Klimawandel

Klimabewusstsein schaffen! Nur wie?

In Paris demonstrieren Menschen dafür, den Klimaschutz zu verstärken.
Weltweit setzen sich viele Menschen dafür ein, den Klimaschutz zu verstärken. Wie kann man auch die anderen dazu bewegen, etwas gegen den Klimawandel zu tun? © AFP
Von Esther Schelander |
Um wenigstens die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch abzuwenden, müssten alle ihr Verhalten verändern. Doch wie sensibilisiert man Menschen für diese Notwendigkeit? Mehr Information und Aufklärung hilft jedenfalls nicht, hat eine Studie festgestellt.
"Als würden wir gerade als Menschheit ein Auto auf eine Hangkante zuschieben" - "Dieser Sommer ist der normale Sommer der Zukunft" - "eine Kettenreaktion, die möglicherwiese nicht gestoppt werden kann"...
Düstere Szenarien. Sie erreichen und erschüttern uns. Doch bei vielen Menschen lösen sie auch Hilflosigkeit aus: Was soll ich alleine ausrichten?
Um aktiv zu werden, brauchen Menschen das Gefühl, dass sie etwas bewirken können, sagt Torsten Grothmann. Er ist Klima-Wissenschaftler an der Universität Oldenburg und berät Politiker.
"Obama hat es 'Yes we can' genannt. Also man könnte es auch als 'Yes we can'-beliefs bezeichnen. Da zeigt sich, wenn man die steigert, wenn man das anspricht, dann ist interessanterweise, dass sich auch die individuellen Wirksamkeitsüberzeugungen erhöhen. Also dann auch dadurch sich die Leute auch einzeln wieder handlunsgmächtiger fühlen."

Lieber Gruppen als Individuen ansprechen

Die Kommunikation verlagern - weg von Individuum hin zum Gruppe. Das hat noch einen weiteren Vorteil: Gruppen teilen Werte und Normen. Und diese lassen sich in der Klimakommunikation direkt adressieren.
"Wenn in konservativen Gruppen 'Verschwendung' kritisch gesehen wird. Irgendwas zu verschwenden, das entspricht nicht der Norm, das tut man einfach nicht. Wenn man dann versucht, Klimaschutz in dieser Hinsicht zu kommunizieren und deutlich zu machen: Ja, wir wollen eben auch nichts verschwenden. Wir wollen unsere Ressourcen nicht verschwenden und sie effizient einsetzen. Dann hat man da wieder einen Bezug zu dieser Norm, die in dieser Zielgruppe wichtig ist."
Doch wer kann Menschen überhaupt erreichen und sie für den Klimawandel sensibilisieren?
"In der Kirche in Texas haben wir ein Ehepaar kennengelernt. Sie haben mich gefragt, was ich beruflich mache, und ich habe gesagt: Ich erforsche die Erderwärmung. Sie haben gesagt: Toll! Wir brauchen jemanden wie dich! Jemanden, der unseren Kindern die Wahrheit sagt. In der Schule wird erzählt, dass die Arktis schmilzt und die Eisbären in Gefahr sind. Ich habe ihnen geantwortet: Ich fürchte, das stimmt auch."
Die Amerikanerin Katherine Hayhoe in einem Youtube-Video im Channel: NOVA's Secret Life of Scientists and Engineers. Katherine Hayhoe ist Klimaforscherin - und evangelikale Christin. Ihr Einsatz gegen den Klimawandel zeigt: Das ist ein Thema, das ganz verschiedene Menschen betrifft.

Die Menschen da abholen, wo sie stehen

"Und damit gibt es auch ganz verschiedene Perspektiven, ganz unterschiedliche Problemdefinitionen und Lösungsstrategien, die Menschen an unterschiedlichen Plätzen auf dieser Welt entwickeln dürfen, sollen, können", sagt Imke Hoppe von der Universität Hamburg.
"Dementsprechend glaube ich, dass die Deutungshoheit nicht nur bei dem einen Kommunikator, zum Beispiel IPCC liegen darf, sondern dass es tatsächlich so ist, dass Menschen anderen Menschen Vertrauen schenken, die zum Beispiel in ihrem Umfeld leben."
Diejenigen, die der IPCC, der Weltklimarat, nicht erreicht, könnten Menschen wie Katherine Hayhoe erreichen. Sie antwortet Skeptikern, die sich in ihrer Argumentation auf die Bibel beziehen:
"Es gibt einen Bibelvers: Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Sommer und Winter. Manche Menschen sagen, wie kann es den Klimawandel geben, wenn es immer Jahreszeiten geben wird. In der nördlichen Hemisphäre wird es zwar immer Somme und Winter geben, sie werden aber insgesamt wärmer sein."

Perfekte Vorbilder sind keine guten Vorbilder

Wenn wir Geschichten von Menschen hören, die sich für das Klima einsetzen, haben wir das Gefühl, dass auch wir etwas verändern können. Das hat Imke Hoppe in ihrer Dissertation untersucht. Welche Protagonisten werden als besonders motivierend erlebt?
"Dass man Menschen in einem Bericht sieht, die eben nicht heldenhafte Klimaschützer sind, die immer und stets alles richtig machen. Sondern auch täglich in Zwiespälten gefangen sind, die Zeitnot haben und deswegen bestimmte Sachen nicht so klimaschonend hinkriegen, wie sie es vielleicht gerne machen würden, die bestimmte Informationen nicht haben und die es vernachlässigt haben, nochmal nachzuschlagen zum Beispiel, ob es wirklich so schlimm ist, die Avocado zu kaufen. Genau so eine Darstellung hat in meiner Dissertation dazu geführt, dass Menschen eher bereit waren, über die Veränderung ihrer eigenen Routinen nachzudenken."
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