Musikfest Berlin 2024: Mäkelä dirigerit Oslo Philharmonic

Innere und äußere Landschaften

116:47 Minuten
Blick auf einen Vogelschwarm an einem Küstenstreifen kurz nach Sonnenuntergang.
Die Vogelstimmen nahm Einojuhani Rautavaara für sein "Cantus Arcticus" wurden am Polarkreis und im Marschland von Liminka südlich von Oulu aufgezeichnet. © Fatma Özel
Moderation: Margarete Zander |
Kaum ein Dirigent ist derzeit so gefragt wie Klaus Mäkelä. Beim Musikfest Berlin präsentierte der Finne mit dem Oslo Philharmonic Werke von Rautavaara, Saariaho und Schostakowitsch und stellte damit Vogelzug und Küstenlandschaften neben zerklüfteten Seelenlandschaften.
Auf den Pulten lag ein finnisch-russisches Programm voller Querbeziehungen – und mit der Landschaft als gemeinsamem gedanklichem Nenner.

Landschafts-Programm

In „Cantus Arcticus“ widmete sich Einojuhani Rautavaara 1972 der polaren Vogelwelt, deren Tonbanddokumente er mit dem Orchester zu einem vielstimmigen Ganzen verwob. In „Vista“ bereiste die im vergangenen Jahr gestorbene Kaija Saariaho im Jahr 2019 die Küstenlandschaft Kaliforniens mit den Mitteln der modernen Tondichtung.
In der Fünften Sinfonie von Dmitrij Schostakowitsch schließlich war eine dramatisch gefärbte Seelenklanglandschaft zu erleben, entstanden inmitten des stalinistischen Terrorjahrs 1937. Eine Musik, die unter den Umständen heutiger Weltpolitik nichts von ihrer Eindringlichkeit verloren hat.

Steile Karriere

Das Staunen war groß, als das Concertgebouw-Orchester Amsterdam vor zwei Jahren den damals gerade 26-jährigen Klaus Mäkelä als künftigen Chefdirigenten präsentierte. Zwar hatte sich der Finne als Chef des Oslo Philharmonic und des Orchestre de Paris bereits bei zwei international renommierten Orchestern einen guten Ruf erworben. Aber dann gleich Amsterdam – eines der fraglos besten Orchester der Welt?
Das Staunen wurde noch größer, als in diesem Jahr bekannt wurde, dass Mäkelä nach seinen Engagements in Oslo und Paris und parallel zu Amsterdam auch noch Chefdirigent des Chicago Symphony Orchestra werden soll – eines anderen Spitzenensembles von legendärem Ruf. Eine solche Karriere hat die Musikwelt bislang nicht gesehen: In Mäkeläs Alter war Herbert von Karajan noch Generalmusikdirektor von Aachen.

Cool und zugewandt

Wer nun die Sorge hatte, dass dem gelernten Cellisten der frühe Ruhm zu Kopf gestiegen sei oder er schwer an der Last der Erwartung trage, der wurde im Konzert des Oslo Philharmonic beim Musikfest Berlin eines besseren belehrt. Mäkelä trat mit der unkomplizierten Freundlichkeit auf, die er immer an den Tag gelegt hatte, und er leitete sein norwegisches Orchester mit dirigiertechnischer Präzision ebenso wie mit großer klanglicher Raffinesse.
Aufzeichnung vom 01.09.2024 in der Berliner Philharmonie

Einojuhani Rautavaara
"Cantus Arcticus", Konzert für Vogelstimmen und Orchester op. 61

Kaija Saariaho
"Vista" für Orchester

Dmitrij Schostakowitsch

Sinfonie Nr. 5 d-Moll op. 47

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