Meinung
Wenn kein Schnee mehr fällt, machen wir uns halt welchen: Klimaanpassung findet längst statt, wie etwa in Skigebieten. © picture alliance / imageBROKER / Jiri Hubatka
Ein Umdenken beim Klimawandel ist notwendig
04:38 Minuten

Die US-Regierung hält nichts von Klimaschutz. Auch China, Indien und Russland werden ihren CO2-Ausstoß nicht reduzieren. Wenn die Begrenzung des Klimawandels gescheitert ist, muss in Maßnahmen investiert werden, sich der Erderwärmung anzupassen.
US-Präsident Donald Trump hat schon am Tag seiner Amtseinführung verkündet, er werde auf Teufel komm raus fossile Energieträger fördern und sich nicht weiter mit dem Thema Klimaschutz aufhalten. Für den Rest der Welt ist damit eine bittere Einsicht verbunden: Das Vorhaben, den Klimawandel in einem nennenswerten Umfang global zu begrenzen, ist gescheitert.
Es ist nicht zu erwarten, dass etwa China, Indien oder Russland ihren CO2-Ausstoß im erforderlichen Umfang begrenzen, wenn die USA es nicht tut. Auch in vielen europäischen Staaten dürfte die Bereitschaft nachlassen, an den Zielen der bisherigen Verpflichtungen festzuhalten und in klimaneutrale Technologien zu investieren. Es ist ein Dominoeffekt, der kaum mehr aufhaltbar zu sein scheint. Die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels, vermutlich auch des 2-Grad-Zieles, ist illusorisch geworden.
Industrie vor Klimaschutz
In Deutschland erklärte der designierte Kanzler Friedrich Merz bereits, dass „Erhalt der Industrie in Deutschland Vorrang vor dem Klimaschutz“ habe. Die Investitionen in Treibhausgas-Reduktion werden also spürbar sinken. Ökonomisch bedeutet der globale Rückzug aus dem Klimaschutz daher: Wenn die großen CO2-Emittenten nicht mitziehen, ist es Ressourcenverschwendung, weiter auf dieses Ziel zu setzen, zumal sich einseitig auferlegte Mehrkosten für den Klimaschutz im globalen Wettbewerb als Standortnachteil erweisen dürften.
Wenn das Ziel, den globalen Klimawandel zu stoppen, aber in unrealistische Ferne rückt, dann ist ein grundsätzliches Umdenken nötig: Wer die Situation realistisch betrachtet und zugleich die Augen vor dem menschgemachten Klimawandel nicht verschließt, muss das Land, seine Wirtschaft und Infrastruktur, die Biotope und Städte nun klimawandelfest machen.
Investitionsprogramm Klimawandel
Praktisch bedeutet dies: Investitionen in die Infrastruktur müssen zugleich Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel sein. Alle Lebensgrundlagen müssen darauf geprüft werden, ob sie mit dem Klimawandel klar kommen. Die Forschung muss sich darauf konzentrieren, die Veränderungen lokal und zeitlich zu prognostizieren.
- Wie müssen die Wälder umgebaut werden, wie die Biotope in den Städten?
- Was muss für den Schutz vor den Auswirkungen von Extremwetterereignissen getan werden?
- Wie muss sich die Landwirtschaft umstellen?
- Was muss an Gebäuden, an Straßen und Brücken, an Strom- und Wasserleitungen verändert werden?
Wir brauchen ein „Investitionsprogramm Klimawandel“. Wir benötigen in jeder Kommune, auf Landes- und Bundesebene, Expertengremien, die die jeweilige Lage analysieren und Handlungsbedarf ableiten. Letztlich muss sich auch jeder Einzelne fragen, wie klimawandel-resilient er lebt und was man tun kann, die eigenen Kräfte zu stärken.
Das Unerträgliche erträglich gestalten
Zugleich muss in Europa und international über die Konsequenzen der ungleichen Lastverteilung der Folgen des Klimawandels gesprochen werden. Es ist im Interesse Europas, dass auch die Länder Afrikas und Ozeaniens klimawandelfest werden. Vieles von dem, was dort getan werden muss, ist ohnehin notwendig, wenn diese Länder die Lebensbedingungen ihrer Bevölkerungen stabilisieren wollen. Es geht auch dort um den Schutz vor Extremwetter, um bessere Gebäude und Infrastrukturen.
Die Menschheit wird am Klimawandel nicht zugrunde gehen, aber wie groß die Katastrophen werden, wird davon abhängen, ob jetzt, in diesen Jahren, ein Umsteuern gelingt: Nüchtern und sachlich müssen wir einsehen, dass in den derzeitigen globalen politischen Verhältnissen keine Eindämmung auf einem erträglichen Niveau möglich sein wird, dass es nun also darum geht, das Unerträgliche erträglich zu gestalten. Unsere Lebensbedingungen werden nicht annähernd so bleiben, wie sie sind, aber wir werden uns darin einrichten können, wenn wir jetzt damit anfangen, uns anzupassen.