Wissenschaftler unterstützen Klaus Kinzler

"Cancel Culture"-Streit an französischer Universität

08:08 Minuten
Eine Gruppe Studierender demonstriert mit Plakaten vor der Universität Science Po in Grenoble.
Islamophob? Rassistisch? Studierende demonstrieren gegen Professor Klaus Kinzler und einen Kollegen an der Universität Science Po in Grenoble. © imago images/PanoramiC
Moderation: Vladimir Balzer · 22.12.2021
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Einem Professor wird in Frankreich wegen einer Äußerung über Islamophobie Rassismus vorgeworfen. Er wird zum Symbol eines Streits um die Meinungsfreiheit an Universitäten. Die Vorwürfe seien haltlos, sagt Jürgen Ritte, Professor an der Sorbonne in Paris.
Der Fall Klaus Kinzler an der Universität Science Po in Grenoble beschäftigt inzwischen Frankreichs hohe Politik. „Cancel Culture in der Wissenschaft“ heißt das Stichwort, Kinzler erhält Unterstützung von ganz rechts, von Marine Le Pen und dem Präsidentschaftskandidaten Eric Zemmur. Dabei verortet er sich weder bei diesen Politikern noch bei deren Aussagen.
Was steckt dahinter? Professor Klaus Kinzler, in Deutschland geboren und vor Jahrzehnten nach Frankreich gezogen, lehrt an der Science Po in Grenoble. Im vergangenen Winter geriet er in Streit mit einer anderen Professorin und Studierenden. Es ging um eine Veranstaltung, die während einer Aktionswoche zu „Gleichheit und dem Kampf gegen Diskriminierung“ stattfinden sollte. Der Titel: „Rassismus, Antisemitismus und Islamophobie“.
Kinzler wendete sich gegen die Aufnahme der „Islamophobie“ in das Programm. Er begründete das damit, dass Islamophobie nicht auf derselben Ebene anzusiedeln sei wie Antisemitismus und Rassismus.

Kinzler erhält kaum Unterstützung von Wissenschaftlern

Kurze Zeit später machen andere Wissenschaftler den Streit öffentlich. Linksradikale Studierendengruppen positionieren sich gegen Kinzler und einen Kollegen, der ihn unterstützt. Auf Facebook und Co. wird ihm unterstellt, Hass gegen Muslime zu verbreiten. Kinzler erhält kaum Unterstützung von Kollegen und Kolleginnen. Medien werden aber auf ihn aufmerksam, er gibt zahlreiche Interviews.

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Das französische Erziehungsministerium untersucht den Fall Mitte dieses Jahres und kommt zu dem Schluss, dass die Vorwürfe gegen Kinzler und seinen Kollegen haltlos sind. Die Motivation der Studierendengruppen sei es, beide Professoren loszuwerden, weil sie sie als „rechts“ empfinden.
Damit ist der Streit aber nicht beendet. Kürzlich wurde Kinzler von seiner Universität für vier Monate beurlaubt. Nun haben 40 Wissenschaftler in einem öffentlichen Brief Solidarität mit Kinzler bekundet.

"Vorwürfe sind geradezu kriminell"

Jürgen Ritte, Professor für Literaturwissenschaft an der Sorbonne in Paris, nennt die Vorwürfe gegen Kinzler haltlos. Hier wolle eine Minderheit ihre Ideologie durchsetzen. „Das ist nicht wissenschaftlich, sondern geradezu kriminell“, sagt Ritte.
Er verweist darauf, dass gegen einige Studierende, die sich gegen Kinzler engagierten, nach dem Untersuchungsbericht des Ministeriums ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei.
Die Studierenden, die gegen Kinzler protestierten, kämen aus dem Milieu des „islamogauchisme“. „Es sind Leute, die den Wokismus auf eine Spitze getrieben haben, in der es absolut verboten ist, überhaupt noch etwas Kritisches zu der Religion des Islam zu sagen.“
Dabei müsse unterschieden werden zwischen einem Rassismus gegen die arabisch-stämmige Bevölkerung, wie er von Politikern wie dem Präsidentschaftskandidaten Eric Zemmour betrieben werde, und einer Religionskritik, betont Ritte. Das werde von diesen Studierenden, die nicht unbedingt Muslime seien, verweigert.
In dem offenen Brief forderten Wissenschaftler nun ein Machtwort der zuständigen Ministerin. Inwieweit diese das überhaupt tun könne, sei zweifelhaft, sagt Ritte. Denn eigentlich solle das Ministerium sich aus Angelegenheiten der Universitäten heraushalten.
Wichtig zu wissen sei auch, dass sich nur wenige linke Professoren auf Kinzlers Seite gestellt hätten. „Er wird jetzt unterstützt von Rechten, die anti-arabisch eingestellt sind. Das vertritt Kinzler in keiner Weise“ betont Ritte.

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