Klimaschutz im Wahlkampf

Rütteln uns nur Katastrophen auf?

07:57 Minuten
Zerstörte Häuser im Hochwasser in einem Ort im Ahrtal in der Eifel zwischen Dernau und Walporzheim am 15. Juli 2021.
Es werde noch viel schlimmer kommen als die Flutkatastrophe im Ahrtal, sagt der Wissenschaftler Volker Quaschning. © picture alliance / Geisler-Fotopress / Christoph Hardt
Volker Quaschning im Gespräch mit Axel Rahmlow |
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Kurz vor der Bundestagswahl hat die Bewegung Fridays for Future für mehr Klimaschutz demonstriert. Tatsächlich werde kein Parteiprogramm im Wahlkampf den nötigen Zielen gerecht, sagt der Forscher Volker Quaschning. Er setzt weiter auf Aufklärung.
Bei den Wahlkampfauftritten am letzten Tag vor der Bundestagswahl wird es sicher auch um Klimaschutz gehen. Doch eines ist klar: Für diejenigen, die am gestrigen Freitag mit der Bewegung Fridays for Future (FFF) auf die Straße gegangen sind, wird das nicht ausreichend sein – so wie im gesamten Bundestagswahlkampf. Die Gründerin der Bewegung, die Schwedin Greta Thunberg, sagte in Berlin, Deutschland sei der viertgrößte CO2-Emittent in der Geschichte. "Für eine Nation mit 80 Millionen Einwohnern ist das eine bemerkenswerte Leistung. Deutschland ist einer der größten Klimaschurken."
Volker Quaschning, Ingenieurwissenschaftler und Mitglied der Bewegung Scientists for Future, die FFF unterstützen, sagt: Wenn man unsere Verantwortung hinsichtlich des Klimaschutzes anschaut, sei das durchaus richtig. "Wir haben die großen Emittenten China und die USA – und dann kommen relativ schnell wir", so der Professor für regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Für ein kleines Land wie Deutschland sei das "schon relativ beeindruckend".
Es gehe darum, die Menschheit aufzurütteln. "Viele Menschen lehnen den Klimaschutz ab oder ignorieren ihn zumindest." Doch am Ende betreffe es ja alle, wie etwa die Flutkatastrophe im Ahrtal gezeigt habe: "Wenn die Klimafolgen kommen, so wie wir das aus der Wissenschaft erwarten, dann wird es für alle Menschen hier in Deutschland relativ ungemütlich werden." Deshalb sei es "so wichtig, dass wir ins Handeln kommen", sagt Quaschning.

Vorschläge von Grünen und Linken reichen auch nicht

Zwar spiele der Klimaschutz im Vergleich zum Wahlkampf vor vier Jahren eine größere Rolle. Doch die konkreten Maßnahmen seien "bei vielen Parteien immer noch relativ dürftig". Um die wissenschaftliche Erkenntnis, dass wir "etwa in den 2030er-Jahren klimaneutral werden müssen", zu erreichen, genüge letztlich keines der Programme der Parteien, die in den Bundestag wollen.
Mit den Forderungen von CDU und SPD – etwa Kohlekraftwerke bis 2038 zu betreiben – sei es gar nicht möglich, die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen und im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarten Klimaziele einzuhalten.
Bei Grünen und Linken seien die "Einzelmaßnahmen an sich schon ok". Nur: In der Summe reichten auch sie nicht.

Aufklärung durch Wissenschaft

Angesichts des Stellenwerts, den Klimaschutz in der Gesellschaft hat, sehe man bei der jungen Generation "sehr, sehr viel Frust", erklärt Quaschning. Bei der älteren Generation habe man den Eindruck, sie habe ihre eigenen Probleme und nehme die Dramatik der Situation nicht oder kaum wahr. Dennoch habe er Hoffnung, dass auch dort die Notwendigkeit des Wandels – wenn auch langsam – ankomme.
Er setze auf weitere Aufklärung durch die Wissenschaft, sagt Volker Quaschning. Das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung habe zum Beispiel vor genau solchen Hochwasserereignissen, wie jetzt im Ahrtal geschehen, gewarnt. Doch: "Leider brauchen die Menschen immer solche Warnschüsse und Katastrophen, um aufzuwachen." Und leider werde es noch "viel, viel schlimmer kommen". Dabei seien wir die Generation, die das noch in den Griff bekommen könne. "Wenn alle Menschen das verstehen, dann glaube ich auch, dass wir ins Handeln kommen."
Allerdings brauche es Tempo, denn "die Zeitachse wird knapp". Deshalb sei es mit Blick auf die neue Bundesregierung wichtig, schnell zu handeln. Zum einen müsse darauf geachtet werden, die Klimaziele nicht mit problematischen Altlasten wie Autos mit Verbrennungsmotor und Heizungen zu torpedieren. Zum anderen müsse der Ausbau von erneuerbaren Energien um den Faktor sechs gesteigert werden.
(abr)
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