Klangrausch
Yannick Nezet-Seguin - das ist ein nicht ganz so leicht zu merkender Name, aber es hilft nichts: Er ist einer DER Dirigenten der jüngeren Generation, mittlerweile Chef in Rotterdam und des Philadelphia Orchestra, gastiert bei den besten Orchester weltweit und nimmt fleißig CDs auf.
Schon nach wenigen Tönen wird offensichtlich, dass hier ein Klangmensch am Werk ist, der aus seinen Musikern alles herausholt, was an Ausdruck, Klangfarben, Schattierungen und sonstigen Finessen möglich ist; ein Dirigent der in Musik schwelgen kann, aber ohne deshalb gleich als oberflächlicher Genussmensch zu gelten.
Yannick Nezet-Seguin ist ein ebenso kluger Analyst wie Hedonist - und das beweist er auf dieser Aufnahme mit allen Schumann Sinfonien besonders eindrücklich. Eine kleine Streicherbesetzung und relativ straffe Tempi sorgen für Leichtigkeit, Transparenz und Durchhörbarkeit. Die Rhythmen federn, er lässt sich vom Überschwänglich-Lebendigen in Schumanns Musik mitreißen, scheut aber auch den Blick in die seelischen Abgründe nicht. Gerade diese Gegensätze scheinen ihn zu faszinieren, ohne dass er den Zuhörer mit der Nase darauf stoßen muss.
Hier und da scheint es ein wenig mit ihm durchgegangen zu sein, ein paar weniger scharfe, weniger abrupte Blechbläsereinwürfe hätten nicht geschadet - aber das sind Petitessen. Ansonsten ist diese Neuaufnahme ein Gewinn, echte Hingabe an die Musik in all ihrer Zerrissenheit und ein moderner Blick darauf zeichnen sie aus.
Label: Deutsche Grammophon