Wohin fließt die Kirchensteuer?

Jede Menge Geld und eine hartnäckige Legende

05:55 Minuten
Der Kölner Dom ragt dunkel in einen blauen Himmel hinein.
Die Kirche in Deutschland ist noch immer mächtig - und sie leistet genauso politische Lobby-Arbeit wie andere Institutionen auch. © picture alliance / Panama Pictures
Carsten Frerk im Gespräch mit Ute Welty |
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Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus. Die beiden Amtskirchen warnen, weniger Kirchensteuereinnahmen gefährdeten ihre soziale Arbeit. Was nachvollziehbar erscheint, lässt der Politologe Carsten Frerk nicht gelten. Er spricht von der "Caritas-Legende".
Weniger als die Hälfte der Menschen in Deutschland gehört noch einer der beiden großen Glaubensgemeinschaften an. Auf Seiten der Kirchen wird oft gewarnt, die schrumpfenden Kirchensteuereinnahmen könnten zu weniger kirchlicher Arbeit im Sozialbereich führen. An diesem Argument sei allerdings nicht viel dran, sagt der Politikwissenschaftler und Publizist Carsten Frerk.

Von der Kirchensteuer wird das Personal bezahlt

Finanzierungsprobleme im sozialen Bereich seien nicht zu erwarten, sagt Frerk. Krankenhäuser beispielsweise würden "generell zu 100 Prozent vom Staat oder von öffentlichen Trägern, Krankenkassen et cetera finanziert". Bei Kindertagesstätten liege der Anteil ebenfalls bereits bei 90 bis 100 Prozent.
Vom Kostenaufwand der beiden religiösen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie finanziere die Kirche "lediglich 1,8 Prozent - mehr nicht". Die Kirchen verbreiteten immer wieder den Eindruck, als ob sie aus der Kirchensteuer viele ihrer sozialen Einrichtungen selber finanzierten, doch das habe mit der Realität nichts zu tun und sei eine Legende.
Vielmehr fließe der größte Teil der Kirchensteuer in Personalkosten, so Frerk. Dem Politologen zufolge handelt es sich um rund sieben von derzeit etwa zwölf Milliarden Euro.

Kirche und Staat: noch immer eng verflochten

Insgesamt seien Kirche und Staat in Deutschland immer noch eng miteinander verflochten, betont Frerk. Die Kirchen träten dabei klar als politische Lobbyisten auf. So hätten etwa Vertreter der kirchlichen Lobby-Büros Hausausweise für den Bundestag vom Rang oberster Bundesbehörden: "Das hat mich sehr amüsiert, dass die Kirchen aus Sicht des Parlaments als oberste Bundesbehörde eingestuft werden."
Ernst zu nehmen ist die kirchliche Lobbyarbeit aus Sicht von Frerk aber durchaus. Bei Auseinandersetzungen über ethische und moralische Fragen wie Sterbehilfe oder die Schwangerschaftskonfliktberatung "sind die Kirchen sehr präsent und nehmen massiv politischen Einfluss". Allerdings "intransparent und nicht sichtbar".
(ckü)
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