Klassik im Club-Kontext
Berlin ist die Hauptstadt der Discjockeys. Hunderte, vielleicht sogar tausende von Techno-DJs aus allen Ländern und Kontinenten wohnen hier mittlerweile. Etliche Hip-Hop-, Rock-, Soul-, Funk- und Reggae-DJs kommen dazu - und David Canisius.
Ungewohnte Klänge im "besten Club der Welt": Das Berliner Berghain, sonst der Ort für harten Techno, wird an einem Dienstagabend zum Opernhaus umfunktioniert. Einen DJ aber gibt es trotzdem: David Canisius, der genau weiß, warum der den Job des DJs so mag.
"Er ist ein Zeiger, das finde ich toll. Weil: Das ist auch eine Leidenschaft von mir: die klassische Musik zu zeigen. Was gibt es Schöneres, als mit einem Koffer voller Platten an die Decks zu gehen, aufzulegen, was man so hat und dann einen musikalischen Fluss zu kreieren und wenn die dann so kommen und sich bedanken oder fragen, was das alles war: Gewonnen!"
David Canisius ist 41 Jahre alt. Groß wie ein Baum, ein schlanker und eher dunkler Typ. In Heidelberg geboren, seit 27 Jahren in Berlin zu Hause. David Canisius ist Klassik-DJ - aber nicht nur: Er leitet eine Big-Band, er organisiert Musikshows im Fernsehen, er ist Streicher beim Deutschen Kammerorchester. Mit der Geige fing auch alles, was er heute macht, an. Als Siebenjähriger lernte er mit seinem Vater den ungarischen Dirigenten Tibor Varga kennen.
"Und Tibor Varga hat mich gesehen und gesagt: Der Junge muss Geige spielen. Hat er zwar zu fast jedem Kind gesagt, ist also keine besondere Auszeichnung. Hätte er gesagt: Der muss Cello spielen, dann würde ich jetzt Cello spielen."
Es folgten: Eine intensive Ausbildung an der Geige, Studium in London und Berlin, das Diplom. Der ganz normale Weg eines Orchestermusikers. Und dann noch mehr: 2003 steigt David Canisius bei der "Yellow Lounge" ein. Eine Partyreihe, die klassische Musik in die Berliner Clubs bringt:
"Was mich persönlich immer interessiert, ist der Bruch. Und hier in der Yellow Lounge ist es eben der Bruch, die Musik aus dem traditionellen Saal rauszuholen und in einen anderen Kontext zu stecken. Und dann auch mit den Tools aus einer anderen Welt zu arbeiten.
Also die Werkzeuge zum Beispiel eines Clubs heißt: angefangen vom Türsteher, von dem Tresen, die VJs, die DJ-Kultur. All dessen bedient sich die Yellow Lounge mit dem Faktor ‚Klassische Musik’. Und dadurch ist was Neues entstanden, und das ist das, was zählt und was interessant ist."
Seit sieben Jahren ist David Canisius für die "Yellow Lounge" verantwortlich. Er verhandelt mit den Clubs, sucht Musiker aus der Klassik, die dann dort live spielen - und er legt klassische Musik auf, steht am Mischpult, an Platten- und CD-Spielern, mit dem Kopfhörer auf den Ohren - die typische DJ-Pose, aber mit untypischer Musik.
"Bei der klassischen Musik ist entscheidend, dass man einen musikalischen Fluss erzeugt. Das heißt, beispielsweise lege ich irgendein Seitenthema aus einem romantischen Streichquartett auf und füge dann einen symphonischen Satz von einem Werk, das hundert Jahre später geschrieben wurde, direkt nahtlos da dran. Passt inhaltlich nicht zusammen, aber musikalisch ist es ähnlich im Fluss, dadurch entsteht was Neues."
Vivaldi und Grieg, Brahms und Tschaikowsky, Chopin und Bach - nur einige der Namen, die in den DJ-Sets von David Canisius auftauchen. Und wie es sich für einen erfolgreichen DJ gehört, gibt es mittlerweile auch CDs, auf denen er die Musik zusammengemixt hat - manchmal nimmt er sich hier nur eine Minute aus einem Stück, dort dann wieder fünf. "Yellow Lounge – The Classical Mix Album" heißt die Reihe, von der es bis jetzt drei Teile gibt. Die sind aber nur ein Nebenprodukt. Denn eigentlich geht es David Canisius um etwas ganz anderes:
"Es ist immer so, wenn Du einen Raum betrittst, egal welcher Art, und da läuft klassische Musik, laut und gemischt und es sind Visuals an der Wand, dann hat der Raum eine andere Wirkung als sonst. Das gilt für die, die die Räume kennen. Wenn man jetzt als Konzertgänger in einen Club geht, wo man den Raum nicht kennt, aber seine Musik hört, die man aus den Konzertsälen kennt, dann hat die klassische Musik eine völlig neue Wirkung."
David Canisius ist ein Typ, der Bewegung braucht – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn: Ein Bürojob, die 40-Stunden-Woche, regelmäßige Arbeitszeiten – mit so etwas kann er nicht viel anfangen. Dafür läuft und läuft und läuft er – neben der Musik sind Marathonrennen seine Leidenschaft. In der großen, luftig eingerichteten Altbauwohnung in Berlin-Kreuzberg stehen die Laufschuhe gleich neben den CDs. Hier wohnt er mit seiner Frau, die als Stadtplanerin arbeitet - seit 15 Jahren sind sie zusammen, seit fünf verheiratet.
"Die Briten teilen ja ein in die 'Why-nots’ und die 'Yes-buts", also die 'Warum-nicht' und die 'Ja-aber'. Sie ist der Ober-'Yes, but-Typ' und ich bin der Ober-Why-Not, manchmal streiten wir uns schrecklich, meistens, weil sie mit ihrem blöden 'Ja, aber' oftmals recht hat, aber das ergänzt sich prima."
"Er ist ein Zeiger, das finde ich toll. Weil: Das ist auch eine Leidenschaft von mir: die klassische Musik zu zeigen. Was gibt es Schöneres, als mit einem Koffer voller Platten an die Decks zu gehen, aufzulegen, was man so hat und dann einen musikalischen Fluss zu kreieren und wenn die dann so kommen und sich bedanken oder fragen, was das alles war: Gewonnen!"
David Canisius ist 41 Jahre alt. Groß wie ein Baum, ein schlanker und eher dunkler Typ. In Heidelberg geboren, seit 27 Jahren in Berlin zu Hause. David Canisius ist Klassik-DJ - aber nicht nur: Er leitet eine Big-Band, er organisiert Musikshows im Fernsehen, er ist Streicher beim Deutschen Kammerorchester. Mit der Geige fing auch alles, was er heute macht, an. Als Siebenjähriger lernte er mit seinem Vater den ungarischen Dirigenten Tibor Varga kennen.
"Und Tibor Varga hat mich gesehen und gesagt: Der Junge muss Geige spielen. Hat er zwar zu fast jedem Kind gesagt, ist also keine besondere Auszeichnung. Hätte er gesagt: Der muss Cello spielen, dann würde ich jetzt Cello spielen."
Es folgten: Eine intensive Ausbildung an der Geige, Studium in London und Berlin, das Diplom. Der ganz normale Weg eines Orchestermusikers. Und dann noch mehr: 2003 steigt David Canisius bei der "Yellow Lounge" ein. Eine Partyreihe, die klassische Musik in die Berliner Clubs bringt:
"Was mich persönlich immer interessiert, ist der Bruch. Und hier in der Yellow Lounge ist es eben der Bruch, die Musik aus dem traditionellen Saal rauszuholen und in einen anderen Kontext zu stecken. Und dann auch mit den Tools aus einer anderen Welt zu arbeiten.
Also die Werkzeuge zum Beispiel eines Clubs heißt: angefangen vom Türsteher, von dem Tresen, die VJs, die DJ-Kultur. All dessen bedient sich die Yellow Lounge mit dem Faktor ‚Klassische Musik’. Und dadurch ist was Neues entstanden, und das ist das, was zählt und was interessant ist."
Seit sieben Jahren ist David Canisius für die "Yellow Lounge" verantwortlich. Er verhandelt mit den Clubs, sucht Musiker aus der Klassik, die dann dort live spielen - und er legt klassische Musik auf, steht am Mischpult, an Platten- und CD-Spielern, mit dem Kopfhörer auf den Ohren - die typische DJ-Pose, aber mit untypischer Musik.
"Bei der klassischen Musik ist entscheidend, dass man einen musikalischen Fluss erzeugt. Das heißt, beispielsweise lege ich irgendein Seitenthema aus einem romantischen Streichquartett auf und füge dann einen symphonischen Satz von einem Werk, das hundert Jahre später geschrieben wurde, direkt nahtlos da dran. Passt inhaltlich nicht zusammen, aber musikalisch ist es ähnlich im Fluss, dadurch entsteht was Neues."
Vivaldi und Grieg, Brahms und Tschaikowsky, Chopin und Bach - nur einige der Namen, die in den DJ-Sets von David Canisius auftauchen. Und wie es sich für einen erfolgreichen DJ gehört, gibt es mittlerweile auch CDs, auf denen er die Musik zusammengemixt hat - manchmal nimmt er sich hier nur eine Minute aus einem Stück, dort dann wieder fünf. "Yellow Lounge – The Classical Mix Album" heißt die Reihe, von der es bis jetzt drei Teile gibt. Die sind aber nur ein Nebenprodukt. Denn eigentlich geht es David Canisius um etwas ganz anderes:
"Es ist immer so, wenn Du einen Raum betrittst, egal welcher Art, und da läuft klassische Musik, laut und gemischt und es sind Visuals an der Wand, dann hat der Raum eine andere Wirkung als sonst. Das gilt für die, die die Räume kennen. Wenn man jetzt als Konzertgänger in einen Club geht, wo man den Raum nicht kennt, aber seine Musik hört, die man aus den Konzertsälen kennt, dann hat die klassische Musik eine völlig neue Wirkung."
David Canisius ist ein Typ, der Bewegung braucht – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn: Ein Bürojob, die 40-Stunden-Woche, regelmäßige Arbeitszeiten – mit so etwas kann er nicht viel anfangen. Dafür läuft und läuft und läuft er – neben der Musik sind Marathonrennen seine Leidenschaft. In der großen, luftig eingerichteten Altbauwohnung in Berlin-Kreuzberg stehen die Laufschuhe gleich neben den CDs. Hier wohnt er mit seiner Frau, die als Stadtplanerin arbeitet - seit 15 Jahren sind sie zusammen, seit fünf verheiratet.
"Die Briten teilen ja ein in die 'Why-nots’ und die 'Yes-buts", also die 'Warum-nicht' und die 'Ja-aber'. Sie ist der Ober-'Yes, but-Typ' und ich bin der Ober-Why-Not, manchmal streiten wir uns schrecklich, meistens, weil sie mit ihrem blöden 'Ja, aber' oftmals recht hat, aber das ergänzt sich prima."