Klaus Pokatzky
Die Feuilletons der Tageszeitungen befassen sich mit dem möglichen Ende der deutschen Sprache, dem Umgang mit Doktortiteln und dem Abendessen mit Josef Ackermann im Bundeskanzleramt.
"Du, Leser, genau du – du hast es verdient, geduzt zu werden." Das meint jedenfalls die "FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG". "So wie du dich auch sonst immer mehr hast duzen lassen. Von Anzeigen für skandinavische Möbelkaufhäuser, die wissen wollten, ob du schon lebst oder noch wohnst." Anne Zielke weist auf eine Sprachverarmung der besonderen Art hin. Immer mehr wird geduzt. Und außer dem Duzen gibt es nur noch das Siezen – und nicht so viele verschieden Formen wie in höfischen Zeiten. Das "Ihr" ist aus der Mode gekommen oder das "Er". Schreibe er seinen Blick in die Feuilletons, sagt heute kein Redakteur mehr. Und kein Hörer sagt: Ihr könntet jetzt mal zu einem anderen Thema kommen.
"Ist die deutsche Sprache am Ende?," fragte die "SÜDDEUTSCHE ZEITUNG" – und der "RHEINISCHE MERKUR" meinte: "Rette sich, wer kann, vor den Rettern!" Burckhard Garbe nahm sich lustvoll all die Bekämpfer von Anglizismen in unserer deutschen Sprache vor – und zitierte einige ihrer "Eindeutschungsvorschläge": "Ein Allroundman soll besser Rundumbegabter genannt werden. Ein Bodybuilder ist retterdeutsch ein Muskelmäster. Die Boygroup sollte Jungensinggruppe, das Bungee-Jumping künftig Gummiseilspringen heißen." Burckhard Garbe, der Germanistik an der Universität Göttingen gelehrt hat: "Die Welt geht nicht unter, auch die deutsche nicht, auch nicht die deutschsprachige oder deutsch sprechende oder deutsch schreibende und schon gar nicht, nur weil sie eine Mischung aus vernünftigen und unvernünftigen englisch-amerikanischen Wörtern aufnehmen und verkraften soll ... "
Das Wort "Gegendarstellung" hat noch niemand durch einen Anglizismus ersetzt – es würde sonst vielleicht auch seinen Schrecken verlieren. "Gegendarstellung", stand in der "FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG" – das Peinlichste, das einer Redaktion passieren kann. Diese lautete: "In der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 22. 08. 2009 berichteten Sie unter der Überschrift "Von und zu" auf Seite 38, ich hätte meine Hochzeit mit Nadja Anna Zsoeks an einen Fernsehsender verkauft. Hierzu stelle ich fest: Dies ist unwahr. Bückeburg, den 25. 08. 2009. Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe." Darunter stand als "Anmerkung der Redaktion". "Der Fürst hat recht." Natürlich haben Durchlaucht Recht. Seine Hochzeit kann noch nicht einmal ein Ernst-August Alexander Christian Viktor Hubert Fürst zu Schaumburg-Lippe verkaufen. Er kann Eintrittskarten für seine Hochzeit verkaufen oder die Filmrechte daran – oder er könnte auch seinen schönen Namen und einen Prinzentitel verkaufen, in dem er einfach jemanden adoptiert. Nur seine Hochzeit kann er eben nicht verkaufen und Doktortitel auch nicht. Er ist schließlich kein Hochschullehrer.
"In Deutschland," lasen wir in der "SÜDDEUTSCHEN", "ist der Doktortitel häufig keineswegs Ausdruck lebenslänglicher wissenschaftlicher Berufung, sondern eine Trophäe für Klingelschilder und Visitenkarten." Kein Wunder, wenn da manch Minderbegabte gerne ein paar tausend Euro zahlt für einen gnädigen Doktorvater. Nun also wird ja gegen einhundert besonders Gnädige staatsanwaltschaftlich ermittelt. "Etwa 24.000 Doktortitel werden in Deutschland pro Jahr vergeben. Vor dreißig Jahren war es noch gerade die Hälfte," nannte die "FRANKFURTER ALLGEMEINE" die dürren Zahlen – und jede Investition in einen Doktortitel macht sich bezahlt. "Bei Ingenieuren soll allein der Doktortitel das jährliche Einstiegsgehalt im Durchschnitt um 10.800 Euro auf fast 50.000 Euro erhöhen," hieß es in der "BERLINER ZEITUNG." "Das "Doktormachen" ist seit Jahren ein dickes Geschäft für sogenannte Promotionsberater, oft aber auch für Betrüger," schrieb Torsten Harmsen – und warb dann um Verständnis für arme Privatdozenten, die ihr karges Gehalt aufzubessern haben. "Viele erhalten keinen Cent für ihre Lehre, zu der sie verpflichtet sind. Ein außerplanmäßiger Professor der TU Berlin klagte, dass er weit unter Hartz-IV-Niveau bezahlt werde. Eine Studie ergab vor einiger Zeit, dass 60 Prozent der Berliner Lehrbeauftragten über ein Monatseinkommen von 1000 Euro verfügen. Akademisches Prekariat!"
In der "SÜDDEUTSCHEN" wies Doktor Johan Schloemann auf ein Berufsfeld hin, in dem sich Doktortitel auch prächtig machen: "Übrigens konkurriert Dr. Angela Merkel gerade mit Dr. Frank-Walter Steinmeier, Dr. Guido Westerwelle und Dr. Gregor Gysi." Den Dr. Freiherrn von und zu Guttenberg nicht zu vergessen – Doktor Schloemann von der "SÜDDEUTSCHEN"! Warum hat Horst Schlämmer eigentlich keinen Doktortitel? Immerhin würden ja 18 Prozent der Deutschen seine Partei wählen. "Mit über dem Bauch spannendem Trenchcoat, ungekämmtem Schopf, vorstehenden Zähnen, ständig rutschender Brille und am Handgelenk baumelndem Herrentäschchen verkörpert er den Gegenentwurf zu Deutschlands Wirtschaftsminister und zurzeit meistgeschätztem Politiker, Karl-Theodor zu Guttenberg," lasen wir in der "NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG" zur Erfindung des Komikers Hape Kerkeling – "Als treffende Karikatur eines entkernten deutschen Wahlkampfes," schrieb Joachim Güntner.
Zum Wahlkampf gehört aber auch dieses: "Ich war dabei." So outete sich in der "FRANKFURTER ALLGEMEINEN" deren Mitherausgeber Frank Schirrmacher als einer der Schlemmer, die im Bundeskanzleramt beim Abendessen mit Josef Ackermann schlemmten. "Ich habe gegessen und ich habe geredet, allerdings kaum getrunken." Schnitzel und Spargel, Erdbeeren und Wein gab es übrigens. Die Bundesbildungsministerin Doktor Annette Schavan saß nicht weit von Doktor Frank Schirrmacher, und der Continental-Unternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler. "Frau Schavan blickte freundlich von links herüber, daneben die damals noch nicht arme Frau Schaeffler, die auf meine Frage an Frau Schavan, warum wir den "Dipl.-Ing." abgeschafft haben, sehr interessant über Ingenieure aus China berichtete."
Heute würden sie über Doktortitel reden.
"Ist die deutsche Sprache am Ende?," fragte die "SÜDDEUTSCHE ZEITUNG" – und der "RHEINISCHE MERKUR" meinte: "Rette sich, wer kann, vor den Rettern!" Burckhard Garbe nahm sich lustvoll all die Bekämpfer von Anglizismen in unserer deutschen Sprache vor – und zitierte einige ihrer "Eindeutschungsvorschläge": "Ein Allroundman soll besser Rundumbegabter genannt werden. Ein Bodybuilder ist retterdeutsch ein Muskelmäster. Die Boygroup sollte Jungensinggruppe, das Bungee-Jumping künftig Gummiseilspringen heißen." Burckhard Garbe, der Germanistik an der Universität Göttingen gelehrt hat: "Die Welt geht nicht unter, auch die deutsche nicht, auch nicht die deutschsprachige oder deutsch sprechende oder deutsch schreibende und schon gar nicht, nur weil sie eine Mischung aus vernünftigen und unvernünftigen englisch-amerikanischen Wörtern aufnehmen und verkraften soll ... "
Das Wort "Gegendarstellung" hat noch niemand durch einen Anglizismus ersetzt – es würde sonst vielleicht auch seinen Schrecken verlieren. "Gegendarstellung", stand in der "FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG" – das Peinlichste, das einer Redaktion passieren kann. Diese lautete: "In der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 22. 08. 2009 berichteten Sie unter der Überschrift "Von und zu" auf Seite 38, ich hätte meine Hochzeit mit Nadja Anna Zsoeks an einen Fernsehsender verkauft. Hierzu stelle ich fest: Dies ist unwahr. Bückeburg, den 25. 08. 2009. Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe." Darunter stand als "Anmerkung der Redaktion". "Der Fürst hat recht." Natürlich haben Durchlaucht Recht. Seine Hochzeit kann noch nicht einmal ein Ernst-August Alexander Christian Viktor Hubert Fürst zu Schaumburg-Lippe verkaufen. Er kann Eintrittskarten für seine Hochzeit verkaufen oder die Filmrechte daran – oder er könnte auch seinen schönen Namen und einen Prinzentitel verkaufen, in dem er einfach jemanden adoptiert. Nur seine Hochzeit kann er eben nicht verkaufen und Doktortitel auch nicht. Er ist schließlich kein Hochschullehrer.
"In Deutschland," lasen wir in der "SÜDDEUTSCHEN", "ist der Doktortitel häufig keineswegs Ausdruck lebenslänglicher wissenschaftlicher Berufung, sondern eine Trophäe für Klingelschilder und Visitenkarten." Kein Wunder, wenn da manch Minderbegabte gerne ein paar tausend Euro zahlt für einen gnädigen Doktorvater. Nun also wird ja gegen einhundert besonders Gnädige staatsanwaltschaftlich ermittelt. "Etwa 24.000 Doktortitel werden in Deutschland pro Jahr vergeben. Vor dreißig Jahren war es noch gerade die Hälfte," nannte die "FRANKFURTER ALLGEMEINE" die dürren Zahlen – und jede Investition in einen Doktortitel macht sich bezahlt. "Bei Ingenieuren soll allein der Doktortitel das jährliche Einstiegsgehalt im Durchschnitt um 10.800 Euro auf fast 50.000 Euro erhöhen," hieß es in der "BERLINER ZEITUNG." "Das "Doktormachen" ist seit Jahren ein dickes Geschäft für sogenannte Promotionsberater, oft aber auch für Betrüger," schrieb Torsten Harmsen – und warb dann um Verständnis für arme Privatdozenten, die ihr karges Gehalt aufzubessern haben. "Viele erhalten keinen Cent für ihre Lehre, zu der sie verpflichtet sind. Ein außerplanmäßiger Professor der TU Berlin klagte, dass er weit unter Hartz-IV-Niveau bezahlt werde. Eine Studie ergab vor einiger Zeit, dass 60 Prozent der Berliner Lehrbeauftragten über ein Monatseinkommen von 1000 Euro verfügen. Akademisches Prekariat!"
In der "SÜDDEUTSCHEN" wies Doktor Johan Schloemann auf ein Berufsfeld hin, in dem sich Doktortitel auch prächtig machen: "Übrigens konkurriert Dr. Angela Merkel gerade mit Dr. Frank-Walter Steinmeier, Dr. Guido Westerwelle und Dr. Gregor Gysi." Den Dr. Freiherrn von und zu Guttenberg nicht zu vergessen – Doktor Schloemann von der "SÜDDEUTSCHEN"! Warum hat Horst Schlämmer eigentlich keinen Doktortitel? Immerhin würden ja 18 Prozent der Deutschen seine Partei wählen. "Mit über dem Bauch spannendem Trenchcoat, ungekämmtem Schopf, vorstehenden Zähnen, ständig rutschender Brille und am Handgelenk baumelndem Herrentäschchen verkörpert er den Gegenentwurf zu Deutschlands Wirtschaftsminister und zurzeit meistgeschätztem Politiker, Karl-Theodor zu Guttenberg," lasen wir in der "NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG" zur Erfindung des Komikers Hape Kerkeling – "Als treffende Karikatur eines entkernten deutschen Wahlkampfes," schrieb Joachim Güntner.
Zum Wahlkampf gehört aber auch dieses: "Ich war dabei." So outete sich in der "FRANKFURTER ALLGEMEINEN" deren Mitherausgeber Frank Schirrmacher als einer der Schlemmer, die im Bundeskanzleramt beim Abendessen mit Josef Ackermann schlemmten. "Ich habe gegessen und ich habe geredet, allerdings kaum getrunken." Schnitzel und Spargel, Erdbeeren und Wein gab es übrigens. Die Bundesbildungsministerin Doktor Annette Schavan saß nicht weit von Doktor Frank Schirrmacher, und der Continental-Unternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler. "Frau Schavan blickte freundlich von links herüber, daneben die damals noch nicht arme Frau Schaeffler, die auf meine Frage an Frau Schavan, warum wir den "Dipl.-Ing." abgeschafft haben, sehr interessant über Ingenieure aus China berichtete."
Heute würden sie über Doktortitel reden.