Kleines Theater-Wunder am Stadtrand

Von Christoph Leibold |
Im Herbst 1998 wurde am Münchener Stadtrand, im Stadtteil Freimann, in einem 50er-Jahre-Kino das Metropoltheater mit dem Musical "The Black Rider" von Tom Waits eröffnet. Zum zehnjährigen Bestehen hat Theaterchef Jochen Schölch das Stück neu inszeniert und einmal mehr den exzellenten Ruf dieses kleinen, freien Theaters befestigt.
"The Black Rider" ist eine moderne Version von Carl Maria von Webers Oper "Der Freischütz". Wilhelm, ein Schreiberling, kann nicht schießen, was er können sollte. Denn er liebt Käthchen, die Försterstochter, die nur bekommt, wer ein guter Jäger ist. In seiner Verzweiflung schließt Wilhelm einen verhängnisvollen Pakt mit dem Teufel, der ihm Zauberkugeln verspricht: "Magic Bullets", mit denen er alles trifft, worauf er zielt. Nur die letzte Kugel darf der Teufel lenken. An Wilhelms Hochzeitstag trifft sie dessen geliebtes Käthchen.

Wie schon bei der Eröffnung des Metropoltheaters spielt die Schauspielerin Viola von der Burg diesen Teufel, groß, dunkeläugig, im blutroten langen Mantel, mit expressiver Stummfilmmimik und betörender Stimme: koboldhaft und rauchig verrucht zugleich. Viola von der Burg ist das Zentrum dieser sensationellen Aufführung, in der ein tolles Ensemble mit kaum mehr Requisiten als einem Haufen schwarzer Schirme opulente Bilder auf die Bühne zaubert: Da wird ein geschulterter Schirm zur Jägerflinte; Schauspieler mit halb aufgespannten, über die Köpfe gestülpten Schirmen werden zu Bäumen im Wald; Schirme hinten im Hosenbund eingehängt zu Pferdeschwänzen und sich drehende Schirme zu den Rädern einer Kutsche.

Das ist das Metropoltheater, wie es die Zuschauer in den zehn Jahren seiner Existenz schätzen gelernt haben: ein Theater, das mit kleinen Mitteln, große Wirkung erzielt. Ein Theater, das Fantasieräume in den Köpfen seiner Zuschauer öffnet. Mit dem "Black Rider" hat das Metropol sich und sein Publikum zum 10.Geburstag reich beschenkt.