Klarer Empfang

Von Po Keung Cheung |
Dass Sie unser Programm kristallklar empfangen können, dafür sorgt digitale Technik in den Sendern. Doch viele hören Radio noch über das analoge UKW-Signal. Im vergangenen Jahr startete mit DAB+ die modernste Form des Digitalradios. Seitdem kommen immer mehr digitale Empfänger in den Handel.
Claudia sitzt am Schreibtisch in ihrer Berliner Wohnung und packt den Inhalt einer kleinen Schachtel aus. Eine CD, eine Antenne und ein gut neun Zentimeter langer USB-Stick namens "ran T Stick plus" von Terratec. Ein neuer Empfänger für DAB+ und DVB-T, also digitales Radio und digitales Antennenfernsehen. Sie schließt das Gerät am Computer an, legt die CD ein, installiert Treiber und Programme. Eine Geduldsprobe, findet die 27-Jährige.

"Es hat ziemlich lange gedauert, bis es überhaupt mal installiert war und dann war es sehr unübersichtlich, also es war nicht wirklich selbsterklärend, es war etwa schwierig, fand ich."

Eine geschlagene Dreiviertelstunde dauert es, bis auch das letzte Programm installiert ist. Erst dann spucken die Lautsprecher die ersten Radiotöne aus. Zwar findet die Software viele Radiosender, sie anzuhören ist aber eher Glückssache. Auf den ersten Blick gelingt das Fernsehen besser.

"Okay, jetzt haben wir das erste Programm. Das läuft eigentlich ziemlich gut…."

Allerdings folgt mit dem Umschalten die Ernüchterung.

"Ja, hier ist der Empfang schon ein bisschen schlechter bei ARTE. Also das Bild ist ab und zu ein bisschen eingefroren, ...okay, jetzt ist der Empfang ganz weg..."

Dabei wohnt Claudia in Sichtweite des Berliner Fernsehturms. Ortswechsel. Hier, in mehr als 200 Metern Höhe, stehen die Sendeanlagen für DAB+ und DVB-T. Mit ihnen werden sechs Millionen Menschen im Großraum Berlin versorgt. Axel Wolf ist technischer Mitarbeiter und kennt Empfangsprobleme wie die von Claudia.

"In der Digitaltechnik ist es, wie das Wort schon sagt: Das Bild ist da oder es ist nicht da. Das heißt, wenn die Signalstärke unterschritten wird, das wird halt der Empfänger irgendwann sagen, ich empfange nichts mehr, weil ich einfach keinen Zustand dazwischen habe."

In der analogen Zeit gab es auch bei schlechtem Empfang Bild und Ton, wenn auch verrauscht. In der digitalen Welt heißt es bei schwachem Signal dagegen "Programmpause". Und der wesentliche Grund hierfür sind die Antennen. Gab es früher auf den Häuserdächern noch große Anlagen, muss nun oft ein Mini-Stab reichen, so auch beim neuen TV-Radio-Stick von Terratec. Kombiniert mit der Hinterhoflage von Claudias Wohnung ist das zu wenig für einen sauberen Empfang, selbst in der Nähe des Fernsehturms.

Axel Wolf verteidigt jedoch die Digitaltechnik. Er zeigt auf ein so genanntes 19-Zoll-Rack, einen 50 Zentimeter breiten Schrank mit einigen elektronischen Geräten für das digitale Antennenfernsehen DVB-T.

"Ein analoger Fernsehsender hatte früher ganz bequem vier, fünf Meter Platz weggenommen. Heute haben wir halt einen DVB-T-Sender, das ist ein 19-Zoll-Rack, der macht also ganz locker vier Programme, der könnte auch mehr. Das heißt also, der Sender ist viel kleiner, viel kompakter geworden, bei weit mehr Programmangebot."

Für Berlin und Brandenburg bedeutet das: Knapp 40 Fernsehprogramme, die digital über Antenne empfangbar sind. Gleich neben der TV-Anlage stehen drei weitere 19-Zoll-Racks mit den Sendern für das digitale Radio DAB+. Bereits heute strahlen rund 30 Programme aus. Künftig sollen es mehr sein. Und nicht nur an deren Zahl, sondern auch an der Flächendeckung wird weiter gearbeitet.

Denn Digitalradio ist in Deutschland immer noch nicht überall empfangbar. So klaffen beispielsweise große Löcher im Nordosten und in Bayern. Der größte Sendeanlagenbetreiber, die "MediaBroadcast" arbeitet mit Hochdruck am Ausbau. Dirk Hetzer, leitender Ingenieur.

"Die Herausforderung ist groß, weil es am Ende des Tages darauf hinausläuft, dass man über hundert Sender aufbauen möchte, um eine sehr gute Flächenversorgung zu ermöglichen. Wir stehen im Augenblick an der Stelle, dass wir etwa die Hälfte, also reichlich 40 Sender geplant und aufgebaut haben oder in der Planung sind für den Aufbau."

Dass es nicht schneller geht und daher noch zahlreiche Lücken gibt, hat auch finanzielle Gründe. Da müssen Prioritäten gesetzt werden, sagt Sebastian Kett von der ARD Digitalradio-Koordination.

"Dementsprechend orientiert sich die Versorgung momentan an den großen Ballungszentren, den Metropolenregionen und es findet derzeit auch parallel ein sukzessiver Ausbau der Vorsorgung entlang der Hauptverkehrsachsen und Bundesautobahnen statt, um Digitalradio-Empfang hauptsächlich eben für den mobilen Kunden, für den mobilen Empfang deutlich zu verbessern."

Claudia will wissen, was hinter dieser Aussage steckt. Neuer Versuch mit dem 40 Euro teuren TV-Radio-Stick. Diesmal unter freiem Himmel.

"Also hier scheint der Empfang wirklich viel besser zu sein. Ganz klar und deutlich! Wechseln wir den Sender noch einmal, probieren wir was anderes... Ja, also hier funktioniert die Senderauswahl auch wirklich problemlos. Unter freiem Himmel ist es wirklich bedeutend besser."

Auch die Fernsehprogramme laufen jetzt ohne Störungen auf den Bildschirm des Notebooks. Und dem digitalen Radio- und TV-Vergnügen draußen im Garten steht nichts mehr im Weg. Selbst im fahrenden Auto funktioniert der Empfang von DAB+ gut, beim Digital-Fernsehen immerhin bis Tempo 100. Gerade in dieser mobilen Nutzung sieht nicht nur Terratec Potenzial, sondern auch andere Hersteller. Speziell für unterwegs hat das Unternehmen cmx nun pünktlich zur Fußball-Europameisterschaft einen tragbaren DVD-Player und einen mobilen 24-Zoll-Fernseher jeweils mit Empfang für digitales Antennenfernsehen auf den Markt gebracht.

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