Knallbunte Landschaftsgemälde und iPad-Bilder

Von Ute May |
Unter dem Titel "A Bigger Picture" zeigt eine große Ausstellung in Köln das Alterswerk des britischen Malers David Hockney. Mit rund 300 Gemälden, Zeichnungen und Aquarellen beleuchtet das Kölner Museum Ludwig Hockneys neustes Faible für die Landschaftsmalerei.
Unterhalb der breiten Treppe, die zur großen Ausstellungshalle führt, wogt eine Sommerwiese in einem leichten Wind. So unerwartet wie das Motiv zum Herbstbeginn ist auch die Technik, mit der David Hockney seit Kurzem experimentiert. Mit neun Kameras, die auf ein Auto montiert sind, schafft er Landschaftsbilder der besonderen Art, erklärt Kurator Dr. Stephan Diederich:

"Grundsätzlich ist es ein stetig steigendes Interesse an der Malerei als solcher, den Möglichkeiten der Malerei und an den technischen Möglichkeiten jetzt aktuell im zweiten Jahrtausend, auch angesichts von iPad, angesichts von modernsten Aufnahmetechniken, dass er sich mit einem Thema von so vielen Gesichtspunkten aus auseinandergesetzt hat."

Ganz konventionell dagegen war noch das Gemälde "The Sunbather", der Sonnenbadende von 1966. Mit diesem Bild legten die legendären Kunstsammler und Mäzene Peter und Irene Ludwig 1976 den Grundstock für ein neues Kölner Museum, das seither ihren Namen trägt.

Nun also wieder David Hockney im selben Haus. Statt Schwimmbädern sind es nun Landschaften; statt des american way of life die charmant-rauen Landschaften aus Hockneys südenglischer Heimat Yorkshire. Nach Auskunft von Stephan Diederich, der die Ausstellung noch mit dem jetzt scheidenden Direktor des Museums Ludwig, Kaspar König, geplant hat, ist die neue Thematik ...

"... sicherlich mehr als ein Motivwechsel. Zwischen den Swimmingpool-Paintings der 60er und den Yorkshire-Landschaften der 2000er Jahre liegt einiges an verschiedenen Umsetzungen und visuellen Experimenten."

A Bigger Picture hat David Hockney seine Ausstellung genannt, die nun unter diesem Titel nach London und Bilbao in Köln an ihrer dritten Station angekommen ist. Obwohl die Schau für Köln modifiziert wurde, habe man der Einfachheit halber den Titel beibehalten, erklärt Stephan Diederich:

"Die Basis ist die gleiche, so wie wir den Titel unübersetzt beibehalten haben. Für uns in direkter Absprache und enger, vertrauensvoller Zusammenarbeit mit David Hockney war klar, dass wir ihr doch eine andere Wendung geben wollten."

Die Ausstellung umfasst Gemälde, Kohlezeichnungen und muliti-screen-Filme. Was darüber hinaus auffällt, ist eine nicht nur auf den ersten Blick neue Technik. Der inzwischen 75-Jährige hat ebenso intensiv wie akribisch mit Smartphone und Tablet-PC experimentiert, um beides für seine künstlerische Arbeit zu nutzen - mit überraschendem Erfolg:

"Es erstaunt einerseits. Es erstaunt andererseits auch wieder nicht, wenn man Hockneys Schaffen seit Anbeginn verfolgt. Hockney war schon als junger Künstler für alles Neue aufgeschlossen. Er hat Experimentierlust und jugendliche Neugierde immer beibehalten."

Gerade Skizzieren in freier Natur geht mit Smartphone oder Tablet-PC und einer leistungsfähigen Applikation viel leichter, stellte Hockney bald fest. Hinzu kam, dass er mit dieser Technik Fotografie und Skizze in einem Bild verbinden und bereits farbig gestalten kann. Dann noch ein Hochleistungsdrucker - und fertig ist ein neuer Hockney:

"Er hat nie dogmatisch einzelne künstlerische Techniken bevorzugt und andere abgelehnt. Ihm kam es immer letztlich auf das Ergebnis an. Wie und mit welchen Mitteln das erreicht wurde, war eigentlich Nebensache. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass er beim Thema Landschaften auf die Möglichkeiten von iPhone und iPad angesprungen ist."

Hockney hat als Grafiker, Zeichner und Maler ebenso erfolgreich gearbeitet wie als Bühnenbildner und Regisseur. Und er hat sich immer ohne Scheu an prominenten Vorbildern orientiert. Die mutigen Kombinationen von van Goghschen Himmeln oder Feldern, Gestaltungselementen von Picasso und Ingres oder expressionistischen Landschaften lassen ihn kaum des Plagiats verdächtig werden, sagt Diederich:

"Es ist viel Stoff, aber es ist auch gerade die Fülle, die zeigt, wie Hockney sich intensivst über mehr als acht Jahre dem Thema Landschaften genähert hat. Sozusagen Kunstgeschichte als Steinbruch. Das Resultat ist immer wieder ein hundertprozentiges Hockney-Werk."

Es ist eine kluge Überlegung, die Ausstellung thematisch zu gliedern. Die fast überbordende Fülle der Bilder und ihre nicht weniger intensive Farbigkeit würden andernfalls eher verwirren. Auch die Abfolge von klassischen Gemälden und Zeichnungen, beweglichen multi-fokalen Screenbildern und den erstaunlichen iPad-Paintings geben dieser munteren Schau eine wohltuende Struktur.

Links auf dradio.de:

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