"Solche Hitzeentwicklungen wie in Indien werden erst enden, wenn wir endlich Klimaschutz so ernst nehmen, dass wir es als Top-Priorität der Regierung behandeln und die Emissionen sehr, sehr rasch herunterfahren. Und sehr rasch heißt: Weltweit halbieren bis 2030. Und die Industrieländer müssen da noch schneller vorangehen, dazu haben sie sich in Paris verpflichtet."
Stefan Rahmstorf
Hitzewelle in Indien
"Teile von Südasien werden auch in Zukunft extremen Hitzestress erleben", konstatiert der Weltklimarat IPCC in seinem aktuellen Bericht. Hier Kolkata in Indien. © imago / NurPhoto / Debarchan Chatterjee
Es wird lebensgefährlich
21:06 Minuten
Kaum Zeit zum Luftholen: Erneut überrollt eine extreme Hitzewelle Teile von Südasien. Vor allem Indien und Pakistan sind betroffen. Örtlich kann die 50 Grad Marke angekratzt werden. Es gibt auch Todesopfer. Was hat das mit dem Klimawandel zu tun?
Indien hat den heißesten März seit Beginn der Aufzeichnungen hinter sich, sagt Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Teile von Indien auch den heißesten April und diese Hitzewelle dauere immer noch an.
Der Klimaforscher war selbst an einer aktuellen Studie beteiligt, deren Ergebnis es ist, dass durch die Erderhitzung die Häufigkeit von solch extremer Hitze weltweit im Vergleich zu den 50er- bis 70er-Jahren um das 90-fache häufiger geworden ist.
Kühlen bei hoher Luftfeuchtigkeit ist schwierig
Da Stefan Rahmstorf gemeinsam mit seinen Kolleg:innen das Phänomen "Zunahme der Hitzewellen" schon lange studiert, ist er von der Entwicklung in Südasien auch nicht überrascht worden.
Südasien sei ein Bereich der Erde, der schon lange unter einer besonderen Hitzebelastung lebe. Dabei komme es auf die Kombination Temperatur und Luftfeuchtigkeit an. Mit wachsender Luftfeuchte werde es für die Menschen immer schwieriger, sich herunterzukühlen.
In dieser Region komme man damit schon nah an den tödlichen Bereich heran, wo man sich nicht mehr längere Zeit im Freien aufhalten könne, ohne das es lebensgefährlich werde.
"Das ist erst der Beginn"
Was man in dieser Region erlebe, sei erst der Beginn, so Rahmstorf. Denn bis die globalen Treibhausemissionen auf Null reduziert seien, werde die Temperatur weiter steigen. Sie werde erst dann stabilisiert, "wenn wir zu null Emissionen gekommen sind".
Deshalb stelle der Bericht des Weltklimarats IPCC ja auch fest, dass man die Emissionen bis in acht Jahren, Weltweit halbieren müsse und danach weiter auf null herunterfahren.
Die Hitze in Indien geht uns alle an, sagt der Klimaforscher. Die Ursache der globalen Erderwärmung sei seit Jahrzehnten klar. Die Weltgemeinschaft habe schon beim Erdgipfel 1992 in Rio beschlossen, eine gefährliche Klimaerwärmung zu verhindern. Und das sei jetzt genau 30 Jahre her. Getan worden sei seitdem aber viel zu wenig.
Das Ziel ist noch zu schaffen
Trotzdem heiße es jetzt: nicht aufgeben. Man müsse um jedes zehntel Grad Begrenzung der Erderwärmung kämpfen. Es sei physikalisch durchaus noch möglich, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Was auch sehr wichtig sei, um verheerende Folgen zu vermeiden.
Dieses Ziel sei schaffbar, da wir die dafür notwendigen Technologien bereits haben. Im Fokus stehe die Energiewende, so Rahmstorf: also das Wegkommen von den fossilen Energien.
Für Indien und Pakistan rechnet der Klimaforscher mit einer nachhaltigen Besserung der Hitzewelle erst mit dem Einsetzen des Monsuns, also wahrscheinlich im Juni. Es sei sehr wahrscheinlich, dass man im Nachhinein feststellen werde, dass die Sterblichkeitsstatistik aktuell nach oben schnellt.
(ik)