Klangkünstler und Gerätebauer
Der Klangkünstler, Musiker und Gerätebauer Erwin Stache hat künstlerisch schon vieles ausprobiert. Er begeistert sich für Orgelmusik von Bach genauso wie für das Rattern elektrischer Waschmaschinen-Programmscheiben. Sein Publikum bringt er meist erst zum Lachen, dann zum Nachdenken.
Das Arbeitszimmer von Erwin Stache sieht aus wie ein kleiner Abenteuerspielplatz für Erwachsene. Aus den Regalen quellen Bücher und Kartons, überall liegen Einzelteile alter Gebrauchsgegenstände: Eine Holzplatte mit acht Telefonwählscheiben aus DDR-Zeiten, ein Schwungrad mit Fahrrad-Tretkurbel, eine Saugpumpe für verstopfte Abflüsse. Aus solchen Dingen baut der 1960 geborene Stache Musikinstrumente und Klanginstallationen. Er greift sich zwei armlange, biegsame Plastikstäbe, die über ein Mischpult mit einem Lautsprecher verkabelt sind.
"Hier ist auch so eine Geschichte. Ich hab zwei Stäbe, und die haben also oben Sensoren, die auf Schwingung reagieren, also auf Erdanziehung, und kann die praktisch durch Herumwedeln sozusagen kann ich dann Töne machen und die natürlich auch verändern. Wenn man den schnell bewegt."
Das technische Know-how für solche Basteleien hat Erwin Stache sich von Kind auf angeeignet. Mit 15 Jahren, Mitte der Siebziger, baut er seinen ersten Synthesizer - das ist umso schwieriger, weil passende Bauteile in der DDR Mangelware sind. Bei einem Schulwettbewerb belegt er damit trotzdem nur Platz zwei: Der Hauptpreis geht an eine Wandzeitung über die Sowjetunion.
Stache: "Und dann sollte ich auf die ‚Messe der Meister von morgen’, und dann war das dort präsentiert, und alle waren ganz begeistert, und wie kann einer so in dem Alter das bauen. Und dann wurde es nicht zugelassen, weil ein einziges kleines Bauteil aus dem Westen war, also aus dem kapitalistischen Ausland, und ich war so ehrlich, dass ich das auch zugegeben hab. Ne kleine 10er-Diode. Und das hat meine Karriere als Wissenschaftler gestoppt."
Den ersehnten Studienplatz in Elektrotechnik bekommt Erwin Stache als sogenanntes "Intelligenzkind" nicht, weil seine Eltern schon studiert hatten. Deshalb schreibt er sich zunächst für Mathe und Physik ein. Später bricht er das Studium aber wieder ab und entscheidet sich für seine zweite große Leidenschaft: Die Musik. Er nimmt Klavierunterricht an der Leipziger Musikhochschule. Bis heute verbindet er die beiden Welten: Logik und Ästhetik, Technik und Musik.
Stache: "Mich hat das auch schon immer beschäftigt, also ich hab auch immer schon neben der Logik auch so eine poetische Seite gesehen. Und wenn der Mathematikprofessor seine Tafel beschmierte mit irgendwelchen Beweisen, dann hab ich auch das Tafelbild als solches gesehen, als Kunstwerk."
Erwin Stache hat im Laufe der Jahre seine Nische in der Neuen-Musik-Szene gefunden. Die Klanginstallationen des 51-Jährigen sind weniger kopflastig als vieles, was man dort sonst zu hören bekommt. Seine Instrumente baut er selbst: Metallstangen, die klingen, wenn man sie mit beiden Händen berührt. Schubkarren, die verschiedene Geräusche von sich geben, je nachdem, wie schnell man sie schiebt. Oft locken Erwin Staches Geräte das Publikum zum Ausprobieren und Mitmachen an.
Stache: "Wenn man das ein bisschen loslässt, kann man das richtig steuern. Also hier bei den beiden ist es natürlich extrem."
Stache: "Ich hab ja viele Jahre auch so Konzerte gegeben. Und dann hatte ich so diesen Wunsch, ähnlich wie ein bildender Künstler, dass man seine Arbeit mal fertig macht in Ruhe, und dann kommen die Leute zur Ausstellungseröffnung und gucken sich alles an, und man steht dann, sag ich jetzt mal, mit einem Glas Rotwein dann in der Ecke und freut sich, wie die Leute reagieren. Deswegen sind auch die Objekte entstanden. Das war wirklich der Grund, dass ich gesagt habe, ich baue etwas, und dann gucke ich mal, was damit passiert."
Von Beginn an legt Erwin Stache Wert darauf, dass er mit seiner Kunst auch die Familie ernähren kann. Zu DDR-Zeiten spielt er Cembalo bei Hochzeiten oder Orgel in Jazz- und Rockbands. Noch als Physikstudent entsteht der Kontakt zu einer Kirchengemeinde in Beucha, einem kleinen Ort östlich von Leipzig, wo er bis heute lebt.
Der gewiefte Bastler Stache soll hier die kaputte Kirchenorgel reparieren. Als der alte Organist abtritt, übernimmt er nebenberuflich dessen Amt. Er genießt das Leben auf dem Land mit Frau und zwei Kindern. Früher hat ihm auch das christliche Gemeindeleben viel bedeutet. Heute sieht er es mit anderen Augen.
Stache: "Dadurch, dass ich jetzt auch viele Leute aus anderen Religionen kennengelernt habe, durch meinen Beruf eben auch - ich kann das nicht behaupten, dass es nur eine Denkrichtung gibt und nur einen Gott in dem Sinne jetzt oder so, ja."
Dinge immer wieder aus einem anderen Winkel betrachten - aus dieser Haltung entsteht auch Erwin Staches Kunst. Er glaubt, dass jeder Alltagsgegenstand auch Funktionen erfüllt, an die der Erfinder nie gedacht hat. Fast nichts ist sicher vor Staches Phantasie, jedes Objekt wird auf einen neuen Zweck hin untersucht. Früher musste seine Familie der Experimentierfreude manchmal Grenzen setzen.
Stache: "Meine Tochter hat mir das beigebracht, zum Beispiel den Meerschweinchenkäfig eben, der auch schön klingt, nicht benutzen zu dürfen. Das war tabu, und das hab ich dann auch wirklich eingesehen, ich hab gesagt: Ok, ist doch schön, wenn mal manche Sachen nicht untersucht werden."
In den vergangenen zehn Jahren hat Erwin Stache immer wieder auch mit Schulklassen gearbeitet. Er leitet Arbeitsgemeinschaften, baut mit den Schülern Instrumente und übt mit ihnen Konzertprogramme ein. Kinder sind ähnlich offen für Neues wie er, gehen genauso spielerisch mit neuen Klängen um – ganz ohne Berührungsängste.
Stache: "Sie können staunen, sie können sich auch begeistern, sie haben einfach weniger Vorurteile auch. Also sie sind auch nicht so abgebrüht. Und es wäre eigentlich immer ganz schön, wenn jeder Erwachsene immer noch so ein bisschen Kind in sich hätte. Das ist der Punkt, dass da auch Ideen und Sachen zustande kommen, wo sonst einer eben dann vielleicht nicht drauf kommt."
"Hier ist auch so eine Geschichte. Ich hab zwei Stäbe, und die haben also oben Sensoren, die auf Schwingung reagieren, also auf Erdanziehung, und kann die praktisch durch Herumwedeln sozusagen kann ich dann Töne machen und die natürlich auch verändern. Wenn man den schnell bewegt."
Das technische Know-how für solche Basteleien hat Erwin Stache sich von Kind auf angeeignet. Mit 15 Jahren, Mitte der Siebziger, baut er seinen ersten Synthesizer - das ist umso schwieriger, weil passende Bauteile in der DDR Mangelware sind. Bei einem Schulwettbewerb belegt er damit trotzdem nur Platz zwei: Der Hauptpreis geht an eine Wandzeitung über die Sowjetunion.
Stache: "Und dann sollte ich auf die ‚Messe der Meister von morgen’, und dann war das dort präsentiert, und alle waren ganz begeistert, und wie kann einer so in dem Alter das bauen. Und dann wurde es nicht zugelassen, weil ein einziges kleines Bauteil aus dem Westen war, also aus dem kapitalistischen Ausland, und ich war so ehrlich, dass ich das auch zugegeben hab. Ne kleine 10er-Diode. Und das hat meine Karriere als Wissenschaftler gestoppt."
Den ersehnten Studienplatz in Elektrotechnik bekommt Erwin Stache als sogenanntes "Intelligenzkind" nicht, weil seine Eltern schon studiert hatten. Deshalb schreibt er sich zunächst für Mathe und Physik ein. Später bricht er das Studium aber wieder ab und entscheidet sich für seine zweite große Leidenschaft: Die Musik. Er nimmt Klavierunterricht an der Leipziger Musikhochschule. Bis heute verbindet er die beiden Welten: Logik und Ästhetik, Technik und Musik.
Stache: "Mich hat das auch schon immer beschäftigt, also ich hab auch immer schon neben der Logik auch so eine poetische Seite gesehen. Und wenn der Mathematikprofessor seine Tafel beschmierte mit irgendwelchen Beweisen, dann hab ich auch das Tafelbild als solches gesehen, als Kunstwerk."
Erwin Stache hat im Laufe der Jahre seine Nische in der Neuen-Musik-Szene gefunden. Die Klanginstallationen des 51-Jährigen sind weniger kopflastig als vieles, was man dort sonst zu hören bekommt. Seine Instrumente baut er selbst: Metallstangen, die klingen, wenn man sie mit beiden Händen berührt. Schubkarren, die verschiedene Geräusche von sich geben, je nachdem, wie schnell man sie schiebt. Oft locken Erwin Staches Geräte das Publikum zum Ausprobieren und Mitmachen an.
Stache: "Wenn man das ein bisschen loslässt, kann man das richtig steuern. Also hier bei den beiden ist es natürlich extrem."
Stache: "Ich hab ja viele Jahre auch so Konzerte gegeben. Und dann hatte ich so diesen Wunsch, ähnlich wie ein bildender Künstler, dass man seine Arbeit mal fertig macht in Ruhe, und dann kommen die Leute zur Ausstellungseröffnung und gucken sich alles an, und man steht dann, sag ich jetzt mal, mit einem Glas Rotwein dann in der Ecke und freut sich, wie die Leute reagieren. Deswegen sind auch die Objekte entstanden. Das war wirklich der Grund, dass ich gesagt habe, ich baue etwas, und dann gucke ich mal, was damit passiert."
Von Beginn an legt Erwin Stache Wert darauf, dass er mit seiner Kunst auch die Familie ernähren kann. Zu DDR-Zeiten spielt er Cembalo bei Hochzeiten oder Orgel in Jazz- und Rockbands. Noch als Physikstudent entsteht der Kontakt zu einer Kirchengemeinde in Beucha, einem kleinen Ort östlich von Leipzig, wo er bis heute lebt.
Der gewiefte Bastler Stache soll hier die kaputte Kirchenorgel reparieren. Als der alte Organist abtritt, übernimmt er nebenberuflich dessen Amt. Er genießt das Leben auf dem Land mit Frau und zwei Kindern. Früher hat ihm auch das christliche Gemeindeleben viel bedeutet. Heute sieht er es mit anderen Augen.
Stache: "Dadurch, dass ich jetzt auch viele Leute aus anderen Religionen kennengelernt habe, durch meinen Beruf eben auch - ich kann das nicht behaupten, dass es nur eine Denkrichtung gibt und nur einen Gott in dem Sinne jetzt oder so, ja."
Dinge immer wieder aus einem anderen Winkel betrachten - aus dieser Haltung entsteht auch Erwin Staches Kunst. Er glaubt, dass jeder Alltagsgegenstand auch Funktionen erfüllt, an die der Erfinder nie gedacht hat. Fast nichts ist sicher vor Staches Phantasie, jedes Objekt wird auf einen neuen Zweck hin untersucht. Früher musste seine Familie der Experimentierfreude manchmal Grenzen setzen.
Stache: "Meine Tochter hat mir das beigebracht, zum Beispiel den Meerschweinchenkäfig eben, der auch schön klingt, nicht benutzen zu dürfen. Das war tabu, und das hab ich dann auch wirklich eingesehen, ich hab gesagt: Ok, ist doch schön, wenn mal manche Sachen nicht untersucht werden."
In den vergangenen zehn Jahren hat Erwin Stache immer wieder auch mit Schulklassen gearbeitet. Er leitet Arbeitsgemeinschaften, baut mit den Schülern Instrumente und übt mit ihnen Konzertprogramme ein. Kinder sind ähnlich offen für Neues wie er, gehen genauso spielerisch mit neuen Klängen um – ganz ohne Berührungsängste.
Stache: "Sie können staunen, sie können sich auch begeistern, sie haben einfach weniger Vorurteile auch. Also sie sind auch nicht so abgebrüht. Und es wäre eigentlich immer ganz schön, wenn jeder Erwachsene immer noch so ein bisschen Kind in sich hätte. Das ist der Punkt, dass da auch Ideen und Sachen zustande kommen, wo sonst einer eben dann vielleicht nicht drauf kommt."