Bundespräsidenten erklären die Welt
Auf dem Kirchentag in Dortmund treten der amtierende Bundespräsident und drei ehemalige auf. Dort reden sie über ihr jeweiliges Lieblingsthema. Braucht die junge Generation alte weiße Welterklärer? Anne Françoise Weber meint: Eher nicht.
Ich versteh das nicht. Klar, der Kirchentag, der gestern in Dortmund begonnen hat, braucht ein paar große Namen, um Leute anzuziehen. Und klar, der amtierende Bundespräsident war in den letzten Jahren immer da, Kanzlerin Merkel auch.
Aber in diesem Jahr brüstet sich die Kirchentagsorganisation so richtig damit, nicht nur den amtierenden, sondern auch alle drei noch lebenden Alt-Bundespräsidenten zu präsentieren - fast wie in den USA, heißt es, wo sich die Altpräsidenten in Krisensituationen treffen. Da kommen sie dann aber auch alle zusammen, hier treten sie hintereinander auf.
Es ist eine wichtige Rede, so das Bundespräsidialamt
Was bringt das? Kirchentagspräsident Hans Leyendecker meint: "Bundespräsidenten geben von Berufs wegen Orientierung, sind überparteilich für die Menschen da und treten für Veränderungen zum Guten ein." Aha. Und worüber reden sie? Richtig, Horst Köhler über Afrika, Christian Wulff über den Islam in Deutschland und Joachim Gauck über Angst (und vermutlich auch Zuversicht). Ziemlich erwartbar, oder?
Steinmeier redet über "Zukunftsvertrauen in der digitalen Moderne", und aus dem Bundespräsidialamt ist zu hören, dass es sich um eine ganz wichtige Rede handele, die sich an die gesamte Gesellschaft richtet. Die Kirchentagsorganisatoren halten den Bundespräsidenten samt Amtsvorgängern für wichtig und der Bundespräsident den Kirchentag.
Dagegen habe ich als Religionsredakteurin überhaupt nichts einzuwenden - ich halte die Kirchen und ihre Mitglieder ja auch für gesellschaftlich relevant. Aber, um bei Steinmeier zu bleiben: Ein digitales Format, um mit dem Bundespräsidenten in direkten Kontakt zu treten, hat man nicht gefunden. Es gebe ja wie immer beim Kirchentag die Anwälte des Publikums - die tragen dann aufgeschriebene Fragen vor.
Das klingt jetzt nicht so richtig nach digitaler Moderne, und auch nicht nach der bei diesem Kirchentag angeblich so wichtigen direkten Begegnung auf Augenhöhe.
Alt und weiß, hoch angesehen - aber kein Renner
Bei den drei Alt-Bundespräsidenten sieht es nicht anders aus – Reden, Podien, gefilterte Fragen. Kirchentagsbusiness as usual eben – und ich frage mich: Ist das nun der Renner, braucht vor allem der jüngere Teil des Kirchentagspublikums wirklich solche hoch angesehenen älteren weißen Männer als Welterklärer?
Glaub' ich nicht.