Ronald D. Gerste: Wie das Wetter Geschichte macht. Katastrophen und Klimawandel von der Antike bis heute
Verlag Klett-Cotta Stuttgart, 24. Oktober 2015, 288 Seiten, 19,95 Euro, auch als ebook
Regengeplagt und vertrocknet - die Last des Wetters
Klimaveränderungen und von menschlichen Faktoren unterstützte Naturkatastrophen waren in allen Perioden der Zivilisationsgeschichte wichtige Einflussfaktoren. Ronald D. Gerste untersucht diese Zusammenhänge, aber er betont: Rückschlüsse auf die Zukunft sind schwer.
Das Klima habe das Gedeihen und Vergehen menschlicher Gesellschaften beeinflusst, das Wetter sich zumindest episodenhaft ins historische Geschehen eingemischt. Doch realistisch betrachtet, so räumt Ronald D. Gerste ein, seien das langfristig, großräumig wirkende Klima oder das kurzfristig, regional auftretende Wetter immer nur ein Faktor unter vielen geblieben.
Er beschreibt aus europäischer Sicht die mittelalterliche Wärmeperiode (950-1000), die Zeit des langen Regens (1315-1350) und die kleine Eiszeit (1315-1850). Wärme habe meist wirtschaftliche und kulturelle Blüte gebracht, Kälte ein hartes Leben mit Hunger, Krankheit und Tod.
Wetter und Klima als ein Faktor unter vielen
Der äußerst kalte Winter der Jahre 1941/42 bremste den Russlandfeldzug Hitlers aus und das operativ günstigste Datum für die Landung der Alliierten an der französischen Künste lag ganz in der Hand militärischer Meteorologen, die auch eine Portion Glück hatten, denn nach dem 6. Juni 1944 zog ein schwerer Sturm auf, den sie nicht vorhergesehen hatten.
Den Mayas sei es mit Erfindergeist gelungen, in Mittelamerika eine Hochkultur aufzubauen, die sich geschickt mit dem Wechsel von tropischen Regenfällen und monatelanger Dürre arrangierte, bis das regionale Klima kippte, angetrieben von ihren Waldrodungen. Weswegen an ihrem Aussterben auch der eigene Erfolg Schuld gewesen sei, so der Wissenschaftsjournalist und Historiker, also Überbevölkerung und Raubbau an der Natur.
Nicht anders stellt er die Lage im sonnigen, dürregeplagten Kalifornien dieser Tage da. Als prosperierende Region steigerte es Bevölkerung wie landwirtschaftliche Nutzfläche, mithin den Wasserverbrauch. Bleibt nun der Schnee in den nahen Bergen aus und versiegen die Vorräte, dann beweisen Klima und Wetter den Bewohnern, dass ihr Lebensstil den amerikanischen Bundesstaat allein aus natürlichen Gegebenheiten heraus überfordert hat.
Schneefälle statt Hitzerekorde durch Vulkanausbruch
Wie Klima und Wetter im Laufe der Jahrtausende hin und her schwankten, erfahren Wissenschaftler aus Ablagerungen im ewigen Eis der Arktis, Antarktis und Grönlands, aus den Sedimenten der Ozeane, aus Proben von Korallen und Tropfsteinhöhlen, aus den Jahresringen der Bäume – und aus historischen Aufzeichnungen.
Darin finden sich beispielsweise Hinweise auf die Aktivitäten von Vulkanen, die sich nicht nur in der näheren Umgebung auswirkten, sondern ihr Material hoch in Atmosphäre und rund um den Globus schleuderten, dabei Springfluten auflösten und auf der Erde die Temperatur abkühlten.
So zitiert Ronald D. Gerste den Klimahistoriker Wolfgang Rammacher, der warne, dass jederzeit ein schwerer Ausbruch irgendwo auf der Welt - selbst in Deutschland - statt Hitzerekorde sommerliche Schneefälle bringen könnte.
Anders als früher sei die globale Erwärmung zumindest partiell von Menschen verursacht und zudem die Bevölkerung der Erde noch nie so groß gewesen. Weshalb sich aus der Vergangenheit nicht schließen lasse, wie das Klimasystem in der Zukunft reagieren werde. Wohl aber zeige sich der Planet – gerade in der Rückschau – als klein, zerbrechlich und voll.