Klick and Go
Wer kennt das nicht: Man ruft eine Internet-Seite auf und zunächst einmal geschieht nichts. Dann erscheint ein bisschen Text und schließlich kommen ein paar Symbole hinzu, die ihrerseits ankündigen, dass sich demnächst eine Grafik oder ein Bild öffnen soll ...
Spätestens jetzt dürften die meisten die Sache mit einem Mausklick abgebrochen haben. Oder wie lange geben Sie einer Website, um sich zu öffnen? Zwei Sekunden? Fünf? Zehn? Ich gebe zu, dass ich in diesem Punkt sehr ungeduldig bin. Ich denke: Es muss doch nicht sein, dass sich eine Website so quälend langsam öffnet – es geht doch auch anders: Ein Klick, ein Augenblick, und schon erscheint die gewünschte Information auf dem Bildschirm.
Es ist also ganz klar: Eine schnelle Website ist ein Marktvorteil. Wer seine Informationen oder Produkte an Frau und Mann bringen will, tut gut daran darauf zu achten, dass die Inhalte seiner Seite schnell beim Leser, Kunden oder Zuschauer sind. Das Netz selbst – das globale Durchleitungssystem – bevorzugt oder benachteiligt in diesem Punkt niemanden. Von wem auch immer die Bits und Bytes stammen, die ein Websurfer anfordert, sie werden mit der gleichen Geschwindigkeit transportiert – ein Prinzip, das unter dem Namen Netzneutralität von Beginn an zum Grundcharakter des Internets gehörte.
Doch daran könnte sich schon bald etwas ändern – wenn es nach dem Willen der Netzbetreiber geht. Denn diese denken offen darüber nach, ob sich durch das Angebot, die Daten zahlungskräftiger Kunden schneller durchzuleiten als andere, nicht neue Einnahmen generieren lassen könnten: Wer mehr bezahlt, kommt auch schneller durch – damit wäre das Prinzip der Netzneutralität hinfällig.
In den Vereinigten Staaten sind bisher alle Versuche gescheitert, die Netzneutralität gesetzlich zu verankern. Und auch die EU setzt auf den Wettbewerb zwischen den Netzanbietern in der Hoffnung, dieser werde den Erhalt der Netzneutralität schon irgendwie gewährleisten.
Das Thema ist so brisant wie abstrakt. Deswegen lässt es sich nur schwer ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit rücken. Stellen Sie sich vor, auf den Schienen des deutschen Bahnnetzes dürften die Konkurrenten der Bundesbahn ab heute nur noch mit halber Geschwindigkeit fahren. Dann wäre jeder faire Wettbewerb beim Bahntransport unterdrückt und die Bundesbahn wieder uneingeschränkter Monopolist.
Oder wie wäre es, wenn auf unseren Autobahnen nur solche Unternehmen und Privatfahrer die Überholspur benutzen dürften, die dafür auch bezahlen? Das gäbe wohl einen großen Aufschrei. Dabei sind die Gefahren, die von einem Internet der zwei Geschwindigkeiten ausgehen, noch viel größer, weil sie nicht nur Transportunternehmen betreffen, sondern jeden, der seine Dienstleistung via Netz anbieten möchte.
Ulrich Woelk, geboren 1960 in Köln, studierte Physik in Tübingen und Berlin. Sein erster Roman, "Freigang", erschien 1990 im S. Fischer Verlag und wurde mit dem "Aspekte"-Literaturpreis ausgezeichnet. Seit 1995 lebt Ulrich Woelk als freier Schriftsteller in Berlin. Seine Romane und Essays sind unter anderem ins Chinesische, Französische, Englische und Polnische übersetzt. Zuletzt erschien "Joana Mandelbrot und ich".
Es ist also ganz klar: Eine schnelle Website ist ein Marktvorteil. Wer seine Informationen oder Produkte an Frau und Mann bringen will, tut gut daran darauf zu achten, dass die Inhalte seiner Seite schnell beim Leser, Kunden oder Zuschauer sind. Das Netz selbst – das globale Durchleitungssystem – bevorzugt oder benachteiligt in diesem Punkt niemanden. Von wem auch immer die Bits und Bytes stammen, die ein Websurfer anfordert, sie werden mit der gleichen Geschwindigkeit transportiert – ein Prinzip, das unter dem Namen Netzneutralität von Beginn an zum Grundcharakter des Internets gehörte.
Doch daran könnte sich schon bald etwas ändern – wenn es nach dem Willen der Netzbetreiber geht. Denn diese denken offen darüber nach, ob sich durch das Angebot, die Daten zahlungskräftiger Kunden schneller durchzuleiten als andere, nicht neue Einnahmen generieren lassen könnten: Wer mehr bezahlt, kommt auch schneller durch – damit wäre das Prinzip der Netzneutralität hinfällig.
In den Vereinigten Staaten sind bisher alle Versuche gescheitert, die Netzneutralität gesetzlich zu verankern. Und auch die EU setzt auf den Wettbewerb zwischen den Netzanbietern in der Hoffnung, dieser werde den Erhalt der Netzneutralität schon irgendwie gewährleisten.
Das Thema ist so brisant wie abstrakt. Deswegen lässt es sich nur schwer ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit rücken. Stellen Sie sich vor, auf den Schienen des deutschen Bahnnetzes dürften die Konkurrenten der Bundesbahn ab heute nur noch mit halber Geschwindigkeit fahren. Dann wäre jeder faire Wettbewerb beim Bahntransport unterdrückt und die Bundesbahn wieder uneingeschränkter Monopolist.
Oder wie wäre es, wenn auf unseren Autobahnen nur solche Unternehmen und Privatfahrer die Überholspur benutzen dürften, die dafür auch bezahlen? Das gäbe wohl einen großen Aufschrei. Dabei sind die Gefahren, die von einem Internet der zwei Geschwindigkeiten ausgehen, noch viel größer, weil sie nicht nur Transportunternehmen betreffen, sondern jeden, der seine Dienstleistung via Netz anbieten möchte.
Ulrich Woelk, geboren 1960 in Köln, studierte Physik in Tübingen und Berlin. Sein erster Roman, "Freigang", erschien 1990 im S. Fischer Verlag und wurde mit dem "Aspekte"-Literaturpreis ausgezeichnet. Seit 1995 lebt Ulrich Woelk als freier Schriftsteller in Berlin. Seine Romane und Essays sind unter anderem ins Chinesische, Französische, Englische und Polnische übersetzt. Zuletzt erschien "Joana Mandelbrot und ich".