Nur der erste Satz einer langen Geschichte
In der Politik wird der Klimavertrag von Paris bejubelt: Die Weltgemeinschaft will die Temperaturerhöhung auf deutlich unter zwei Grad begrenzen. Das sei allerdings nur mit einer Vollbremsung bei den Emissionen zu schaffen, kommentiert Georg Ehring.
Es geht also doch: Sechs Jahre nach dem gescheiterten Gipfel von Kopenhagen hat die Welt sich auf einen Vertrag zum Schutz des Klimas geeinigt. Der Jubel im Plenarsaal in Paris Le Bourget war groß und er war berechtigt: Die Weltgemeinschaft steht am Ende doch in einer Existenzfrage zusammen, nach jahrelang scheinbar fruchtlosen Verhandlungen und allen Gegensätzen zum Trotz.
Reiche Industrieländer wie Deutschland und die USA, wachstumshungrige Schwellenländer wie Indien und Brasilien, Entwicklungsländer in Afrika und sogar vom Untergang bedrohte Pazifikstaaten wie Tuvalu haben einen gemeinsamen Nenner gefunden für den Klimaschutz. Das Ergebnis geht viel weiter, als selbst Optimisten es vorher erwartet hatten. Das neue Symbol heißt eineinhalb Grad: Die Weltgemeinschaft will die Temperaturerhöhung auf deutlich unter zwei Grad begrenzen, wenn möglich sogar unter eineinhalb Grad.
Dabei ist klar, dass die eineinhalb Grad nur mit einer Vollbremsung bei den Emissionen zu schaffen sind. Schon um unter zwei Grad zu bleiben, werden wir uns enorm anstrengen müssen: Innerhalb weniger Jahrzehnte müssen jetzt die Kohlekraftwerke in den Industrieländern schließen, auch Deutschland muss schneller aus der Braunkohle aussteigen. Entwicklungsländer müssen ihre Industrialisierung gleich mit erneuerbaren Energien angehen. Autos müssen viel sparsamer und auf Dauer auf Elektrobetrieb umgestellt, Häuser besser gedämmt werden, um mit weniger Heizenergie auszukommen.
Es müssen Taten folgen
Industriebetriebe müssen ihren Bedarf an Elektrizität und Prozesswärme verringern, wo immer das möglich ist. Und Flugreisen müssen deutlich teurer werden - nirgendwo wachsen die CO2-Emissionen stärker als hier und das können wir uns künftig nicht mehr leisten. All dies muss weltweit umgesetzt werden und schon diese Aufzählung zeigt: Den schönen Worten im Vertragstext müssen ziemlich viele und weit reichende Taten folgen.
Die Dekarbonisierung wird Konflikte bringen, doch sie muss sein. Die Alternative wäre eine Welt voller Wetterkatastrophen, Dürren und Hitzewellen, mit Millionen von Klimaflüchtlingen und einem Meeresspiegel, der über die Jahrhunderte Meter um Meter ansteigt, bis heute dicht besiedelte Küstenregionen geräumt werden müssen. Forscher haben in Paris immer wieder darauf hingewiesen, dass wir das aus wissenschaftlicher Sicht die zu den Klimazielen passenden CO2-Emissionsen eher kleiner ansetzen müssen als größer. Schon heute hat sich die Erde um ein Grad erwärmt und schon die Treibhausgase, die sich bereits in der Atmosphäre befinden, werden für einen weiteren Anstieg der Temperaturen sorgen. 2015 wird mit Abstand das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen, auch dies ist ein Warnsignal.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hatte recht, als sie gestern Abend sagte: Wir haben zusammen Geschichte geschrieben. Allerdings war der Gipfel von Paris nur der erste Satz in der langen Geschichte vom Ausstieg aus fossilen Energieträgern.