"Kirchenmusik kickt mich nicht so an"

Von Camilla Hildebrandt |
Der Kirchenchor "Fire and Soul" pflegt ein ungewöhnliches Repertoire: Gospel, Reggae, Rock und Pop. Die Sängerinnen und Sänger sind auf der Ostsee-Insel Fehmarn schwer beliebt - und bei Gottesdiensten unverzichtbar.
Ein spontanes Mini-Konzert fast ohne Stimmübungen im Gemeindezentrum der St. Nikolai-Kirche in Burg. Alle Mitglieder von Fire and Soul haben es heute nicht zur Probe geschafft, aber es rockt trotzdem, meinen sie.

Am Klavier sitzt nicht, sondern steht Chor-Leiter Johannes Schlage, hauptberuflich Kantor und Organist der Gemeinde:

"Ich bin da so reingewachsen. Angefangen hat das Ganze als ich die Kinder nach der Konfirmation nicht halten konnte, und dann hab ich angefangen einen Jugend-Gospel-Chor zu gründen, vor 17, 18 Jahren. Und mit der Zeit hat sich das ganz schnell gewandelt, dass es dann doch ein Chor mit mehr älteren, also 'mittelalterlichen' Frauen vor allem wurde (Lachen!), die dann zum Gospel-Singen kamen. Ja, und er hat sich ganz schön gemausert!"

Dreißig Sänger von fünfzehn bis über sechzig Jahre alt zählt der Chor im achzehnten Jahr des Bestehens, und eine Band gehört auch dazu: Gitarre, Bass, Klavier und Schlagzeug. Michael Kirchner sitzt seit zehn Jahren für "Fire and Soul" am Schlagzeug:

"Ich hab' am Anfang nur gesungen, und dann hat sich rumgesprochen, dass ich Schlagzeug spiele, und dann bin ich abberufen worden. Ich komm' mehr von der Rockmusik, und ich hatte noch gar nicht richtig gespielt, da kam aus allen Ecken: Nicht so laut! Aber ich hab mir dann die Besenarbeit 'draufgeschaftt', wie man sagt, also dieses dezente 'pf, pfpfpf, pfpfpf', auch Rods, das sind etwas weichere Sticks, die nicht so Krach machen."

Die Klassiker wie "Go, tell it on the Montain" haben "Fire and Soul" natürlich drauf, aber sie versuchen eher die unbekannteren Stücke zu interpretieren, sagt Chorleiter Schlage.

"Wir haben Lenas Song aus dem Film 'Wie im Himmel' gesungen, das war ein schönes Stück, 'Agnus Dei" von Michael Smith, es gibt da schon schöne Sachen."

Feste Konzerttermine hat der Fehmarner Chor mittlerweile: Pfingsten, erster Advent, ein bis drei Sommerauftritte, außerdem werden sie für Hochzeiten gebucht. Kirstin Tesch, die die Truppe durch ihre Tochter kennen gelernt hat, war bei einigen Feiern dabei.

"Die zwei Minuten vor dem Auftritt sind für mich am aufregendsten, wenn wir stehen und warten, dass es losgeht. Aber wenn ich mal auf der Bühne stehe, dann ist man die Ruhe selbst, bisschen Lampenfieber. Aber wenn man die Fans sieht, das spornt einen an. Unsere Fans sind von ganz klein bis die etwas ältere Generation, viele sehen wir bei jedem Konzert."

Kirstin Tesch: "Viele haben wir auch, die in der ersten Reihe sitzen, die kommen schon eine Stunde vor Konzertbeginn, um sich die Plätze zu sichern."

Eine kleine Sensation ist in der Region ihr Auftritt bei Gottesdiensten und Konfirmationen.

Chor-Sängerin: "Und beim Abendmahl singen wir leise im Hintergrund mit, entweder singen wir, oder der Bläserchor spielt. Oder mal die Orgel. Und teilweise wird sogar geklatscht in der Kirche, was auch lange gedauert hat das hier reinzukriegen. Aber zu unseren Konzerten haben wir Standing Ovations, Trampeln, Klatschen und Pfeiffen, was in der Kirche, sagt man ja – die Alteingesessenen – nicht sein soll. Ich glaube, wir haben das schon ein wenig revolutioniert."

Der Höhepunkt im Jahr ist ganz klar das Erste Adventskonzert, mit ausschließlich weihnachtlichen Gospels. Für das Programm hat der Chor aus Fehmarn eine CD aufgenommen: "Fire and Soul"-Gospelchristmas.

"Gospelmusik, die liegt mir schon, Kirchenmusik von früheren Sachen, sag ich mal so salopp, das kickt mich nicht so an. (Lachen). Das sind richtig gute Stücke, langsame, melodische, melancholische, aber auch die, die gut zur Sache gehen, Reggae ist dabei, Rock, alles!"


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Der Chor "Fire and Soul"
Der Chor "Fire and Soul"© Karl Haaga