Albrecht von Lucke, 1967 geboren, ist Jurist und Politikwissenschaftler sowie politischer Publizist. Seit 2003 ist er Redakteur der politischen Monatszeitschrift "Blätter für deutsche und internationale Politik".
Absage an große Illusionen und Konsens
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Die Vorstellung von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, es könne in der Klimapolitik einen nationalen Konsens geben, hält der Publizist Albrecht von Lucke für absurd. Er erwartet ganz im Gegenteil harte Konflikte und Debatten um Verbote.
"Klimapolitik wird nicht im Konsens zu machen sein", sagte unser Studiogast, der Publizist Albrecht von Lucke, im Deutschlandfunk Kultur. Der Politologe kritisierte damit Äußerungen der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, die sich in einem Interview für einen nationalen Klimakonsens ausgesprochen hatte.
Vorwurf des "Greenwashing"
"Das ist eine große Illusion, die sie hier erzeugt", sagte Lucke. Die CDU-Chefin betreibe mit solchen Aussagen "Greenwashing". Es sei politisch eine völlig absurde Vorstellung, man könne alle umarmen – auch Fridays for Future ins Boot holen. "Nein, ganz im Gegenteil: Wir werden ganz, ganz harte Konflikte bekommen."
Der Einbruch von "Katastrophen" zwinge die Politiker, jetzt auch in der Union, zu symbolischer Politik. Deshalb wollten sie auch zunächst einmal die Nachhaltigkeit im Grundgesetz verankern. "Das ist gut gemeint, bedeutet noch nichts", sagte Lucke. Es werde stattdessen in den nächsten Jahren Konflikte und Diskussionen geben, wie man sie bisher noch nicht gekannt habe.
Debatte um Verbote
Nach den aktuellen Interviews von Kramp-Karrenberger in der "Welt am Sonntag" und dem Grünen-Chef Robert Habeck im Deutschlandfunk, stelle sich die Frage, "wie scharf muss grüne Politik gemacht werden." Dabei müsse auch darüber nachgedacht werden, ob man in Teilen zu Verboten greifen müsse. Er finde es erstaunlich, dass selbst der CSU-Chef Markus Söder Plastiktüten verbieten lassen wolle.
"Ich halte es deshalb für die zentrale Frage, weil es da schmerzt", sagte Lucke über mögliche Verbote. Die Grünen würden bereits als die "Verbotspartei" denunziert. Dabei sei die Frage, ob sie sich das nicht sogar stärker zu eigen machen sollten. Auch der Kohleausstieg sei ein Verbot und die Gesellschaft kenne bereits viele Verbote.
Es geht um die Zukunft
"Wir leben in einer Verbotsgesellschaft", sagte Lucke. Das sei die bürgerliche Gesellschaft von Anfang an. Allerdings gebe es anders als beim Privateigentum noch keine grundsätzliche Klärung, was die Benutzung öffentlichen Raumes angehe. "Auch die Frage der Zukunftsnutzung, wie hart darf der Einzelne zukünftige Lebenschancen künftiger Generationen verletzen?", darum gehe es beispielsweise bei der Debatte um das Verbot von kurzen Flügen.
Eigentlich wäre es sinnvoller, die Kosten für Umweltschäden, beispielsweise beim Gebrauch von Kerosin oder bei großen Kreuzfahrtschiffen einzupreisen. Viele Probleme würden gelöst, wenn da die Preise stiegen. "Es würden Reisen gar nicht mehr getätigt, weil sie zu teuer sind." Aber das habe eine "soziale Schlagseite". Auch deshalb werde es im Konsens nicht gehen. "Noch viel radikaler gesprochen, es geht letztlich um das westliche Lebensmodell."
(gem)