder weiterverbreitet haben."
Lauterbach empfiehlt die vielerorts geltenden 1,5 Meter Abstand zwischen den Zuschauersitzen im Kinosaal. Nach Meinung der Kinobranche würde das allerdings keinen auch nur annähernd rentablen Kinobetrieb zulassen.
Der SPD-Politiker sagt dazu:
"Dann müssen aus meiner Sicht die Preise etwas nach oben angepasst werden. Denn ich glaube, dass die Menschen, die jetzt ins Kino gehen wollen, die das Kino vermissen, dass sie auch bereit sind, etwas mehr zu zahlen, wenn gesichert ist, dass sie sich nicht infizieren. Und wir brauchen auch entsprechende Unterstützung der Kinos."
In Thüringen in jeder Stadt andere Vorschriften
Eine Maskenpflicht auf dem Kino-Sitz gilt nur in Niedersachsen und Bayern – dort darf sie aber für den Verzehr abgenommen werden. In Thüringen wiederum hat jede Stadt eigene Regeln.
"Die Thüringer Landesregierung hat so ein bisschen die Verantwortung an die einzelnen Gesundheitsämter abgegeben, und die halten sich jetzt ziemlich nah an die härtesten Regelungen, die es so gibt, nämlich 1,5 Meter Abstand. Wenigstens dürfen unsere Gäste die Masken, wenn sie dann sitzen, absetzen. Das ist ganz gut, Kontaktverfolgung müssen wir einhalten", meint Christian Pfeil, der unter anderem das Metropol-Kino in Gera betreibt.
Er will trotz der Abstandsregeln am 2. Juli öffnen: "Die Leute waren so loyal, haben Geld gespendet, Gutscheine gekauft wie wahnsinnig, und ich will denen zeigen: 'Hallo, ich bin wieder da.'"
Karl Lauterbach hätte sich bundeseinheitliche Empfehlungen für die Kinos gewünscht. Aber das ließ sich nicht realisieren, betont der Vorsitzende des Filmkunsttheater-Verbandes AG Kino, Christian Bräuer:
"Die Kinoverbände haben Muster für Hygienekonzepte für die Kinos entwickelt, tatsächlich ist es durch die unterschiedlichen Regularien der Länder nicht einfach, das identisch zu gestalten. Das heißt, am Schluss werden die Kinos von den lokalen Gesundheitsämtern nach Maßgabe der im jeweiligen Land geltenden Regeln geprüft. Wir versuchen, mit den Ländern im nächsten Schritt, dass man zu einer Vereinheitlichung kommt."
Anders als Lauterbach befürwortet Bräuer eine Regelung ohne 1,5 Meter Abstand.
Auch Risikogruppen müssen nicht verzichten
Trotz eines gewissen Risikos würde Lauterbach Menschen aus Risikogruppen nicht generell vom Kinobesuch abraten:
"Ich würde allerdings ein Kino aussuchen, wo die Sicherheitsbedingungen gut sind. Und ich würde eine Maske tragen. Maske tragen, Abstand halten und nicht in die Vorstellungen gehen, die voll besucht sind. Und wenn ich wirklich Risikofaktoren hätte, würde ich mir auch überlegen, ob ich mir den gleichen Film zu Hause anschaue."
Auch der Virologe Martin Stürmer rät nicht vom Kinobesuch ab. Er glaubt auch nicht, dass Kinos zur Verbreitung der Pandemie beitragen:
"Es gibt andere Situationen, die wir als Hotspots kennengelernt haben, das war im Prinzip der Gottesdienst in geschlossenen Räumen mit Verzicht auf die Maske und gegebenenfalls auch Gesang oder Familienfeiern. Das sind alles natürlich Situationen, die sich vom Kinobesuch eher unterscheiden, sprich, wenn dort im Kino mit Abstand und Maske gesessen wird, sehe ich das nicht als signifikanten Beitrag zur Verbreitung des Virus."
Lauterbach glaubt nicht an zweiten Lockdown
Auch Menschen aus Risikogruppen könnten ins Kino gehen, sollten aber auf dem Sitz Maske tragen, mit 1,5 Meter Abstand sitzen und auf Verzehr verzichten:
"Es ist natürlich so, dass das Risiko relativ gering sein dürfte, sich unter dem genannten hygienischen Konzept im Kino zu infizieren, und insofern besteht natürlich durchaus auch die Möglichkeit für Risikogruppen, das Kino mal zu besuchen. Ich würde es halt auf ein Minimum beschränken, das ist halt so die Empfehlung."
Auf die Frage, ob es bei einer zweiten Corona-Welle nochmals zum Lockdown mit Kino-Schließungen kommt, meint Lauterbach:
"Ich glaube nicht, dass wir noch mal einen vollständigen Lockdown machen werden, und ich glaube auch nicht, dass eine zweite Welle die Größe der ersten Welle auch nur im Ansatz erreichen wird. Von daher ist da die schnelle Antwort: Zum Glück nicht!"