Nichtstun wird deutlich teurer
Die von Angela Merkel geführten Bundesregierungen haben beim Klimaschutz viel Zeit verplempert. Auch das am Mittwoch verkündete Paket sei kein Aktionsprogramm, sondern nur eine weitere Ankündigung, kritisiert Theo Geers.
Zweifellos, die Richtung stimmt. Die Regierung Merkel/Gabriel geht endlich ihr massives Glaubwürdigkeitsproblem an, das die Kanzlerin und ihr heutiger Vizekanzler vor sieben Jahren mit geschaffen haben. In roten Anoraks besichtigten beide damals die grönländischen Gletscher, es sind bis heute die Bilder, die den Klimawandel fassbar machen. Sie transportierten zudem die Botschaft, dass hier zwei Politiker endlich kapiert hatten, was durch den Klimawandel alles auf dem Spiel steht.
Doch wer glaubwürdig sein will, darf nicht nur in roten Anoraks vor weißen Gletschern posieren und ankündigen, als Vorreiter beim Klimaschutz den CO2-Ausstoß um 40 Prozent senken zu wollen. Irgendwann muss man dann auch liefern. Da aber haben die von Angela Merkel geführten Regierungen viel Zeit verplempert. Nun müssen bis 2020 die Anstrengungen glatt verdreifacht werden, um das Ziel doch noch zu erreichen.
Doch bei genauem Hinsehen zeigt sich: Diese Klimaschutzpaket ist noch längst nicht zu Ende geschnürt, es ist ein Ankündigungs-, aber noch kein Aktionsprogramm. Beispiel Kraftwerke: Deren CO2-Ausstoß soll noch einmal um 22 Millionen Tonnen sinken. Doch diese zusätzliche Menge ist gar nicht das Hauptproblem. Auch jetzt schon müssten die Kohlekraftwerke ihre CO2-Emissionen bis 2020 auf 341 Millionen Tonnen senken, mit dem heute verabschiedeten Plan sollen es 319 Millionen werden. Das Problem steckt im Vergleich mit den 420 Millionen Tonnen CO2, die im letzten Jahr tatsächlich aus den Kraftwerksschloten heraus kamen. Danach müssen die Kraftwerksbetreiber also in Wirklichkeit 100 Millionen Tonnen einsparen.
Elektroautos: Das Ziel ist nicht mehr zu schaffen
Das vermittelt eine Ahnung, wie weit Deutschland hinter seinen Klimaschutzzielen tatsächlich hinterher hinkt. Im Verkehrssektor klafft eine ähnlich große Lücke bei den Elektroautos: 24.000 sind zugelassen, eine Million sollen es bis 2020 sein. Das ist nicht zu schaffen. Dann die Fragezeichen, die hinter der geplanten steuerlichen Absetzbarkeit von Energiesparmaßnahmen bei Gebäuden stehen. Das hätte der Bund gerne, doch wegen der damit verbundenen Einnahmeausfälle müssen die Länder dem zustimmen. Das aber dürften sie nur tun, wenn sich der Bundesfinanzminister in einem Kuhhandel darauf einlässt, diese Ausfälle der Länder auszugleichen und damit die Kosten der Gebäudesanierung faktisch allein zu tragen. Wolfgang Schäuble hat mit solchen Verhandlungen einschlägige und aus seiner Sicht keine guten Erfahrungen.
Dabei weiß jeder: Am Klimaschutz und einem deutlich niedrigeren Einsatz von Kohle, Öl und Gas führt kein Weg vorbei. Beim jetzt absehbaren Feilschen um ein paar hundert Millionen Euro hier oder da, beim Bund oder bei den Ländern, darf das nicht unter den Tisch fallen. Denn egal wer zahlt: Es ist in jedem Fall gut angelegtes Geld. Nichtstun beim Klimaschutz wird deutlich teurer.